Carmen WeggeSPD - Bericht Datenschutz und Informationsfreiheit 2022
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen! Sehr geehrte Damen und Herren! Datenschutz ist kein verzichtbarer Schnickschnack, sondern essenzielles Grundrecht.
(Beifall bei der SPD)
Datenschutz ist auch nichts, was etwas verhindert, sondern ein wichtiges Instrument, um Rechte zu schützen. Umso wichtiger ist es, dass wir den Tätigkeitsbericht des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, Professor Ulrich Kelber, heute diskutieren. Von dieser Stelle schöne Grüße nach Venedig, wo er den deutschen Datenschutz vertritt!
Wie immer ist der Bericht ein ganz schönes Pflichtenheft für uns als Gesetzgeber, das aufzeigt, was im Bereich Datenschutz noch nicht rundläuft, ein Pflichtenheft, das wir abarbeiten sollten; denn Datenschutz schafft Vertrauen von Bürgerinnen und Bürgern in digitale Anwendungen. Und dieses Vertrauen brauchen wir; denn den Fortschritt, den unser Land so dringend braucht, die Transformation in eine digitale Industriegesellschaft, werden wir nur schaffen, wenn wir Zuversicht und Vertrauen haben. Vertrauen in die Digitalisierung bekommen wir aber nur hin, wenn digitale Anwendungen für die Menschen keine Blackboxes sind und wir alle verstehen können, was mit unseren Daten passiert, wenn wir jederzeit einwilligen oder widersprechen können, wenn wir genau einstellen können, welche Daten wir wann mit wem teilen wollen, und wenn Menschen und ihre Leistung nicht permanent überwacht werden.
Das gilt insbesondere für die zunehmende Digitalisierung im Arbeitsleben. Die Datenschutzkonferenz hat im vergangenen Jahr unter dem Vorsitz des Bundesbeauftragten für den Datenschutz schwerpunktmäßig eine Entschließung zum Beschäftigtendatenschutz verabschiedet. Sie fordert uns, den Gesetzgeber, darin auf, zeitnah ein Beschäftigtendatenschutzgesetz vorzulegen. Nun ist es nicht so, dass wir uns im Bereich rund um die Verarbeitung von Informationen von Beschäftigten und Bewerberinnen und Bewerbern im rechtsfreien Raum bewegen. „ Demokratie endet nicht am Werkstor“, das sagen wir von der SPD und die Gewerkschaften immer sehr gerne. Aber wir müssen auch sagen können: Datenschutz endet nicht am Werkstor.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Im Bereich des Beschäftigtendatenschutzes haben wir nach einer Öffnungsklausel der DSGVO als nationale Vorschrift den § 26 BDSG formuliert. § 26 BDSG hat acht Absätze, die die nationale Rechtsgrundlage für die Verarbeitung personenbezogener Daten im Beschäftigungsverhältnis darstellen. Acht Absätze als Rechtsgrundlage für den Beschäftigtendatenschutz sind – das sage ich als Juristin – wirklich nicht so viel. Das sieht nicht nur die Datenschutzkonferenz so, sondern auch der EuGH.
Der Europäische Gerichtshof hat Ende März in einem Urteil entschieden, dass die Regelungen zum Beschäftigtendatenschutz in § 23 des Hessischen Datenschutzgesetzes nicht mit der DSGVO vereinbar sind. Da die Regelung nahezu wortgleich mit § 26 BDSG ist, betrifft die Entscheidung mittelbar auch die Verarbeitung von Beschäftigtendaten durch Unternehmen in Deutschland.
Mit seiner Entscheidung unterstreicht der EuGH, dass der nationale Gesetzgeber bei der Nutzung der Öffnungsklauseln zum Beschäftigtendatenschutz deutlich mehr ins Detail gehen muss. Deshalb haben auch wir im Koalitionsvertrag unseren Anspruch formuliert, eigenständige Regeln für den Beschäftigtendatenschutz zu schaffen. Wir freuen uns sehr, dass die FDP damals in den Verhandlungen an unserer Seite stand – die Grünen natürlich auch.
(Heiterkeit der Abg. Misbah Khan [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Jetzt wissen wir noch viel mehr, dass wir mehr Rechtsklarheit für die Beschäftigten und Arbeitgeber/-innen brauchen.
Insbesondere wollen wir den Schutz der Persönlichkeitsrechte von allen Beschäftigten gewährleisten, die ihn benötigen. Vor allem die immer größer werdenden technischen Möglichkeiten des Leistungstrackings und der automatisierten Verarbeitung von verschiedenen Daten erfordern es, unser Recht für das Zeitalter der Digitalisierung fit zu machen. Wenn wir es gut machen – das ist wie immer das Ziel in der Koalition –, schaffen wir damit eine neue Grundlage für den Schutz der Beschäftigten in der Transformation. Deshalb hoffe ich auch, dass alle hier im Raum bald verstehen, dass Beschäftigtendatenschutz kein Hemmschuh ist.
Der Beschäftigtendatenschutz wird ein neues Grundgesetz für gute Arbeit in der Digitalisierung. Der Beschäftigtendatenschutz ist die Grundlage, auf dem das Vertrauen wachsen kann und die Beschäftigten den Wohlstand unseres Landes weiter voranbringen. Deshalb: Vielen Dank, lieber Uli, für deine Arbeit und dein stetiges Mahnen und Kämpfen für den Datenschutz auch in diesem Bereich.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Natürlich möchte ich beim Tätigkeitsbericht des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit auch etwas über Informationsfreiheit sagen; denn wir werden auch ihre Stellung durch ein neues Gesetz stärken. Wir haben uns in der Koalition darauf verständigt, das bisherige Informationsfreiheitsgesetz zu einem Transparenzgesetz weiterzuentwickeln. Einige Bundesländer haben uns diesen Schritt bereits erfolgreich vorgemacht. So machen auch wir im Bund die Verwaltung nun transparenter und partizipativer; denn es geht um so viel mehr als reine Akteneinsicht. Wir wollen die Verwaltung zur proaktiven Veröffentlichung von Verwaltungsdaten und Informationen von allgemeinem Interesse verpflichten. Dafür soll es ein einfach zugängliches Transparenzportal im Internet geben. So werden staatliche Entscheidungen nachvollziehbarer. Denn es ist schlicht nicht mehr zeitgemäß, dass sich Bürger/-innen Informationen des Staates einklagen müssen. Ich glaube, das ist nicht akzeptabel.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Die SPD-Bundestagsfraktion hat erstmals bereits 2013 einen Gesetzentwurf zur Weiterentwicklung des Informationsfreiheitsrechts hin zu proaktiver staatlicher Transparenz vorgelegt, und aktuell arbeitet das Bundesinnenministerium an Eckpunkten zur Umsetzung unseres Vorhabens. Wir sind also auf einem guten Weg. Ich freue mich schon auf die Gesetzgebungsprozesse hier im Parlament. Und vielleicht heißt Professor Ulrich Kelber dann ja bald „Bundesbeauftragter für den Datenschutz und Transparenz“.
Vielen lieben Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Marc Henrichmann hat jetzt das Wort für die CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7552934 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 98 |
Tagesordnungspunkt | Bericht Datenschutz und Informationsfreiheit 2022 |