Rita Hagl-KehlSPD - Maßnahmen gegen Lebensmittelverschwendung
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer auf den Tribünen und zu Hause! Lebensmittelverschwendung! Ich bin bei meinen Großeltern, beide Mitglieder der Kriegsgeneration, aufgewachsen. Sie haben erlebt, was es heißt, bitter zu hungern und Mangel zu haben. Sie haben daraufhin alles verwertet und eingekocht, eingefroren, eingeweckt, was angefallen ist. Da wurde nichts weggeworfen. Das hat mich in meinem Leben nachhaltig geprägt, und ich hoffe und glaube, dass ich diese Prägung an meine Kinder weitergegeben habe: Man muss alles verwerten, man darf nichts wegwerfen. Die Situation heute: In Deutschland werden – es gibt verschiedene Daten – zwischen 12 und 18 Tonnen Lebensmittel pro Jahr weggeworfen; 75 Kilogramm pro Kopf ist der Durchschnitt. Über die Hälfte davon fällt in den Privathaushalten an.
(Dr. Gero Clemens Hocker [FDP]: Ja!)
Der Umstand ist lange bekannt. Die Union fordert jetzt unter anderem die Unterstützung der Tafeln, die Weitergabe zu erleichtern und die EU aufzufordern, die Regelungen zum Mindesthaltbarkeitsdatum zu ändern. Die Union hat 16 Jahre regiert,
(Artur Auernhammer [CDU/CSU]: Auch mit euch!)
und jetzt – ich darf die Kollegin zitieren – ist der Zeitpunkt gekommen, dass man was ändern muss, dass man hier was machen muss.
(Beifall bei der SPD – Christina Stumpp [CDU/CSU]: Wir haben schon einiges gemacht! – Dr. Oliver Vogt [CDU/CSU]: Wir haben viel gemacht!)
Sie haben 16 Jahre die Landwirtschaftsminister und ‑ministerinnen gestellt. Die waren bisher nicht bereit, mehr zu tun. Sie haben die Branchen nicht verpflichtet, sondern immer auf Freiwilligkeit gesetzt.
Ich darf mit Erlaubnis der Präsidentin aus unserem Koa-Vertrag zitieren:
Wir werden gemeinsam mit allen Beteiligten die Lebensmittelverschwendung … branchenspezifisch reduzieren, haftungsrechtliche Fragen klären und steuerrechtliche Erleichterung für Spenden ermöglichen.
(Albert Stegemann [CDU/CSU]: Nichts geschehen!)
Wenn ich lese, was Sie jetzt in Ihrem Antrag schreiben, dann denke ich mir, Sie haben sich unseren Koa-Vertrag durchgelesen und die Punkte ein bisschen ausgearbeitet. Das nennt man in der Schule – ich bin Lehrerin – Abschreiben.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Gero Clemens Hocker [FDP])
Die Privatwirtschaft ist schon weiter als Sie. Sie haben vorhin als Initiative „Zu gut für die Tonne!“ genannt, die – das wird klar, wenn man sich die Zahlen anschaut – relativ wenig gebracht hat. Ich habe mir zuletzt zweimal „Too Good To Go“, eine App, angeschaut und muss echt sagen: Normalerweise mache ich hier keine Werbung, aber ich glaube, für diese App darf man Werbung machen. Das ist eine tolle Errungenschaft. Sie ist einfach in der Handhabung und bringt eine Win-win-Situation für alle Beteiligten. Die Händler geben ab, was sie zu lange haben, was weg muss, bekommen dafür aber noch einen Obolus – das heißt, es ist nicht alles verloren –, und die Verbraucher sparen enorm.
(Albert Stegemann [CDU/CSU]: Richtig! Ist auch eine Idee der CDU!)
Sie können in der App einfach nachschauen, wo dort, wo Sie wohnen, der nächste Händler ist, der etwas abzugeben hat. Daneben wurde mit der App – daran ist sie auch finanziell beteiligt – eine Aufklärungskampagne gestartet, wie man mit Lebensmitteln umgeht, bei denen das Mindesthaltbarkeitsdatum abgelaufen ist. Genau solche Sachen müssen wir fördern.
Natürlich müssen wir auch die Tafeln fördern. An dieser Stelle geht mein herzlicher Dank an die 80 000 Freiwilligen, die sich hier jede Woche ehrenamtlich engagieren, die kein Geld bekommen und trotzdem dafür sorgen, dass auf der einen Seite Lebensmittel nicht weggeworfen werden und auf der anderen Seite Menschen, die sie wirklich brauchen, diese Lebensmittel bekommen.
Herzlichen Dank und alles Gute.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Das Wort hat der Abgeordnete Peter Felser für die AfD-Fraktion.
(Beifall bei der AfD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7552585 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 96 |
Tagesordnungspunkt | Maßnahmen gegen Lebensmittelverschwendung |