27.04.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 100 / Tagesordnungspunkt 21

Zanda MartensSPD - Wärmewende

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Parteien! Wir müssen unsere Klimaziele erreichen und zuallererst dort ansetzen, wo viel Energie verbraucht wird. Mehr als ein Drittel des gesamten Energiebedarfs in Deutschland fällt derzeit auf das Heizen unserer Gebäude und die Versorgung mit Warmwasser – der weit überwiegende Teil durch Öl- und Gasheizungen. Nicht nur aus klimapolitischen Gründen ist ein Austausch dieser Anlagen zwingend erforderlich. Der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine hat gezeigt, dass auch geopolitisch eine autarke Energieversorgung Deutschlands abseits fossiler Brennstoffe notwendig ist.

(Dr. Rainer Kraft [AfD]: Wie autark sind denn LNG-Terminals?)

Wir müssen aber nicht nur die Klimaziele erreichen, sondern auch die sozialen Folgen bei den Schwächeren abfedern. Keiner hat doch Angst, auf seine geliebte Öl- oder Gasheizung verzichten zu müssen, aber die Leute fragen sich heute, wie sie die klimafreundliche Heizung bezahlen sollen. Es gilt, Ängste und Unsicherheiten zu vermeiden; stattdessen läuft gerade populistische Desinformation, an die sich CDU, CSU und AfD dranhängen.

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Bernhard Herrmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Andreas Jung [CDU/CSU]: Unverschämtheit!)

Der Heizungsaustausch ist notwendig, er ist aber auch verdammt teuer. Der Klimaschutz insgesamt wird uns immense Summen kosten. Daher dürfen wir gezielt nur diejenigen fördern, die es sich nicht anders leisten können.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Damit die Wärmewende gesellschaftlich akzeptiert wird, darf es nicht zu einer finanziellen Überforderung der Menschen in unserem Land kommen.

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Bernhard Herrmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Nina Warken [CDU/CSU]: Was ist das für ein Diskurs?)

Wir diskutieren völlig zu Recht darüber, dass wir insbesondere den Kleinvermietern und bedürftigen Eigenheimbesitzern bei der Umstellung auf klimafreundliche Heizungen helfen müssen. Wir dürfen aber auch keinesfalls die Mieterinnen und Mieter vergessen, auf die all diese Kosten per Modernisierungsumlage abgewälzt zu werden drohen – bei jetziger Gesetzeslage für immer.

Gerade Mieter – übrigens mehr als die Hälfte unserer Bevölkerung – leiden unter den eh schon hohen Wohnkosten in Deutschland. Die nun anstehende Wärmewende darf nicht dazu führen, dass sich die Lage auf dem Wohnungsmarkt noch weiter zuspitzt und die Mietenexplosion sich ausweitet.

(Beifall bei der SPD)

Ein weiterer Anstieg der Mieten droht jedoch, wenn Vermieter auch ohne Beantragung der öffentlichen Fördergelder – diese beantragen derzeit nur 5 bis 10 Prozent der Vermieter – sämtliche Kosten des Heizungsaustausches über die Modernisierungsumlage auf die Mieter abwälzen können. Auch droht ein weiterer Anstieg der Nebenkosten, wenn Vermieter Heizsysteme einbauen, die zwar in der Anschaffung günstig, aber im Betrieb teuer sind.

Wir als SPD wollen sicherstellen, dass sowohl die Wärmewende als auch alle weiteren dringend notwendigen Reformen zur Erreichung unserer Klimaziele letztlich nicht alleine bei den Mieter/-innen abgeladen werden und der Mieterschutz immer berücksichtigt wird. Wir müssen die notwendige Heizungsmodernisierung sozial abfedern, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD)

Um das Mieter-Vermieter-Dilemma zu überwinden, haben wir im Koalitionsvertrag einen schnellen Umstieg auf die Teilwarmmiete vereinbart, innerhalb dessen die Modernisierungsumlage, so wie sie heute praktiziert wird, abgeschafft werden soll. Sollte hier nicht zeitnah ein tragfähiges Konzept vom Bundesjustizministerium vorgelegt werden,

(Jens Spahn [CDU/CSU]: Immer sind die anderen schuld!)

müssen wir notwendige Anpassungen an der bisherigen Modernisierungsumlage vornehmen. Sie muss zumindest deutlich abgesenkt werden,

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Kassem Taher Saleh [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

und nur noch förderfähige Maßnahmen, die nachweislich zu Energieeinsparungen führen, dürfen auf die Mieter umgelegt werden.

(Jens Spahn [CDU/CSU]: Ihr regiert aber schon noch zusammen?)

Darüber hinaus müssen öffentliche Fördermittel, die den Vermietern zustehen, bei der Modernisierungsumlage angerechnet werden, und zwar auch dann, wenn sie vom Vermieter nicht in Anspruch genommen werden.

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Bernhard Herrmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Auch die Erhaltungskosten, die die Vermieter im Zusammenhang mit einer Modernisierung einsparen, müssen bei der Berechnung der Mieterhöhung korrekt abgezogen werden, was derzeit nicht der Fall ist.

(Jens Spahn [CDU/CSU]: Wer verunsichert denn jetzt? Ihr mit euren komischen Regeln!)

Die derzeitigen Herausforderungen und Probleme betreffen nicht nur Einzelschicksale. Also können und dürfen wir die Menschen damit nicht alleine lassen oder den Eindruck erwecken, nur sie selbst müssten sich halt anstrengen und sehen, wie sie nach den Vorgaben der Politik ihre Wohnungen warm bekommen.

(Zuruf des Abg. Marc Bernhard [AfD])

Klimaschutz betrifft uns alle, deshalb müssen wir in der Politik auch an alle denken. Als Sozialdemokratin füge ich noch hinzu: insbesondere an all diejenigen, die sonst keine starke Lobby hätten.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat der Kollege Mark Helfrich für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7553139
Wahlperiode 20
Sitzung 100
Tagesordnungspunkt Wärmewende
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