20.04.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 97 / Tagesordnungspunkt 23

Thomas HeilmannCDU/CSU - Digitalisierung der Energiewende

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir unternehmen heute einen neuen Anlauf. Das ist notwendig. Das haben wir unterstützt, und das werden wir auch in Zukunft, auch beim Thema Eichrecht, unterstützen. Meine Vorredner haben erklärt, warum ein Smart Meter sinnvoll und notwendig ist. Es stellt sich die Frage: Warum brauchen wir eigentlich einen neuen Anlauf? Da muss man ja selbstkritisch sagen – weil die Union ja in Regierungsverantwortung war –, dass wir zu perfektionistisch vorgegangen sind.

(Lachen bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

– Na ja, der Fehler könnte sich fortsetzen; deswegen sage ich es ja. – Herr Stockmeier, Sie haben gesagt: Wir machen etwas ganz Tolles: Design „made in Germany“ auf die allerbeste Art und Weise. – Das klingt so, als wenn die Smart Meter in den Niederlanden und in vielen anderen europäischen Ländern nichts bringen würden. Ausweislich dessen, was das Umweltbundesamt in seiner Studie gesagt hat, hat es alleine in den Niederlanden jedes Jahr eine Stromeinsparung in Höhe von 1,5 Milliarden Euro gegeben. Auf Deutschland hochgerechnet wären das um die 14 Milliarden Euro. Das hätte ich gerne.

(Stephan Brandner [AfD]: 14 Milliarden Euro? Hätte ich auch gerne!)

Ich hätte gerne gehabt, dass wir mit einer schlechteren Fassung anfangen und dann mit Updates immer besser werden, statt dass wir in der deutschen, perfektionistischen Art und Weise vorgehen. Das Problem sehe ich auch bei diesem Gesetz, dem wir ja zustimmen, weil wir die Richtung für richtig halten. Aber gerade beim Thema Eichrecht und dem nächsten anstehenden agilen Vorgehen, wie Herr Außendorf gesagt hat, könnten wir da aus meiner Sicht noch Verbesserungen vornehmen.

Herr Heilmann, die Frage ist, ob Sie die Frage von Frau Dr. Nestle zulassen möchten.

Sehr gerne.

Danke, Herr Kollege Heilmann, dass Sie die Frage zulassen. – Sie beschrieben gerade, dass die Smart Meter und die Gateways aus den anderen Ländern doch bestimmt nicht schlechter seien als die Technologie „made in Germany“. Ich habe vor Kurzem mit einem Energieexperten aus Österreich über ein völlig anderes Thema gesprochen. Er sprach mich von sich aus an und sagte: Frau Nestle, machen Sie einen Fehler nicht, den wir gemacht haben: Bauen Sie die Technik nicht zu früh ein! Wir müssen jetzt alles Mögliche nachrüsten. Bauen Sie gleich die richtige Technologie ein!

(Jens Spahn [CDU/CSU]: Mit der Logik muss man immer warten! Das ist das deutsche Problem!)

Wir wissen, dass die Smart Meter in manchen anderen Ländern einfach zu anderen Zwecken eingebaut werden, schlicht zur Fernauslesung, während wir wirklich Intelligenz in unserem Netz haben wollen. Ich wollte eigentlich nur fragen, ob wir uns einig sind, dass wir Smart Meter haben wollen, die uns wirklich Intelligenz bringen, die wirklich Steuerungsfähigkeit bringen, die uns auch helfen, unser System zu stabilisieren, und die den Menschen vor Ort erstens mehr Cybersicherheit geben, aber auch mehr Autonomie ermöglichen?

Liebe Frau Kollegin Nestle, natürlich sind wir uns einig, dass wir eine möglichst optimale Lösung für die Smart Meter haben wollen.

(Stephan Brandner [AfD]: Ach! Das ist ja eine Überraschung!)

Natürlich sind wir uns darin einig, dass der Verbraucher oder die Verbraucherin entscheiden muss: Stelle ich meinen Speicher aus dem Elektroauto netzdienlich zur Verfügung oder nicht? Das setzt intelligentere Smart Meter voraus. Ich bin allerdings in der Tat der Meinung, dass man das – so nennen wir es in der Wirtschaft – minimal marktfähige Produkt einführt und dieses dann sozusagen im Produktzyklus verbessert. Man kann auch gleich darauf abzielen, das optimale Produkt herzustellen. Ich bin eher für ein gestuftes Vorgehen.

Nun ist das, ehrlich gesagt, vergossene Milch. Wir können jetzt gar nicht mehr zurück und fragen: Hätten wir vor fünf Jahren dem niederländischen Beispiel folgen sollen oder nicht? Die Sache ist ja gegessen.

Wir unterstützen das Gesetz, wir stimmen dem Gesetz zu. Wir sollten auch unbedingt die jetzt entwickelten Geräte einsetzen und das Gesetz nicht dazu nutzen, dass wir jetzt diese Geräte noch mal in irgendeiner Weise verändern; da sind wir ganz einer Meinung. Wir haben das an vielen Stellen im Ausschuss und auch in den Berichterstattergesprächen besprochen. Für deren offene Atmosphäre und auch für das Eingehen auf Oppositionsvorschläge bedanke ich mich an der Stelle gerne sehr herzlich. Ich warne nur davor, dass wir jetzt immer nur diese eine optimale Lösung anstreben und nicht eine gewisse Offenheit und auch eine gewisse Technologieoffenheit im Gesetz vorsehen.

(Dr. Ingrid Nestle [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gut!)

Ich werde dazu gleich beim Thema Eichrecht noch etwas sagen wollen.

Wenn ich also darauf hinweise, dass Smart Meter im Ausland in ihrer schlechteren Form schon einen positiven Beitrag geliefert haben, dann kann man sich natürlich darauf freuen, wenn jetzt dadurch, dass wir das nun noch besser machen wollen – wie gesagt, das unterstützen wir –, die besseren Smart Meter kommen.

Jetzt zum Thema Eichrecht, das ich in meiner Rede bei der Einbringung sehr prominent vorgetragen habe. Ich habe mich auch wirklich gefreut, dass in den Gesprächen dann darauf eingegangen worden ist. Es steht jetzt nur in der Entschließung. Dafür habe ich noch ein gewisses Mindestmaß an Verständnis, und wir werden das auch unterstützen. Es ist natürlich die Sorge, dass man sich, da das Gesetz spät – um nicht zu sagen: zu spät – kommt, jetzt zurücklehnt. Wir werden da auf die Hilfe der Länder angewiesen sein, wir werden auf die Hilfe des BMWK angewiesen sein. Lasst uns mal hoffen, dass es geht. Wie gesagt, Sie können uns beim Wort nehmen. Wir unterstützen das gerne.

Ich würde nur auf einen Widerspruch hinweisen. Sie sagen in Ihrer Entschließung – Frau Nestle, das haben Sie korrekt beschrieben –: Wir gehen ganz konkrete Schritte, um bestimmte eichrechtliche Vorschriften nicht mehr notwendig zu machen. – Herr Außendorf hat gesagt: Das Eichrecht kann entfallen.

(Maik Außendorf [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Habe ich das gesagt? Nein!)

Das sagen Sie in der Entschließung leider gar nicht.

Es gibt natürlich Lösungen, bei denen es entfallen könnte, nämlich dann, wenn die Verbrauchsdaten mit Zeitstempel direkt wie in einem Router übertragen werden; dann kann dieses Smart Meter weniger. Aber ich kann mir sehr wohl Einsatzsituationen vorstellen, wo das durchaus Sinn macht. Dass wir das von vornherein sozusagen über das Eichrecht blockieren, dafür sehe ich eigentlich gar keinen Grund. Deswegen wäre ich eher für einen noch mutigeren Ansatz als den, der in Ihrer Entschließung steht.

Dann würde ich gerne abschließend noch auf einen, wie ich finde, sehr wichtigen Punkt eingehen. Mehrere der Vorredner der Ampel haben mit einem gewissen Stolz darauf hingewiesen, dass in den Beratungen das Gesetz verbessert wurde. Dem kann ich nur zustimmen; das war auch so. Und jetzt will ich mit Ihnen, Herr Stockmeier, sagen: Dass ich das noch mal erleben darf in dieser Ampel!

(Heiterkeit des Abg. Konrad Stockmeier [FDP])

Wir haben drei Sitzungswochen Beratungszeit gehabt – also, es geht nicht um sehr viel –; aber in diesen drei Sitzungswochen sind uns in der Tat entscheidende Verbesserungen gelungen. Sie haben sie hier aufgezählt. Aber es ist eben fast das erste Mal, dass in dem Bereich von Energie und Klima wir uns diese notwendige Zeit auch genommen haben.

Wenn Sie jetzt selber darauf hinweisen, dass man dann Verbesserungen hinbekommt, dann kann ich Sie nur ermahnen, dass Sie bei diesem Stil bitte auch bei den folgenden Gesetzen unbedingt bleiben sollen. Ich ahne aber schon, wenn ich mir die Dinge, die in der Pipeline sind, angucke, dass Ihnen das nicht gelingen wird. Das ist schlimm, weil es unnötige Reparaturarbeiten verursacht, Gesetze unnötig kompliziert macht, es natürlich für die Anwender auch schwierig ist: Okay, da gibt es ein Gesetz vom Tag X, und dann gibt es fünf Monate später ein Korrekturgesetz; das muss ich mir dann wieder zusammen ansehen.

Ich habe jetzt nicht mehr genug Redezeit, aber ich habe hier eine lange Liste aller Gesetze – nur im Bereich von Minister Habeck –, bei denen Sie unter Verstoß gegen die Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages die notwendigen Beratungszeiten des Parlamentes nicht haben gewähren können, und das ist nicht nur eine Frage der Parlamentsberatung.

(Dr. Ingrid Nestle [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist eine Petitesse!)

Alle Verbände draußen beschweren sich darüber, dass ihre Anhörungszeiten im Vorfeld der gesetzlichen Beratungen hier im Deutschen Bundestag so kurz ausfallen, und das ist keine formale Petitesse. Wir sind nicht nur als Opposition gehalten, die Regierung auf ihre Fehler hinzuweisen, damit es möglichst besser wird,

(Filiz Polat [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir alle! Nicht nur die Opposition! – Zuruf der Abg. Anja Liebert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

sondern wir haben doch alle ein Interesse daran, dass die Gesetze zum Umbau unseres Energiewesens handwerklich gut werden. Das setzt eine gewisse Sorgfältigkeit voraus, die auch einen gewissen Mindestbedarf an Beratungszeit bedingt. Deswegen fange ich gerne hier mit diesem positiven Beispiel an. Hier ist es uns gelungen. Es hat einen konstruktiven Dialog auch mit uns in der Opposition gegeben. Dafür bedanke ich mich. Wir werden dem Gesetz zustimmen. Aber bitte bleiben Sie bei diesem Vorgehen.

Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Die Kollegin Dr. Nina Scheer hat jetzt das Wort für die SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7552690
Wahlperiode 20
Sitzung 97
Tagesordnungspunkt Digitalisierung der Energiewende
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