Stephan ThomaeFDP - Verfahren zur Einstufung sicherer Herkunftsstaaten
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen! Verehrte Kollegen! Es ist jetzt schon hinlänglich gesagt und auch selber von Ihnen, Herr Kollege Throm, eingeräumt worden, dass Sie sich im Grunde nicht die Mühe gemacht haben, selber zu überlegen, wie denn ein Konzept der Union aussehen könnte, sondern Sie haben einfach einen Antrag der FDP aus dem Jahr 2019 – von vor vier Jahren! – herangezogen.
(Philipp Amthor [CDU/CSU]: Mit Absicht, ja! – Alexander Throm [CDU/CSU]: Da ist die Hürde so niedrig, dass Sie zustimmen können!)
Es kam mir gleich schon sehr bekannt vor, was ich da gelesen habe. Ich dachte: Jetzt guckst du mal, ob da zumindest einige eigene Gedanken drinstecken, eine Weiterentwicklung, eine Fortentwicklung, neue Ideen, neue Konzepte. Ich habe es dann mal danebengelegt und alles gelb markiert, was FDP ist, und nur freigelassen, was Union ist. Es sind in diesem Antrag ganze 14 Zeilen von Ihnen selbst erdacht worden.
(Nina Warken [CDU/CSU]: Deswegen stimmen Sie zu, oder?)
Alles andere ist hier gelb bei mir.
(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der FDP und der SPD – Alexander Graf Lambsdorff [FDP]: Von der FDP lernen heißt siegen lernen!)
Und das, was nicht gelb ist, sind nur aktualisierte Zahlen und Daten.
(Alexander Throm [CDU/CSU]: Genau! Das war der Sinn der Übung, Herr Kollege! – Philipp Amthor [CDU/CSU]: Und deswegen stimmt ihr zu?)
Von daher wäre zumindest zu erwarten gewesen, dass Sie sich ein bisschen Gedanken darüber machen, wie Sie das weiterentwickeln können.
Von daher ist schon die Frage: Was will die Union damit eigentlich erreichen?
(Philipp Amthor [CDU/CSU]: Eure Zustimmung!)
Offenbar will sie nur in Szene setzen, theatralisch inszenieren,
(Alexander Throm [CDU/CSU]: Nein!)
dass sie die FDP mit einem Antrag konfrontiert, der vier Jahre alt ist.
(Alexander Hoffmann [CDU/CSU]: Die Situation ist besser geworden in den vier Jahren?)
Sie haben also offenbar in diesen vier Jahren keine Weiterentwicklung erlebt,
(Nina Warken [CDU/CSU]: Sie schon! Sie sind jetzt nach links gedriftet!)
Ihr Konzept nicht weiterentwickelt. Sie sind heute da angekommen, wo wir vor vier Jahren gewesen sind.
(Alexander Throm [CDU/CSU]: Dann war er falsch vor vier Jahren?)
Hingegen ist die FDP, ist die Ampelkoalition durchaus mit neuen Konzepten in diese Wahlperiode gegangen.
Das Problem, meine Kollegen, bei den sicheren Herkunftsländern liegt woanders. Man kann zwar schneller zu einer Entscheidung des BAMF kommen. Das war damals, 2019, auch sinnvoll, weil durch die große Zahl von Flüchtlingen, die 2015/2016 nach Deutschland gekommen sind, der Entscheidungsrückstau beim BAMF enorm groß war. Das ist jetzt aber nicht mehr der Fall.
(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Das BAMF trifft jetzt in schneller Folge seine Entscheidungen.
(Philipp Amthor [CDU/CSU]: Oijoijoi!)
Das Problem sind eher die Asylgerichtsverfahren, und daher haben wir – das haben Sie vielleicht sogar mitbekommen – im Dezember letzten Jahres ein Gesetz zur Asylgerichtsverfahrensbeschleunigung auf den Weg gebracht.
(Gülistan Yüksel [SPD]: Genau!)
Also: Da sind wir weiter. Sie haben übersehen, dass in der Zwischenzeit sehr, sehr viel geschehen ist. – Das ist der erste Punkt.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Der zweite Punkt ist: Was nützt es denn, schnell zu einer Entscheidung – –
(Abg. Alexander Hoffmann [CDU/CSU] meldet sich zu einer Zwischenfrage)
– Also, Herr Kollege, nicht schon wieder. Lassen Sie mich erst mal zu Ende reden, ja? Sie sind nachher auch noch dran.
(Alexander Hoffmann [CDU/CSU]: Nee, nee, ich habe wirklich was Relevantes! – Gegenruf der Abg. Filiz Polat [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben doch gleich Redezeit! – Alexander Graf Lambsdorff [FDP]: Der darf doch eh gleich reden!)
Also, vielleicht lassen Sie mich erst mal kurz zu Ende reden.
(Marcel Emmerich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN], an den Abg. Alexander Hoffmann [CDU/CSU] gewandt: Haben Sie sich früher in der Schule auch so oft gemeldet? – Alexander Graf Lambsdorff [FDP]: Schwere Wirkungstreffer!)
Herr Thomae, ich nehme das jetzt so auf, dass Sie sagen, Sie möchten diese Zwischenfrage nicht zulassen, richtig?
Jetzt mal nicht, Herr Kollege Hoffmann. Sie reden ja nachher noch. Ist das okay?
(Alexander Hoffmann [CDU/CSU]: Nee! Wirklich, ich könnte was Sachliches beitragen! – Philipp Amthor [CDU/CSU]: Aber Sie sollen ja noch antworten!)
– Vielleicht kommt ja jetzt noch der Punkt, den auch Sie ansprechen wollten.
Was nützt es eigentlich, wenn ich schnell zu einer Entscheidung komme, aber sich das Asylgerichtsverfahren dann lange hinzieht? Deswegen ist unsere Überlegung eine andere, nämlich zu sagen: Lasst uns doch, jedenfalls mit den wichtigen Herkunftsländern, Vereinbarungen treffen in einer sinnvollen Verbindung von Außen- und Innenpolitik, um dahin zu kommen, dass dann auch eine Rücknahme, eine Rückreise erfolgen kann. Das ist der neue Gedanke, den wir da hegen. Dahin wollen wir doch eigentlich kommen: dass wir solche Länder zu einer Rücknahme bewegen. Denn wir haben doch folgendes Problem: Marokko – das steht ja in Ihrem Antrag drin – ist zum Beispiel ein Land, das nicht kooperativ ist bei der Rücknahme.
(Philipp Amthor [CDU/CSU]: Das sollte man vielleicht ändern!)
Tunesien – Kollege Lindh hat es angesprochen – ist ein Land, von dem man jetzt bezweifeln würde, ob die Sicherheit noch so gegeben ist, wie es damals, vor ein paar Jahren, der Fall war.
(Alexander Throm [CDU/CSU]: 2,4 Prozent!)
Algerien ist ein weiteres Land, das Sie erwähnen. Aber die Zahlen sind so gering, dass sich es sich gar nicht lohnt, darauf tiefer einzugehen.
Wir müssen versuchen, mit wichtigen Herkunftsländern Migrationsabkommen zu schließen. Das ist das, was wir tun wollen. Deswegen haben wir so viel Wert darauf gelegt, einen Sonderbevollmächtigten zur Aushandlung von Migrationsabkommen einzusetzen,
(Alexander Throm [CDU/CSU]: Was schafft der eigentlich? Von dem hat man noch gar nichts gehört! Drei Monate sind es jetzt!)
der seit dem 1. Februar im Amt ist und der in aller Ruhe, aber zielgerichtet schon dabei ist, Verhandlungen zu führen. Es ist doch sinnvoll, dass wir dahin kommen, mit Ländern, die keine Diktaturen sind, die kein Kriegsgebiet sind, aus denen aber doch viele Menschen zu uns kommen wollen, um hier zu arbeiten, solche Vereinbarungen zu treffen. Wir sagen: Das ist doch eigentlich eine sinnvolle Sache; da müssen wir hinkommen.
(Alexander Throm [CDU/CSU]: Nee, genau das ist der falsche Weg! – Alexander Hoffmann [CDU/CSU]: Jetzt kommt wieder dieselbe Rede! Zum fünften Mal!)
Aber – jetzt kommt das Außenpolitische – dazu muss man jedes Land individuell, gesondert betrachten. Das kann man nicht einfach so nach Schema tun; und das ist der große Unterschied. Manche Länder sind stolz darauf, zu sagen: Wir werden von Deutschland als sicher eingestuft. – Andere wittern dahinter vielleicht Unbill und Tricks. Das würde die Verhandlungen stören. Deswegen muss man jedes Land gesondert betrachten. Das ist der außenpolitische, diplomatische Aspekt des Ganzen. Das ist nicht so trivial, wie Sie sich das vorstellen. Deswegen tun wir genau dies.
Die Einstufung als sicheres Herkunftsland allein ist noch nicht hinreichend. Es gehört mehr dazu.
(Alexander Hoffmann [CDU/CSU]: Das steht doch auch im Antrag drin! Lesen Sie ihn noch mal! Haben sogar Sie damals geschrieben!)
Deswegen betrachten wir das Thema ganzheitlich und sind deshalb insgesamt schon viel weiter, als Sie es offenbar in diesem Jahr sind.
Ich danke Ihnen.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Philipp Amthor [CDU/CSU]: Ein bemühter, aber nicht hinreichender Versuch! – Gegenruf des Abg. Alexander Graf Lambsdorff [FDP]: Ein sehr gelungener Versuch! – Alexander Throm [CDU/CSU]: Die FDP bald unter 5 Prozent! Ganz sicher!)
Alexander Hoffmann hat das Wort für die CDU/CSU-Fraktion und für drei Minuten.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7552768 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 97 |
Tagesordnungspunkt | Verfahren zur Einstufung sicherer Herkunftsstaaten |