27.04.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 100 / Zusatzpunkt 3

Heike BaehrensSPD - Pflegeunterstützungs- und Entlastungsgesetz

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich mit einem Satz von Max Weber beginnen: „Politik bedeutet ein starkes langsames Bohren von harten Brettern mit Leidenschaft und Augenmaß zugleich.“

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Ja, vieles geht in der Pflege zu langsam voran. Aber heute haben manche auch ein bisschen das Augenmaß in dieser Debatte vermissen lassen, nämlich dann, wenn ignoriert wird, dass die Pflegeversicherung mehr Geld braucht,

(Beifall der Abg. Kordula Schulz-Asche [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

oder wenn sich einige aus der Verantwortung stehlen, als hätten sie damit nichts zu tun,

(Beifall der Abg. Kordula Schulz-Asche [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

oder wenn Forderungen in den Raum gestellt werden, für die es keinen mehrheitsfähigen Finanzierungsvorschlag gibt.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Augenmaß ist notwendig, um jetzt das auf den Weg zu bringen, was unbedingt gemacht werden muss, nämlich das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes ernst zu nehmen und die Beiträge zu differenzieren, je nach Kinderzahl, die Pflegeversicherung so zu stabilisieren, dass sie ihre Leistungen weiter bezahlen kann und eben Leistungsverbesserungen für pflegebedürftige Menschen auf den Weg zu bringen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Es geht hier tatsächlich um sehr viel. Die Pflegeversicherung mit ihren ganz verschiedenen Leistungen muss weiterhin die Belastungen und finanziellen Risiken der Pflegebedürftigkeit abfedern können,

(Beifall der Abg. Dr. Kirsten Kappert-Gonther [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

und sie muss weiter Menschen, die auf Unterstützung angewiesen sind, ein möglichst selbstständiges Leben ermöglichen und pflegende Angehörige entlasten.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Damit die Pflegeversicherung diesen wichtigen Auftrag weiter zuverlässig erfüllen kann, müssen Einnahmen und Ausgaben wieder ins Lot gebracht werden, und dafür ist das, was von der Regierung hier auf den Weg gebracht worden ist, das Mindeste, was getan werden muss; daran führt kein Weg vorbei.

Und natürlich, Herr Müller, hätte es schon in der letzten Legislaturperiode Alternativen gegeben, um die Pflegeversicherung besser abzusichern.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Selbstverständlich hätte Gesundheitsminister Spahn dafür sorgen müssen, dass die kompletten Pandemiekosten für Masken, Tests, Hygienemaßnahmen, die Ausgleiche für Minderbelegung und anderes wie in anderen Bereichen auch aus Steuermitteln finanziert und nicht der Versichertengemeinschaft auf den Rücken gelegt werden.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Erich Irlstorfer [CDU/CSU]: Wer war denn der Finanzminister?)

– Lieber Herr Irlstorfer, hätte die Union ihren eigenen Gesundheitsminister nicht ausgebremst, hätten wir längst einen Finanzausgleich zwischen der privaten und der gesetzlichen Pflegeversicherung, wo heute über 40 Milliarden Euro auf der hohen Kante liegen. Hätte man den Risikoausgleich damals gemacht, als Jens Spahn selber die Einsicht hatte, dass das sachgerecht wäre, hätten wir jetzt jährlich 2 Milliarden Euro mehr zur Verfügung, um gute Pflege in Deutschland leisten zu können.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Erich Irlstorfer [CDU/CSU]: Und wer war noch gleich Finanzminister?)

Ja, wenn das, was im Koalitionsvertrag vereinbart wurde, schon vollständig umgesetzt werden könnte mit diesem Gesetz, dann hätten wir andere Handlungsspielräume. Aber wer hätte vor zwei Jahren geahnt, unter welchen Rahmenbedingungen wir im Frühjahr 2023 zu entscheiden haben? Ja, Politik ist das konsequente Bohren von harten Brettern. Und wer uns kennt und heute die Reden von Karl Lauterbach, von Claudia Moll und Matthias Mieves gehört hat, weiß: Mit der heutigen ersten Lesung setzen wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten das starke Bohren am harten Brett der Pflegepolitik mit voller Leidenschaft fort.

(Beifall bei der SPD – Zuruf von der CDU/CSU: Der Bohrer ist zu schwach!)

Dabei werden wir ganz besonders darauf schauen, was auch schon thematisiert worden ist, nämlich auf die 4 Millionen Menschen, die zu Hause in ihrer eigenen Wohnung gepflegt, versorgt und unterstützt werden – von Familienangehörigen, von Nachbarn, von Freundinnen und Freunden, von Haushaltskräften und auch von vielen Fachkräften aus den ambulanten Pflegediensten. Sie brauchen mehr Unterstützung aus der Pflegeversicherung.

(Simone Borchardt [CDU/CSU]: Ihr seid doch in der Regierung!)

Pflegende Angehörige brauchen mehr Entlastung und mehr Flexibilität bei der Inanspruchnahme von Leistungen aus der Pflegeversicherung. Und weil es uns wichtig ist, die Arbeitsbedingungen in der Pflege zu verbessern, werden wir – insbesondere auch mit den Programmen von Claudia Moll – die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf weiter fördern und dafür sorgen, dass Leiharbeit zurückgedrängt wird und dafür Springerpools möglich werden.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Und sollte nicht auch endlich – da knüpfe ich an das an, was von grüner Seite gesagt wurde – das bürokratische Monster der Ausbildungsumlage abgeschafft werden? Das würde nicht nur sämtliche Pflegeeinrichtungen, ambulant und stationär, sondern auch die Pflegekassen und die Sozialverwaltungen in großem Umfang von Bürokratie entlasten.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Damit würde jeder einzelne Pflegebedürftige von einem echten Kostenblock befreit, den ihnen niemand erklären kann. Denn gibt es irgendeinen anderen Dienstleistungsbereich, bei dem man für ein Produkt zusätzlich auch noch für die Ausbildung bezahlen muss? Nein, das gibt es nicht. Und dieses systemfremde Element in der Pflegevergütung muss endlich abgeschafft werden. Dafür sollten wir uns einsetzen.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Simone Borchardt [CDU/CSU]: Ihr seid doch in der Regierung! Macht es doch!)

Ich denke, ich habe deutlich gemacht: Im parlamentarischen Verfahren werden wir als SPD-Gesundheitspolitiker/-innen beharrlich weiter bohren, um Verbesserungen für diejenigen zu erreichen, die zu Hause gepflegt und versorgt werden – mit Leidenschaft und Augenmaß zugleich.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Einen schönen guten Tag von meiner Seite, auch den Besucherinnen und Besuchern auf der Besuchertribüne. Es sind viele junge Leute hier, weil wir heute den Zukunftstag haben. Sehr schön. Herzlich willkommen hier bei uns im Haus!

(Beifall)

Die letzte Rednerin in der Debatte ist für die Unionsfraktion Diana Stöcker.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7553159
Wahlperiode 20
Sitzung 100
Tagesordnungspunkt Pflegeunterstützungs- und Entlastungsgesetz
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