27.04.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 100 / Zusatzpunkt 3

Simone BorchardtCDU/CSU - Pflegeunterstützungs- und Entlastungsgesetz

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Sicherstellung der Pflege gehört zu unseren wichtigsten gesamtgesellschaftlichen Aufgaben. Es wird aber auch die größte Herausforderung in den nächsten Jahren werden. Wenn wir jetzt eine Standortbestimmung vornehmen, dann sehen wir, dass wir uns in folgender Situation befinden: Wir reden über Personalmangel in der Pflege. Wir reden über unzureichende und unklare Finanzierung. Wir reden über zu hohe Eigenanteile für Angehörige und Betroffene oder über weniger Leistungen. Und wir reden über die überproportionale Belastung der pflegenden Angehörigen. Liebe Frau Klein-Schmeink, ich bin Ihnen dankbar für Ihre Rede. Vielen Dank dafür! Aber ich muss Sie daran erinnern: Sie sind in der Regierung. Setzen Sie sich bitte dementsprechend durch!

(Beifall bei der CDU/CSU – Zurufe von der SPD)

In dieser Situation legen Sie uns jetzt einen Gesetzentwurf vor, der für alle Betroffenen in diesem System wirklich eine herbe Enttäuschung ist. Und da reichen auch kein Klatschen und auch keine guten Worte Ihrer Pflegebeauftragten, wenn sich das eben nicht in der Umsetzung widerspiegelt. Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Leistungserbringer der Pflege müssen nun die hohen Kosten Ihrer Energiepolitik und die hohen Inflationskosten den Betroffenen in Rechnung stellen. Das hat nichts mit Menschlichkeit und Empathie zu tun. Die Refinanzierung und die damit verbundenen Pflegesatzverhandlungen durch die Krankenkassen sind zurzeit eine Katastrophe. Die Leistungserbringer sind hier hilflos ausgeliefert und brauchen dringend Hilfe.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Es reicht auch nicht, mal eben die Gehälter zu refinanzieren. Es müssen vor allem auch die Sachleistungskosten endlich in den Fokus genommen werden. Wenn ich sehe, dass man für einen Bewohner gerade mal 6 Euro Tagespauschale für Lebensmittel hat, wovon vier Mahlzeiten finanziert werden müssen, dann frage ich mich ernsthaft: Wie soll das funktionieren?

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Natürlich werden die Bewohner trotzdem gut versorgt; aber die Einrichtungen bleiben auf diesen Kosten sitzen, und das müssen wir endlich auch in den Fokus nehmen. Das kann nicht sein.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Sie picken sich mit Ihrem Gesetzesentwurf wieder nur punktuelle Maßnahmen heraus und sehen wieder mal nicht den gesamten Prozess. Diese Schnellschüsse sind keine Lösung. Daher fordern wir eine echt solidarische Pflegereform; denn ständige Beitragserhöhungen sind keine Lösung. Sie können nicht immer mehr Geld in ein krankes System stecken. Davon wird dieses System auf keinen Fall besser.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Dynamisierung des Pflegegeldes haben Sie zwar angegangen, aber aus unserer Sicht völlig unzureichend. Dabei sind die Angehörigen das stärkste Potenzial an Pflegepersonal, das wir haben. Und wir heben diese Ressource nicht. 5 Prozent Dynamisierung, das ist ja wohl ein Witz; das reicht bei Weitem nicht. Hier muss man den Prozess ganzheitlich denken. Wenn wir das Pflegegeld deutlich anheben würden, dann würden wir auch die Ressourcen bei den Angehörigen heben. Ziel muss es hier sein, die Häuslichkeit zu stärken. Denn jeder Pflegebedürftige, der durch die professionelle Pflege versorgt wird, ist drei- bis viermal so teuer, als wenn die Pflege durch die Angehörigen sichergestellt werden würde.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Lassen Sie uns doch bitte die Arbeit der Angehörigen wertschätzen und das Pflegegeld deutlich anheben!

Das funktioniert, wenn man diesen Prozess ganzheitlich versteht und systemisch angeht. Dann würden Sie nämlich verstehen, dass wir dann Einsparungen bei den Pflegekassen und sogar bei den Kommunen hätten. In diesem Zusammenhang müssen wir die häuslichen Bedingungen verbessern, damit eben die Pflegebedürftigen zu Hause bleiben können. Das heißt, auch Pflegemittel und Hilfsmittel müssen in angemessenem Rahmen bezahlt werden. Das bedeutet auch, dass die Kosten für wohnumfeldverbessernde Maßnahmen in den Fokus genommen werden müssen, damit die Menschen länger in ihren eigenen vier Wänden bleiben können.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ihr Gesetzentwurf ist erschütternd. Wir können ihn so nicht mittragen. Er führt zu einer Verschlechterung der Pflege, zu einer Verdreifachung der ursprünglich geplanten Beitragserhöhung, und Sie setzen den Rotstift bei den Angehörigen und den Pflegebedürftigen an. Das kann in keiner Weise sein. Wir sehen, dass hier ein ganzheitlicher Ansatz nötig ist. Wagen Sie eine neue Perspektive auf die Pflege! Und bitte blenden Sie das Thema der unsäglichen Fachkraftquote nicht aus! Dann würden wir nämlich auch automatisch die Leiharbeit begrenzen. Ich bitte Sie: Hier muss dringend nachgebessert werden. Ich freue mich auf die anstehenden Beratungen mit Ihnen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun Kordula Schulz-Asche das Wort.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7553153
Wahlperiode 20
Sitzung 100
Tagesordnungspunkt Pflegeunterstützungs- und Entlastungsgesetz
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