Isabel Mackensen-GeisSPD - Öko-Landbaugesetz und Öko-Kennzeichengesetz
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Pandemie hat in der Bevölkerung die Wertschätzung für Lebensmittel erhöht und damit den Wunsch nach mehr Tierwohl, einer umweltfreundlicheren Lebensmittelproduktion und einer gesunden Ernährung verstärkt. Auch haben viele Menschen aufgrund von Lockdown, Homeoffice und der Schließung von Restaurants wieder vermehrt zu Hause gekocht. Dabei haben sie auch mehr Geld für Biolebensmittel ausgegeben. Im Jahr 2020 gab es hier ein Umsatzplus von 22 Prozent und im Jahr 2021 von 6 Prozent. Vergleicht man die Umsätze des Jahres 2022 mit dem Vor-Corona-Jahr 2019, dann zeigt sich ein Wachstum von rund 25 Prozent.
Die hohe Inflationsrate durch den russischen Angriffskrieg hat zu einer steigenden Preissensibilität vieler Menschen geführt und somit auch die Nachfrage nach Biolebensmitteln verschoben. Die Marktdaten haben gezeigt, dass viele Kundinnen und Kunden ihre Bioprodukte statt im Biomarkt oder im Naturkostladen bei Discountern gekauft haben und von Herstellermarken auf günstigere Bioeigenmarken umgestiegen sind. Die meisten Verbraucherinnen und Verbraucher sind aber Biolebensmitteln treu geblieben. Dieses Phänomen ist jedoch nicht allein in der Biobranche aufgetaucht. Es gab einen generellen Umstieg im Lebensmitteleinzelhandel von Markenartikeln auf günstige Eigenmarken bzw. von regionalen Produkten auf günstigere Importwaren. Der Preis ist als Hauptargument im Kaufverhalten der Verbraucherinnen und Verbraucher wieder im Mittelpunkt der Kommunikation des Lebensmitteleinzelhandels angekommen. Kleine Bioläden, Bäckereien, Hofläden sowie andere Direktvermarktungskonzepte erleben schwierige Zeiten.
Ich bin den vielen Engagierten sehr dankbar – ich freue mich auch immer über die Gespräche und den Austausch vor Ort in meinem Wahlkreis –, die zum Beispiel in Unverpacktläden einen besonderen Wert nicht nur auf die Verpackungsvermeidung legen, sondern auch auf ökologische Produkte.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Bei den Weltläden, die mit ihren fairen und nachhaltigen Handelsbeziehungen einen wichtigen Baustein darstellen, sieht man, dass es funktionieren kann, ebenso wie zum Beispiel bei Direktvermarkungskonzepten wie den Marktschwärmern. Das ist ein deutschlandweit agierendes Netzwerk, das auch bei mir im Wahlkreis, in Freinsheim, eine Schwärmerei hat. Ich kann das Konzept nur empfehlen, weil es genau das ermöglicht, was wir uns vorstellen, nämlich die verschiedenen Direktvermarkter zu bündeln. Aber auch die Bioläden, die schwierige Zeiten erleben, sind wichtig, und natürlich – nicht zu vergessen – auch die Hofläden, die wir gerne mit einem Einkauf unterstützen können. Ich möchte das hier noch mal als Appell formulieren; denn jeder Einkauf hilft. Es geht nicht darum, den Wochenendeinkauf zu tätigen, sondern es geht darum, diese Läden und diese engagierten Menschen, die ihrer Arbeit mit einer Vision nachgehen, zu unterstützen und dem Wunsch nach Nachhaltigkeit durch den Einkauf dort nachzukommen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Für die landwirtschaftlichen Betriebe braucht es zukunftsweisende Perspektiven. Der ökologische Landbau ist sicherlich eine davon. Allerdings ist Landwirtschaft in den einzelnen Regionen sowie bei den einzelnen Betriebsformen sehr divers – das wissen Sie; ich sage es trotzdem noch mal –, und das bringt spezifische Herausforderungen mit sich. So ist eine Reduktion von Pflanzenschutzmitteln bei Sonderkulturen wie dem Obst- und Weinbau anspruchsvoller als bei vielen Ackerkulturen.
Unser Ziel ist der Ausbau des Ökolandbaus auf 30 Prozent – das wurde schon angesprochen –;
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
das war es aber schon in der letzten Legislatur. Dieses Ziel gibt es schon länger. Wenn wir es damit ernst meinen und uns den 30 Prozent annähern wollen, dann schaffen wir das nur, wenn wir die Vermarktung in den Fokus nehmen. Und damit beschäftigen wir uns heute. Wir können nur erfolgreich sein, wenn wir die Nachfrageseite in den Blick nehmen. Es bringt also nichts, nur das Angebot zu fördern. Für einen erfolgreichen Ausbau des Ökolandbaus ist es wichtig, dass ein gleichgewichtiges Wachstum von Angebot und Nachfrage geschaffen wird.
Wir beschäftigen uns heute mit der Bio-Außer-Haus-Verpflegung. Was ist das eigentlich? Mit dem Begriff „Außer-Haus-Verpflegung“ sind alle Mahlzeiten gemeint, die außerhalb des eigenen Zuhauses – das kann man sich ja denken bei der Bezeichnung – verspeist werden. Dazu zählen Schulen, Kindergärten, Krankenhäuser, Betriebskantinen, Mensen, aber natürlich auch Restaurants. Täglich essen über 6 Millionen Menschen in Deutschland außer Haus – ein riesiges Potenzial.
Die Bio-Außer-Haus-Verpflegung wird derzeit noch über die EU-Bio-Verordnung geregelt. Die EU-Verordnung ermöglicht jedoch den einzelnen Mitgliedstaaten, eigene nationale Regelungen zu erlassen. Gestern wurde die dafür notwendige Bio-Außer-Haus-Verpflegung-Verordnung im Bundeskabinett beschlossen, um zukünftig die Regelungen zu Kennzeichnung, Zertifizierung und Kontrolle von Bioprodukten in der Außer-Haus-Verpflegung auf nationaler Ebene zu regeln.
Um die Voraussetzungen für Bio-Außer-Haus-Verpflegung zu schaffen, müssen wir jedoch auch von Bundesseite aus das Öko-Landbaugesetz und das Öko-Kennzeichengesetz anpassen. Es geht um drei wesentliche Aspekte:
Erstens. Die Bio-Außer-Haus-Verpflegung soll in das bestehende Bio-Kontrollsystem integriert werden. Es wird festgelegt, dass die Bundesländer auch zukünftig die Kontrollaufgaben der Länder an private Kontrollstellen übertragen können. Somit können dann die bereits zugelassenen privaten Öko-Kontrollstellen auch den Bereich der Außer-Haus-Verpflegung kontrollieren.
Zweitens. Wir regeln die Sanktionen für Verstöße gegen die Bio-Außer-Haus-Verpflegung.
Drittens. Wir passen das Öko-Kennzeichengesetz an die neuen Gegebenheiten an. So dürfen nicht mehr die Erzeugnisse aus den Arbeitsgängen mit dem Biosiegel gekennzeichnet werden, sondern zukünftig nur noch die Zutaten.
Durch die Gesetzesänderungen werden wir es Kantinen und Co erleichtern, dass Biozutaten in der Küche verwendet werden und eine transparente Kennzeichnung erfolgt. Unternehmen der Außer-Haus-Verpflegung können somit für ihr Bioangebot aus der Küche werben, und die Verbraucherinnen und Verbraucher können Bio einfach erkennen.
Wir sind in der ersten Lesung und freuen uns auf die Diskussionen im parlamentarischen Verfahren. Aber eines ist sicher:
Kommen Sie bitte zum Schluss.
Wir werden mit den neuen Rahmenbedingungen der Bio-Außer-Haus-Verpflegung Klarheit und Transparenz schaffen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Nur ein Hinweis: Gerade die, die wirklich viel Redezeit hatten, haben diese immer wieder überzogen. Das ist eigentlich in fünf, sechs Minuten einfach mal zu schaffen. Damit es heute Abend nicht zu lang wird, sage ich dann kurz: Kommen Sie bitte zum Schluss. – Ich glaube, das klappt schon.
Jetzt erhält das Wort Stephan Protschka für die AfD-Fraktion.
(Beifall bei der AfD – Albert Stegemann [CDU/CSU]: Der kann zu Protokoll geben, der Herr Protschka! Das wäre doch mal eine Maßnahme!)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7552807 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 97 |
Tagesordnungspunkt | Öko-Landbaugesetz und Öko-Kennzeichengesetz |