Otto FrickeFDP - Aktuelle Stunde - Verleihung des Großkreuzes des Verdienstordens
Geschätzte Frau Präsidentin – –
Kollege Fricke, entschuldigen Sie bitte, aber ich war noch mit dem Beifall der Fraktion Die Linke befasst. Natürlich meinte ich: für die FDP.
(Heiterkeit – Torsten Herbst [FDP]: Otto, du bleibst bei uns!)
Geehrte Frau Präsidentin! Nur weil man das mal falsch bezeichnet: Manches kann auch ein Orden sein, ohne dass die Ehrung irgendwo ausgesprochen worden ist – auch wenn es manche gibt, die das für sich selber tun müssen, Herr Kollege Korte.
(Beifall des Abg. Torsten Herbst [FDP])
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Das war ja nun sehr spaßig. Aber wenn wir mal versuchen, ein wenig darüber nachzudenken, worüber wir hier heute reden, dann stellen wir fest: Es gibt den Versuch, diese Ordensverleihung politisch auszuwerten. Es gibt den Versuch, über die Frage zu reden, was ein Orden nicht sein soll. Wir reden über die politische Klasse, über Neid und Ähnliches mehr. Aber über einen Aspekt, den wir im Zusammenhang mit Ordensverleihungen eher mal ansprechen sollten, reden wir eigentlich nicht, und darauf möchte ich uns einfach mal bringen. Wir Deutsche tun uns so unglaublich schwer damit, Danke zu sagen, einfach mal Danke zu sagen, zu sagen: Da ist jemand, den ich politisch nicht mag, mit dem ich auch menschlich möglicherweise wirklich nicht viel gemein habe, der aber einen enormen Einsatz über das normale Maß hinaus – übrigens, Herr Kollege Korte, genauso wie der Feuerwehrmann, genauso wie die Notärztin – gezeigt hat. Daher ist es, wie ich finde, etwas Gutes, wenn ein Land in der Lage ist, das sowohl beim – das darf ich sagen – Ottonormalverbraucher als auch bei einer Bundeskanzlerin zu tun.
(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Das möchte ich auch ausdrücklich sagen: Es ist Ausdruck von Dank, aber es ist eben kein Denkmal, es ist keine Heiligsprechung, noch nicht einmal eine Seligsprechung. Vielmehr geht es darum, anzuerkennen, dass jemand etwas Besonderes geleistet hat. Da möchte ich mich dann doch auf die Person, auf den Menschen und gar nicht so sehr auf die Politikerin beziehen. Und ich sage auch, Herr Kollege Korte: Ja, dann mache ich auch Werbung für die von Ihnen so genannte politische Klasse, wobei ich glaubte, in einem Land zu leben, wo es – aus meiner Sicht – keine Klassen gibt.
(Jan Korte [DIE LINKE]: Das glaube ich! – Weitere Zurufe von der LINKEN)
– Ja, ich weiß, für Sie gibt es Klassen, weil Sie sich in einer besseren Klasse sehen als der Rest.
(Jan Korte [DIE LINKE]: Hat nichts mit Klassen zu tun!)
Das mag ja alles so sein; ich sehe das nicht so.
Aber um zu Angela Merkel zurückzukommen: Viele hier – aus allen Fraktionen – haben enormen Einsatz für diese Demokratie gezeigt – das gilt auch für Angela Merkel –, und zwar sowohl für diese Demokratie als auch für die sehr kurze Demokratie am Ende der DDR. Das hat sie getan, von frühmorgens bis spätabends.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Jeder der hier Anwesenden, der sie erlebt hat, weiß das. Dass es dabei inhaltlich vieles gab, was mir überhaupt nicht gefallen hat, dass ich selber in den Jahren 2009 bis 2013 Dinge erlebt habe, die mir ihren Machiavellismus bewusst gemacht und verdeutlicht haben, das stimmt. Aber das hat doch mit der Frage, wofür man als Gesellschaft, wofür unser Staatsoberhaupt Anerkennung zollt, nichts zu tun. Nicht ein ehemaliger Außenminister, sondern ein von der Bundesversammlung gewählter Mann, der Staatsoberhaupt dieses Landes ist, sagt stellvertretend für alle: Wir sagen Danke für diesen Einsatz. – Das hat er getan.
Meine Damen und Herren, das sollten wir immer wieder klarmachen: Dankbarkeit zeigt sich nicht, indem wir sagen: Wir halten etwas für richtig oder für falsch. In der Politik geht es doch, wenn wir ehrlich sind, fast nie um die Frage, ob etwas richtig oder falsch ist. Es geht um die Frage: Ist etwas besser oder schlechter? – Und wenn wir dann mal kurz den Blick von uns selbst abwenden, die Nabelschau beenden und uns ansehen, was man im Ausland über die Diskussionen, die wir hier führen, denkt, stellen wir fest: Dort gibt es nur Kopfschütteln.
(Beifall des Abg. Gunther Krichbaum [CDU/CSU])
Denn die meisten europäischen Nationen um uns herum sagen: Ja, natürlich hat sie Fehler gemacht. Ja, natürlich sind da Dinge falsch gelaufen. Aber wenn wir betrachten, was sie angesichts der Herausforderungen gemacht, was sie geleistet hat, müssen wir erkennen: Es hätte viel schlechter ausgehen können.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Das werden auch wir uns in den nächsten Jahren – Stichwort „Zeitenwende“ – immer wieder bewusst machen müssen. Wir glauben heute: Wir machen alles richtig.
(Dorothee Bär [CDU/CSU]: Ja, das ist das Problem der Regierung: dass sie glaubt, dass sie alles richtig macht!)
Wir werden aber möglicherweise schon in einem Jahr sagen müssen: Oh, das war falsch.
In Richtung AfD möchte ich, bevor ich zum Schluss gerne wieder ein kleines Zitat vortragen will, eine Anmerkung machen: Hat sich die AfD eigentlich überlegt, wie sie mit der Tatsache umgeht, dass sie einen Teil ihrer Existenz dieser Frau zu verdanken hat?
(Beatrix von Storch [AfD]: Richtig! Das stimmt!)
– Ja! Und jetzt überlegt euch doch mal, ob ihr nicht, statt mit einer populistischen Aktuellen Stunde zu reagieren, vielmehr eine gewisse Demut ob der Frage, ob man im Leben immer alles richtig macht, an den Tag legen könntet.
Das Zitat zum Schluss kommt aus „Faust I“.
(Zuruf von der AfD: Oh!)
Es passt, wie ich finde, wie die Faust aufs Auge; denn wir alle wissen nicht, ob wir bei dem, was wir tun, immer richtig regieren, immer richtig koalieren.
Dankt Gott mit jedem Morgen Daß ihr nicht braucht fürs Röm’sche Reich zu sorgen! Ich halt’ es wenigstens für reichlichen Gewinn, Daß ich nicht Kaiser oder Kanzler bin.
Danke.
(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Das Wort hat die Abgeordnete Beatrix von Storch für die AfD-Fraktion.
(Beifall bei der AfD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7552735 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 97 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde - Verleihung des Großkreuzes des Verdienstordens |