27.04.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 100 / Tagesordnungspunkt 6

Alexander ThromCDU/CSU - Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Deutschland braucht Fachkräfte: durch Mobilisierung im Inland und in der Europäischen Union und, ja, auch durch gezielte Anwerbung von Menschen in Drittstaaten. Um die geht es heute. Ich will gar nicht verhehlen, Frau Ministerin, dass Ihr Gesetz bei Pflegehelferinnen, bei Lkw-Fahrern, beim Familiennachzug und bei der Blauen Karte punktuell auch durchaus Positives aufzuweisen hat. Aber wir brauchen ein Fachkräfteeinwanderungsgesetz, das diesen Namen auch verdient. Diesem Anspruch wird Ihr Gesetz nicht gerecht.

[Beifall bei der CDU/CSU)

Ihre Antwort auf nahezu alle Fragen heißt, die Anforderungen an die Qualifikation zu reduzieren. Damit verkehren Sie die Fachkräfteeinwanderung, wie wir Sie gemeinsam mit Ihnen in der letzten Koalition gemacht haben,

(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie viele haben Sie da gekriegt?)

zum liberalsten Einwanderungsgesetz, das es weltweit gibt, damit verkehren Sie es in eine Einwanderung von Minderqualifizierten, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Das Arbeitsmarktinstitut IAB hat die Zahl der offenen Stellen bei rund 1,8 Millionen festgesetzt, 80 Prozent davon für Personen mit Berufsschulabschluss oder Hochschulstudium und nur 20 Prozent oder rund 400 000 Stellen für Ungelernte und Minderqualifizierte. Diese 20 Prozent müssen und können wir aus dem Potenzial schöpfen, das schon in Deutschland ist oder uns täglich noch weiter zugeführt wird.

(Dr. Götz Frömming [AfD]: Die kommen jetzt zusätzlich!)

Dafür brauchen wir keine anderen Regelungen. Für die 80 Prozent, die die Wirtschaft fordert, die wir brauchen, die die Union will, bietet Ihr Gesetz fast gar nichts, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Warum ist die Qualifikation so wichtig? Weil wir es – anders als bei der Fluchtzuwanderung – mit Menschen zu tun haben, die wir hier dauerhaft ansiedeln wollen, die sich hier integrieren sollen – mit ihren Familien, die wertvolle Teile unserer Gesellschaft werden sollen.

(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hat nur nicht funktioniert zehn Jahre lang!)

Da gilt dasselbe wie für die heimische Bevölkerung: Eine gute Ausbildung, eine gute Qualifikation ist der Garant für einen langfristigen sicheren Arbeitsplatz und verhindert auch Einwanderung in die Sozialsysteme.

(Lamya Kaddor [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Drei Minuten hat es gedauert, bis Sie das gesagt haben! Drei Minuten! – Weiterer Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Peinliche Rede!)

Deswegen müssen wir an der Qualifikation festhalten, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Jetzt schafft die Ampel eine Potenzialsäule mit Punktesystem. Zukünftig reicht eine zweijährige Ausbildung nach dem Maßstab des Herkunftslandes, nicht mehr nach unserem Maßstab. Frau Faeser, Sie haben es angesprochen: Sie waren sich nicht zu schade, gemeinsam mit Minister Heil nach Kanada zu reisen und uns Kanada als Vorbild zu verkaufen.

(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie sind doch bestimmt mitgefahren!)

Dabei ist Kanada nicht mit Deutschland vergleichbar. Wir haben in Kanada ein Überangebot an Menschen mit guter Qualifikation, die dort einwandern wollen. Dies haben wir nicht. Wir haben in Deutschland ein Unterangebot. Kanada hat strengste Voraussetzungen für diese Einwanderung. Kanada macht eine echte Bestenauslese; nur die Obersten im Ranking kommen hinein. Sie machen genau das Gegenteil mit Ihrem Punktesystem.

(Thorsten Frei [CDU/CSU]: Genau! Zu uns kommt der Rest!)

Sie machen ein Downgrading auf das absolute Minimum, das man erreichen muss, um nach Deutschland kommen zu können.

(Beifall bei der CDU/CSU und der AfD)

Ein weiterer Unterschied: Deutschland ist ein ausgeprägter Sozialstaat. Das wollen wir auch erhalten. Kanada kennt dies nicht ansatzweise.

(Andrea Lindholz [CDU/CSU]: Genau so ist es!)

Deswegen ist es in Deutschland besonders wichtig, dass wir dieses Sozialsystem vor Missbrauch schützen.

(Andrea Lindholz [CDU/CSU]: Genau!)

Sie gefährden dies mit Ihrem Gesetzentwurf, den Sie heute hier vorlegen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Das ist kein Gesetz, das auf diejenige Personengruppe abzielt, die wir alle tatsächlich in Deutschland brauchen und die die Wirtschaftsverbände auch fordern: die Fachkräfte. Hier würden eher schnellere digitale Anerkennungsverfahren helfen und eine echte Trennung etwa zwischen Fachkräfteeinwanderung einerseits und Asyl-, Fluchtzuwanderung andererseits. Wir schlagen deshalb vor, dass wir eine neue Bundesagentur für Einwanderung schaffen, eine „Work and Stay Agency“, die tatsächlich die überlasteten Ausländerbehörden in den Kommunen entlastet und damit für schnellere Verfahren sorgt.

(Beifall bei der CDU/CSU – Christian Dürr [FDP]: Wir haben ein Problem, und die Antwort lautet: Wir gründen eine Behörde! Das ist so typisch! Unfassbar! Unfassbar!)

Letzte Bemerkung. Herr Dürr, seit den 60er-Jahren ist das Auswärtige Amt von Ministern besetzt, die allesamt den Ampelparteien angehörten. Sie schaffen es nicht, die Visaverfahren zu beschleunigen,

(Andrea Lindholz [CDU/CSU]: Genau so ist es!)

auch die jetzige Ministerin Baerbock schafft das nicht.

(Andrea Lindholz [CDU/CSU]: Genau!)

Deswegen schafft dieses Gesetz keine Vorteile für die Zielgruppe, die wir erreichen wollen.

(Andrea Lindholz [CDU/CSU]: So ist es!)

Wir wollen in der Welt echte Fachkräfte für Deutschland gewinnen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU – Christian Dürr [FDP]: Das ist so 90er-Jahre! Nicht zu glauben! Ich dachte, die Union wäre wesentlich weiter! Es ist unglaublich!)

Nächste Rednerin: für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Katharina Dröge.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7553102
Wahlperiode 20
Sitzung 100
Tagesordnungspunkt Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung
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