Lars LindemannFDP - Pflegeunterstützungs- und Entlastungsgesetz
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte daran anschließen, was meine Kollegin aus der FDP-Fraktion Nicole Westig schon für uns ausgeführt hat, und mich auf die Finanzierungsfragen konzentrieren. Ich kann all dem, was Sie zum Inhalt gesagt haben, zustimmen.
Zum Thema der Finanzierung noch einmal Folgendes: Wir reden über Kinder, die pflegebedürftig sind, wir reden über Menschen mittleren Alters – so wie mich –, wir reden über hochbetagte, lebenserfahrene Menschen. Das geht quer durch unsere Gesellschaft. Und wir reden über diejenigen, die die Pflege leisten, diejenigen, die das professionell machen, und diejenigen, die zu Hause ihre Angehörigen pflegen. Wir reden über den Qualitätsanspruch, den wir so formulieren wollen, wie wir ihn selbst für uns als annehmbar akzeptieren würden. Und wir reden auch von denjenigen, die sich fragen, ob auch sie noch im Alter gepflegt werden können und ob das Ganze für sie im Alter noch bezahlbar sein wird.
(Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das können doch schon heute viele nicht!)
Auch die Bezahlbarkeit der Beiträge darf nicht außer Acht gelassen werden.
Wenn es darum geht, nach Lösungen zu suchen, dann sind wir Liberale ziemlich fröhlich und glauben daran, dass man gute Lösungen finden wird. Wir haben entsprechende Vorschläge gemacht und gehen frisch ans Werk, dieses gesamtgesellschaftliche Problem zu lösen.
(Beifall bei der FDP)
Aber jetzt wird es persönlich: Ich nehme hier für meine Fraktion ausdrücklich in Anspruch, dass wir uns bei der Suche nach guten Lösungen um alle Gedanken machen: unsere Angehörigen, unsere Lebenspartner, Kinder, Kollegen wie auch um jeden Einzelnen hier in diesem Saal. Wir lassen uns ungern unterstellen, dass wir dabei oberflächlich bleiben, wie es einige Angehörige dieses Hauses beschreiben. Ich will deshalb hier offen bekennen: Es ist kein guter Beitrag zu dieser Debatte, Christian Lindner als Finanzminister hier anzusteuern. Christian Lindner ist Teil der Bundesregierung, der zum Beispiel auch Robert Habeck angehört, der für die Wirtschaft verantwortlich ist. Also, es geht um gesamtgesellschaftlichen Fragen, die wir zu lösen haben; deswegen können wir uns nicht nur auf einen Bereich fokussieren.
Es geht auch darum, dass es nicht zur Lösung beiträgt, wenn man sich in Talkshows setzt – ich glaube, das war bei Herrn Klamroth in dieser Woche – und dort Forderungen aufstellt, die im Koalitionsvertrag so nicht geregelt sind, und die hier auch vorträgt und es dann vor allem fertigbringt, über eine Vollkaskoversicherung zu sprechen, die noch nie vorgesehen war und im Koalitionsvertrag auch nicht vorgesehen ist. Anschließend wird behauptet, es sei nur eine Weiterentwicklung der Umlagefinanzierung. Das ist kein sinnvoller Beitrag. Wir müssen über andere Instrumente sprechen.
(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)
Und es ist auch kein Beitrag – um das deutlich zu sagen –, eine solche Talkshow in Gänze zu bestreiten, ohne ein einziges Mal das Wort „Eigenverantwortung“ in den Mund zu nehmen, Herr Kollege Lauterbach. Das halte ich ausdrücklich für zu wenig.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Nina Warken [CDU/CSU]: Hört! Hört!)
Wir reden immer davon – das ist auch in der heutigen Debatte bei vielen der Fall gewesen –, dass es der Staat oder der Beitragszahler regeln soll. Das Problem wird aber nur lösbar sein, wenn wir bei der Eigenverantwortung der Menschen ansetzen. Dazu hat die FDP Vorschläge gemacht.
Wenn wir uns um Lösungen bemühen, sage ich für meine Fraktion auch ganz deutlich: Wir müssen in dieser Gesellschaft priorisieren. Dazu gehört auch die Frage: Was können wir uns in der Pflege noch leisten, und was können wir uns nicht leisten?
Ich habe die Uhr angehalten. Gestatten Sie eine Frage oder Bemerkung der Kollegin Maria Klein-Schmeink?
Selbstverständlich.
Herr Lindemann, da wir das nicht ohne Kontext stehen lassen können: Wir haben im Koalitionsvertrag deutlich gemacht, wo bei den Leistungen Handlungsbedarf besteht. Und wir haben im Koalitionsvertrag festgelegt, wie wir die Refinanzierung in dieser Wahlperiode gerade mit dem Ziel der Stabilisierung der Pflegeversicherung angehen wollen. Dabei haben wir festgelegt, dass wir versicherungsfremde Leistungen wie die Rentenbeiträge für pflegende Angehörige und die pandemiebedingten Zusatzkosten aus Steuermitteln finanzieren. Wir wollen die Ausbildungsumlage aus den Eigenanteilen herausnehmen. Wir haben gesagt, dass wir die Eigenanteile in der stationären Pflege begrenzen und planbar machen wollen. Wir wollen die Kosten für die Behandlungspflege in der stationären Versorgung auf die gesetzliche Krankenversicherung übertragen bzw. pauschal ausgleichen. Und wir haben gesagt, dass wir den Beitragssatz in der Pflegeversicherung moderat anheben wollen.
(Nina Warken [CDU/CSU]: Können wir das Gespräch in den Koalitionsausschuss verlegen?)
Abgesehen davon, dass wir alle in den Fraktionen andere, zusätzliche Vorschläge haben, wie wir in Zukunft damit umgehen wollen, möchte ich Sie fragen: Fühlen Sie sich – genauso wie ich – dem Koalitionsvertrag als gemeinsame Basis verpflichtet?
Frau Kollegin Klein-Schmeink, selbstverständlich fühlen wir uns dem Koalitionsvertrag verpflichtet. Nur, dieser Koalitionsvertrag ist – das wissen Sie auch – vor dem Ukrainekrieg, vor der Energiekrise geschlossen worden. Und wir stehen in diesem Land vor vielen, vielen anderen heftigen Herausforderungen. Das zwingt uns umso mehr, zu überlegen: Was können wir noch tun? Und was können wir noch finanzieren?
(Beifall der Abg. Simone Borchardt [CDU/CSU] – Nina Warken [CDU/CSU]: Gut, dass es mal jemand erkennt in der Regierung!)
Auf nichts anderes habe ich hingewiesen. Dass es da untauglich ist.
Ich habe ganz am Anfang deutlich gesagt: Ich teile die Ziele, auch die Instrumente, habe aber darauf hingewiesen, dass am Ende, wenn wir uns darüber streiten, wie wir dahin kommen und welche Instrumente wir wählen, immer auf die FDP und den Bundesfinanzminister gezeigt wird, wenn es um die Finanzierung geht, nach dem Motto, der sei daran schuld, dass das alles nicht geht. Wenn jemand daran schuld ist, dann ist das der Bundeshaushalt, der nun mal so aussieht, wie er aussieht. Das sind die Realitäten, mit denen wir umzugehen haben. Und nichts anderes habe ich hier eingefordert.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zuruf der Abg. Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Ich will für meine Fraktion noch einmal deutlich sagen – Frau Westig hat es schon gesagt –: Es ist für uns kein Tabu, über die Erhöhung von Beiträgen zu reden. Es steht im Koalitionsvertrag. Wir haben es mit Ihnen auch gemeinsam umgesetzt. Es bleibt aber dabei: Herr Lauterbach, wir wollen, dass eine Kommission zur Pflegeversicherung eingesetzt wird, die eigentlich schon bis Ende dieses Jahres Ergebnisse zeitigen soll. Wir wollen in dieser Kommission über die notwendigen Instrumente reden, bei denen wir als Partei mitgehen können.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Das Wort hat die Kollegin Claudia Moll für die SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7553156 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 100 |
Tagesordnungspunkt | Pflegeunterstützungs- und Entlastungsgesetz |