Franziska KerstenSPD - Nationale Wasserstrategie
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wasser, vor allem Trinkwasser, ist eine endliche Ressource, und durch die letzten Dürreperioden haben wir gemerkt, dass es auch in Deutschland knapp werden könnte. In meinem Wahlkreis, der eigentlich sehr fruchtbaren Magdeburger Börde, wurden durch die eingeschränkte Wasserverfügbarkeit statt 80 Dezitonnen Winterweizen nur 64 Dezitonnen pro Hektar geerntet. Das sollte zu denken geben. Der Bauernverband sagt, das liege an der Hitze und auf jeden Fall an zu wenig Wasser. Unser Grundwasserspiegel ist abgesunken, regional bis zu einem halben Meter, und es fehlt in der Börde von 2018 bis 2022 ein ganzer Jahresniederschlag.
Was bedeutet das für uns? Wir dürfen es uns nicht weiter leisten, Wasser gleich in die Flüsse und damit auch ins Meer abzuleiten. Stattdessen müssen wir das Wasser in der Landschaft und auch in der Landwirtschaft halten.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Muhanad Al-Halak [FDP])
Die Nationale Wasserstrategie ist deswegen extrem wichtig, und ich freue mich, dass wir sie heute im Plenum besprechen. Nach Ansicht meiner Fraktion stellt die Strategie einen guten Leitfaden für die Ausrichtung der Wasserpolitik des Bundes für die nächsten knapp 30 Jahre dar. Wir im Bundestag haben uns dafür eingesetzt, auch den Rückbau kleiner Wasserkraftanlagen und ungenutzter Querbauwerke in die Wasserstrategie aufzunehmen. Wir sind froh, dass sich unter Punkt 46 im Aktionsprogramm ein Hinweis auf Landesfördermittel für diesen Bereich findet. Das war für uns vor allem im Hinblick auf die EEG-Verhandlungen vom letzten Jahr ein wichtiger Punkt.
In der EU-Verordnung zur Wiederherstellung der Natur wird auch die Herstellung natürlicher Flussläufe gefordert. Durchgängige Flüsse sind also nicht nur für die Schifffahrt, sondern auch für die Biodiversität wichtig. Wo wir beim Thema „Wiederherstellung der Natur“ sind: In Deutschland wollen wir diese Vorgaben in dem Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz umsetzen. Auch das ANK beinhaltet viele Aspekte, die mit Wasser zusammenhängen. Neben der Renaturierung von Auen, Flüssen und Küsten geht es vor allem auch um die Wiedervernässung von Mooren, die in ihrem aktuell entwässerten Zustand 7 Prozent unserer CO2-Emissionen verursachen.
Ich setze also große Hoffnung darauf, dass das ANK auch zu einer Normalisierung des Wasserhaushaltes beitragen wird. Ein Kilo Torfmoos kann 20 bis 40 Liter Wasser speichern. Es kann, wenn Starkregen auftritt, tatsächlich eine Speicherfunktion haben. Das Wasser kann es dann später kontrolliert an die umgebende Landschaft abgeben. Das ist also nicht nur bei Hochwasser gut, sondern es kühlt auch die gesamte Region und trägt zur Klimaanpassung bei. Außerdem filtern Moorpflanzen nährstoffreiches Wasser, bevor es dann in die Flüsse und in die Meere kommt. So können wir vielleicht die Eutrophierung verhindern oder zumindest mindern. Deswegen ist es auch sehr wichtig, dass die Wasserstrategie das Thema Moore an verschiedenen Stellen benennt.
Auch hierzu gibt es in meinem Wahlkreis ein schönes Beispiel. Letzten Freitag besuchte ich den Drömling; zum großen Teil liegt er in Sachsen-Anhalt und zu einem kleinen Teil in Niedersachsen. Dort hat man mir gesagt, dass seit 2018 das erste Mal wieder für alle Flächen, die flutbar sind, wirklich genug Wasser zur Verfügung steht. Der Drömling wird wegen seiner 1 725 Kilometer Wasserläufe das „Land der tausend Gräben“ genannt. Durch ein verbessertes Wassermanagement konnten wir das Wasser in der Fläche halten. Ich habe mich sehr gefreut, dass mein Begleiter mithilfe einer App permanent recherchieren konnte, welche Tiere er dort vorgefunden hat.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Solche Maßnahmen haben auch Auswirkung auf die Biodiversität. Seit dem Beginn der Renaturierungsmaßnahmen hat sich die Zahl der Brutpaare von Weißstorch und Kranich kontinuierlicher erhöht, und auch die Neu- und Wiederbesiedlung mit Fischotter, Biber, Wachtelkönig und Seeadler hat an Fahrt aufgenommen. Um solche Maßnahmen noch mehr in die Fläche zu bringen, brauchen wir eine Planungsbeschleunigung. Meiner Meinung nach können wir da die ostdeutschen BVVG-Flächen noch mal ins Auge fassen. Wofür wollen wir sie denn verwenden, wenn nicht zum großen Teil zur Wiederherstellung der Natur und zur Nutzung im Sinne eines sinnvollen Flächenmanagements?
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Außerdem wäre es auch eine Überlegung wert, bestehende Verwaltungsstrukturen anzupassen. Aktuell werden Wassermengen nach Bundesländern getrennt erfasst. Wie wir alle wissen, fließen aber Flüsse nicht unbedingt nur innerhalb von Landesgrenzen. Deshalb ist ein flussgebietsorientiertes Arbeiten, das verschiedene meiner Vorredner vorgestellt haben, auf jeden Fall zu begrüßen. Wassermengen können so besser erfasst und auch verteilt werden; denn die Vernässung von Gebieten können wir nur steuern, wenn wir auch wissen, wie viel Wasser wir überhaupt haben.
Die Umsetzung der konkreten Wasserstrategie sollte dazu führen, dass auch endlich die Ziele der Wasserrahmenrichtlinie erreicht werden oder wir ihnen zumindest ein Stück näherkommen. Ich würde mich freuen, wenn das BMUV regelmäßig über die Fortschritte bei der Umsetzung der Wasserstrategie berichtet und wir dann zu Hause auch wieder ansteigende Grundwasserspiegel haben.
Danke.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Ich schließe die Aussprache.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7552604 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 96 |
Tagesordnungspunkt | Nationale Wasserstrategie |