20.04.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 97 / Tagesordnungspunkt 8

Mathias MiddelbergCDU/CSU - Untersuchungsausschuss - Warburg Bank

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Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Wir hätten uns diesen Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses „Steueraffäre Scholz/Warburg“ sparen können, wenn Ihr heutiger Herr Bundeskanzler und früherer Erster Bürgermeister von Hamburg hier in diesem Parlament zu irgendeinem Zeitpunkt mal ehrlich Rede und Antwort zu dem Thema gestanden hätte.

(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf von der CDU/CSU: Wohl wahr!)

Das ist leider nicht der Fall gewesen. Ihr Bundeskanzler ist ohnehin bekannt für – ich sage das mal so vorsichtig – reduzierte Kommunikation. Wir haben festgestellt, dass es bei diesem Thema null Kommunikation gab.

(Beifall bei der CDU/CSU – Frauke Heiligenstadt [SPD]: Da haben Sie wohl gefehlt, was?)

Wir haben ihn schriftlich befragt, wir haben ihn in den Finanzausschuss eingeladen, und wir haben ihm auch in der Kanzlerbefragung Fragen zu diesem Thema gestellt. In der Kanzlerbefragung fand er es auch noch besonders cool, dass er um unsere Fragen locker drumherum geschwurbelt hat. Ich sage das so deutlich; denn so war es nämlich. Deswegen gibt es nur einen Weg, dieses Thema jetzt sorgfältig zu untersuchen, nämlich die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Der heutige Bundeskanzler hat damals selber gesagt, dass die Cum-ex-Geschäfte eine Riesenschweinerei waren; ihm sei völlig schleierhaft, wie man das je habe für legal halten können. Gleichzeitig war Hamburg unter der politischen Verantwortung von Olaf Scholz 2016 das einzige Bundesland in dieser Republik – das einzige von 16 Bundesländern! –, das diese zu Unrecht erstatteten Steuergelder von der Warburg Bank nicht zurückgefordert hat.

(Zuruf von der CDU/CSU: Skandalös!)

Ich sage es noch mal: Es war das einzige der Bundesländer. Wir werden in diesem Zusammenhang fragen: Wer ist in Hamburg politisch dafür verantwortlich gewesen, dass diese Gelder nicht zurückverlangt wurden?

(Beifall bei der CDU/CSU)

Sie sagen immer wieder, wenn wir über dieses Thema diskutieren, es sei ja bisher nichts rausgekommen, es habe sich nichts ergeben. Tatsächlich ist der Tatort mittlerweile übersät mit Indizien, mit Spuren, die alle darauf hindeuten, dass in diesem Fall politische Einflussnahme auf die konkrete Entscheidung stattgefunden hat.

(Zurufe von der SPD)

Erst gab es in der Hamburger Behörde die Rechtsauffassung, die Gelder müssten zurückgefordert werden. Dann gab es eine ganze Reihe von Gesprächen mit den Chefs der Bank, mit Politikern der Sozialdemokraten in Hamburg – man kann sie fast gar nicht alle aufzählen – und zum Schluss eben auch Gespräche mit Bürgermeister Olaf Scholz. Unmittelbar nach diesen Gesprächen hat dann die Behörde in Hamburg ihre Rechtsauffassung geändert. An dem Tag, als man in der Behörde eine andere Entscheidung getroffen hat, hat die zuständige Finanzbeamtin eine private WhatsApp-Nachricht an ihre Freundin geschickt. Sie hat geschrieben: Ein teuflischer Plan ist heute aufgegangen.

(Zuruf von der CDU/CSU: Hört! Hört!)

Wir können uns alle überlegen, was ein ordnungsgemäßer Verwaltungsvollzug ist. Aber wenn ich als Beamtin irgendwie eine ordnungsgemäße Verwaltungsentscheidung beschreiben will, dann würde ich das nicht „teuflischer Plan“ nennen. Das wirft reichlich Fragen auf.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich sage Ihnen noch Folgendes: Ihr Herr Bundeskanzler hat ja zu Recht immer darauf hingewiesen, er habe in diesem Fall keinen Einfluss nehmen dürfen und habe das auch nicht getan. Wenn ich keinen Einfluss auf eine Verwaltungsentscheidung nehmen darf – das betrifft viele, die in der Verwaltung eine führende Position haben, dass sie in einem konkreten Fall keinen Einfluss nehmen dürfen –, dann sage ich das dem Betreffenden, der mich darum nachsucht, der mich darum bittet, ein Mal; dann führe ich ein Gespräch. Olaf Scholz hat eine Stunde lang in seinem Amtszimmer ein Gespräch mit den Chefs der Warburg Bank geführt. Acht Wochen später hat er sich dann noch mal für eine Stunde in seinem Amtszimmer mit denen zusammengesetzt. Und dann hat er zwei Wochen später dem Chefbanker noch hinterhertelefoniert und ihm gesagt: Ich kenne übrigens noch einen, der sich nicht einmischen darf, und das ist mein Finanzsenator Tschentscher. An den schickst du jetzt bitte deine Unterlagen, und dann wirst du eine adäquate Entscheidung bekommen. – Das muss man sich vorstellen! Wie unlogisch ist denn dieser Vorgang? Wie blöd müssen denn diese Banker gewesen sein, dass Olaf Scholz ihnen dreimal hintereinander stundenlang erklären musste, dass er sich in diesem Fall nicht einmischen darf?

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU)

Nein, wir sind an einem völlig anderen Punkt. Bei dieser Beweislage wird Ihnen jeder Jurist sagen: Hier gilt jetzt das Prinzip „Umkehr der Beweislast“. Wenn in all diesen Gesprächen angeblich nicht über die Warburg Bank und die Steuerrückforderungen gesprochen wurde,

(Michael Schrodi [SPD]: Sie sind Hobbyjurist, oder? Erstes Semester abgebrochen! – Bruno Hönel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist eine kühne Behauptung!)

was ja der Bankchef Olearius in seinem Tagebuch exakt so niedergelegt hat, wenn das also nicht der Fall war, dann hätten wir gerne, dass Olaf Scholz uns jetzt mal mitteilt, worüber denn gesprochen wurde. Über das Radwegenetz in Hamburg? Über die Fütterung der Schwäne auf der Außenalster? Was sind denn die Themen gewesen?

(Beifall bei der CDU/CSU)

Nein, jetzt sind wir an dem Punkt, wo der Bundeskanzler zu erklären hat, was Gegenstand dieser Gespräche war.

Dieser Vorgang, diese Sache ist brandaktuell; denn vor einer Woche ist die Anklage gegen den relevanten Banker, den Chef der Warburg Bank, Olearius, beim Landgericht Bonn zugelassen worden. Das ist übrigens auch ein Fall, bei dem die Hamburger Staatsanwaltschaft meinte, da gebe es nicht mal Verdachtsmomente, da müsse man nichts machen. Das hat die Staatsanwaltschaft in Köln ganz anders gesehen. Die haben den angeklagt; jetzt steht er in Bonn vor Gericht wegen Steuerhinterziehung in Höhe von 280 Millionen Euro. Um diesen Fall geht es und um die Frage, ob auf diesen Sachverhalt auch politisch Einfluss genommen wurde. Das zu klären, wird der Kern der Arbeit des Untersuchungsausschusses sein.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Nächster Redner: für die SPD-Fraktion Michael Schrodi.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Kay Gottschalk [AfD]: Jetzt bin ich gespannt!)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7552661
Wahlperiode 20
Sitzung 97
Tagesordnungspunkt Untersuchungsausschuss - Warburg Bank
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