Marc HenrichmannCDU/CSU - Bericht Datenschutz und Informationsfreiheit 2022
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bei der Durchsicht des Tätigkeitsberichts habe ich gedacht: „Mensch, hoffentlich gucken die Ampelkolleginnen und ‑kollegen nicht allzu intensiv in diesen Bericht“; denn ich befürchte eine unheilige Allianz. Wir reden ja nicht über den Datenschutz als solchen, der vollends seine Berechtigung hat; wir reden über die Anwendung und Umsetzung.
Vorausgeschickt: Der Bundesrechnungshof als neutrale Instanz hat der Bundesregierung vor einiger Zeit bescheinigt, dass die Datenstrategie, die sie habe, weder ein klares Ziel noch Handlungsschwerpunkte festlege. Wenn man jetzt diesen Datenschutzbericht danebenlegt, muss man sagen: Wenn die Ampel schon ohne Navigationsgerät in der Datenpolitik fährt und jetzt der Bericht dazukommt, ist auch noch die Handbremse fest angezogen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Zahlen des Bitkom untermauern das ja. Wir haben eine absolute Akzeptanzkrise, und dagegen müssen wir wirklich ankämpfen. 70 Prozent der im September letzten Jahres befragten Unternehmer sind der Meinung, dass wir keinen EU-einheitlichen Datenschutzstandard haben. 78 Prozent beklagen Rechtsunsicherheiten, 68 Prozent strenge Datenschutzbestimmungen, die die Digitalisierung erschweren, und 61 Prozent sagen, Deutschland – die Bundesregierung – übertreibe es mit dem Datenschutz. Und als wäre die Zahl 61 Prozent nicht schon schlimm genug: Das sind 11 Prozent mehr als im Vorjahr.
Das hängt auch mit schildbürgerähnlichen Vorfällen zusammen, die wir in Deutschland zu beklagen haben. Ein Beispiel will ich bringen: Da melden sich Jobcenter aus Hamburg und beklagen, dass ihre Kunden die verschlüsselten Kommunikationswege nicht nutzen können, weil sie die Kosten für Zertifikate nicht aufbringen können, weil sie die IT-Infrastruktur nicht haben und weil ihnen einfach das Know-how fehlt. Dann sagt der Hamburger Datenschutzbeauftragte ganz pragmatisch: Ja, Mensch, wenn die Behörde einen Kommunikationsweg verschlüsselt vorhält, aber die betreffenden Personen einwilligen, kann auch unverschlüsselt weiter über E-Mail kommuniziert werden. Herr Kelber nimmt das zur Kenntnis und sagt: Auf gar keinen Fall! – Wozu führt das? Menschen, die Hilfe beantragen, die Maßnahmen brauchen, die vielleicht einfach nur kurze Mitteilungen machen wollen, können mit den Jobcentern nicht mehr in Kontakt treten. Wir verlieren diese Menschen. Es wird überall Diskriminierung beklagt. An dieser Stelle, muss man sagen, diskriminiert die enge Auslegung des Datenschutzes Menschen, die die Hilfe des Staates brauchen. Das muss in der Umsetzung anders werden.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Die Umsetzung des Datenschutzes ist auch innovationsfeindlich. Das sage nicht nur ich; das belegt auch die Umfrage des Bitkom. 98 Prozent der befragten Unternehmer – ich habe die Zahl dreimal gelesen, weil ich sie nicht glauben konnte – haben gesagt, bei ihnen sei schon mal ein Innovationsprojekt wegen datenschutzrechtlicher Hürden gescheitert oder gar nicht erst in Angriff genommen worden. Und 93 Prozent der Befragten sagen, es gebe Unklarheiten im Umgang – und das bei einem Datenschutzbeauftragten, der auch Aufklärung in seiner Jobbeschreibung hat. Das Datenschutzverständnis von Herrn Kelber in Teilen, aber auch der Ampel gefährdet ganz konkret Wohlstand und auch wirtschaftliche Prosperität in diesem Land, und das muss anders werden.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Eine Schlussbemerkung, die mir auch innenpolitisch wichtig ist: Sie streiten seit nunmehr fast einem Dreivierteljahr in der Ampel wie die Kesselflicker über die Frage, wie Sie mit Hinweisen auf Kinderpornografie und Kindesmissbrauch im Netz umgehen – Hinweisen, die wir überwiegend aus den USA kriegen, was ja schon für sich spricht. Frau Faeser will die Vorratsdatenspeicherung. Dann heißt es aus der FDP: Quick Freeze. Seit einem Dreivierteljahr kann man Hinweisen in Teilen nicht nachgehen – jeder zehnte Hinweis geht uns durchs Netz –, weil wir IP-Verbindungsdaten nicht speichern, obwohl der EuGH dies zur Bekämpfung schwerer Kriminalität ausdrücklich zugelassen hat. Sie sind hier untätig. Stattdessen legt Herr Kelber in seinem Bericht mit der Streichung der Antiterrordatei oder auch der Rechtsextremismusdatei Vorschläge vor, die die Sicherheitsbehörden hier jedenfalls nicht stärken.
Sie kommen zum Ende, bitte.
Wo sind die Vorschläge der Ampel zur Bekämpfung schwerer Kriminalität? Hier wird Datenschutz verkehrt.
Herr Kollege!
Datenschutz ist gut, die Anwendung sicherlich nicht.
Danke schön.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Die nächste Rednerin ist Misbah Khan für Bündnis 90/Die Grünen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7552935 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 98 |
Tagesordnungspunkt | Bericht Datenschutz und Informationsfreiheit 2022 |