Susanne HierlCDU/CSU - Mobilitätsgeld statt Pendlerpauschale
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem vorliegenden Antrag will Die Linke die Pendlerpauschale abschaffen und stattdessen ein Mobilitätsgeld einführen. Jeder Arbeitnehmer soll einen festen Betrag von 14 Cent pro Entfernungskilometer erhalten, den er mit seiner Steuerschuld verrechnen kann. Zahlt er keine oder nur geringe Steuern, soll es zu einer Auszahlung des Betrags kommen.
Der Auslöser für diese Forderung liegt in unserem progressiven Steuertarif. Das haben wir heute schon mehrfach gehört. Dieser führt dazu, dass mit steigendem Einkommen auch die Steuerlast steigt: von 14 Prozent Eingangssteuersatz auf 45 Prozent. Hat ein Steuerpflichtiger nun Aufwand für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, so kann er diesen mit 30 Cent für die ersten 20 Kilometer und mit 38 Cent ab dem 21. Kilometer von seinen Einnahmen in Abzug bringen. Je höher dabei der Steuersatz des Einzelnen ist, desto höher fällt die Entlastung bei der Berechnung seines zu versteuernden Einkommens ins Gewicht.
Die Kosten für den Weg mit dem Auto zur beruflichen Tätigkeitsstätte, die dort entstehen, sind seit über 100 Jahren als Werbungskosten abziehbar. Damals wurden die Pauschbeträge angerechnet. Im Jahr 2000 – das ist heute auch schon erwähnt worden – hat es die Änderung gegeben, die Entfernungspauschale ansetzen zu können, unabhängig von der Art des Verkehrsmittels. Grund dafür war, dass man die Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel fördern wollte.
Wenn ich aber jetzt eine steuerliche Vorschrift ändern möchte, dann muss ich auf das Folgerichtigkeitsgebot achten. Herr Schrodi, Sie hatten das objektive Nettoprinzip angesprochen. Ich denke, das könnte man vielleicht noch lösen. Das Folgerichtigkeitsgebot, glaube ich, ist schwieriger zu beachten. Dieses besagt nämlich, dass ein Steuergesetz schlüssig, plausibel und widerspruchsfrei ausgestaltet sein muss. Der Antragsteller überlässt dies großzügig dem Gesetzgeber. Aber sehen wir uns doch einmal an, ob es überhaupt funktionieren würde. Zum einen muss ein solcher Systemwechsel vom Werbungskostenabzug hin zu einem Mobilitätsgeld gut begründet sein. Ob eine Einführung des Mobilitätsgeldes als Ausnahme zum System des progressiven Steuersatzes Bestand hat, obwohl in allen anderen Fällen die Progression weiterhin besteht, ist zumindest fraglich.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Kay Gottschalk [AfD])
Selbst wenn diese Hürde überwunden werden könnte, so bleiben doch noch viele weitere offene Fragen, und zwar knüpft die Regelung zur Familienheimfahrt bei der doppelten Haushaltsführung genau an diese Entfernungspauschale an, die Sie als ungerecht empfinden. Dasselbe gilt nämlich auch für die Abzugsfähigkeit der Reisekosten. Hier ergeben sich die gleichen Effekte. Sollen diese Regelungen dann auch entsprechend geändert werden? Sofern das nicht der Fall ist, könnte man zumindest über einen Verstoß gegen das Gleichheitsgebot in Artikel 3 Grundgesetz nachdenken. Dann hätten wir Verfassungswidrigkeit.
Lassen Sie uns doch statt der Abschaffung der Pendlerpauschale und der Schaffung neuer bürokratischer Hürden – heute Morgen haben wir über den Abbau von Bürokratie diskutiert – lieber darüber nachdenken, wie wir diejenigen unter den Pendlern unterstützen können, die am meisten betroffen sind. Herr Kollege Görke, Sie haben es ja auch geschildert: Das sind die Pendler auf dem Land. Wieso nutzen wir die Gelder nicht für den Ausbau eines gut getakteten Nahverkehrs, statt in eine Verteilungsdiskussion einzutreten? Das wäre eine sinnvolle Unterstützung für die Bürgerinnen und Bürger im Alltag.
(Michael Schrodi [SPD]: Dann soll der Söder halt mal anfangen! Der miese Ausbau in Bayern ist doch CSU-Sache!)
– Ich habe bei mir zu Hause einen sehr guten Nahverkehr. Der ist gut ausgebaut. Ich komme auch aus Bayern. – Es bestehen bereits heute steuerliche Regelungen zur steuerfreien Bezuschussung des Jobtickets eines Arbeitnehmers, um so eine Entlastung der Arbeitnehmer herbeizuführen. Ohne einen ausreichenden Nahverkehr nutzt uns das aber gar nichts.
Ich möchte hinzufügen: Unter der unionsgeführten Regierung wurden die Regionalisierungsmittel für den Nahverkehr zur Unterstützung der Länder deutlich erhöht. Auch Sie als Ampel haben das in Ihrem Koalitionsvertrag angekündigt; aber Sie schaffen es nicht einmal, gemeinsam mit den Ländern den angekündigten Ausbau- und Modernisierungspakt für den ÖPNV zu beschließen. Stattdessen hat die Ampel sich mit dem 49-Euro-Ticket vollkommen verzettelt. Wegen der Kosten, die die Länder mittragen müssen, können die sich nicht mehr um den Nahverkehr kümmern.
(Widerspruch des Abg. Michael Schrodi [SPD])
Statt uns über systemische Ungerechtigkeiten im Steuerrecht zu beschweren, sollten wir dafür sorgen, dass die Mobilität im ländlichen Raum verbessert wird.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Nächster Redner: für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Stefan Gelbhaar.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7552982 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 98 |
Tagesordnungspunkt | Mobilitätsgeld statt Pendlerpauschale |