Ottilie KleinCDU/CSU - Betriebliche Mitbestimmung
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Für uns Christdemokraten hat betriebliche Mitbestimmung schon immer eine wichtige Rolle gespielt. Auf ihr fußt die soziale Marktwirtschaft. Die betriebliche Mitbestimmung ist ein wesentlicher Eckpfeiler unserer Wirtschaftsordnung.
(Beifall des Abg. Frank Bsirske [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Schon vor 150 Jahren setzte sich die angehende katholische Soziallehre mit betrieblicher Mitbestimmung auseinander. Die christliche Arbeiterbewegung betonte ihre besondere Bedeutung als Mittelweg zwischen einem zügellosen Kapitalismus und dem übergriffigen Sozialismus.
(Zuruf des Abg. Daniel Baldy [SPD])
Als sich nach dem Zweiten Weltkrieg die Unionsparteien bildeten, wurde die Idee vom Miteinander zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern eine unserer zentralen Säulen. Es war die erste Bundesregierung unter Konrad Adenauer, die 1952 das Betriebsverfassungsgesetz schuf, also die Grundlage dessen, über das wir heute sprechen.
Viel hat sich seither verändert. Die betriebliche Mitbestimmung allerdings hat bis heute nichts von ihrer Bedeutung verloren; denn auch heute gilt: Wo es einen Betriebsrat gibt, sind die Arbeitsbedingungen meist besser, werden höhere Löhne gezahlt, und die Tarifbindung ist höher. Im Umkehrschluss muss sich da, wo eine gute Sozialpartnerschaft vorherrscht, der Staat weniger einmischen. Von betrieblicher Mitbestimmung profitieren also beide Seiten, Arbeitgeber und Arbeitnehmer.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Frank Bsirske [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Doch nicht nur das: Betriebliche Mitbestimmung stärkt auch die Demokratie in unserer Arbeitswelt, und – das haben wir heute schon mehrfach gehört – gerade in Zeiten von gesellschaftlichen Umbrüchen ist dies von fundamentaler Bedeutung. Nehmen wir beispielsweise die Transformation der Arbeitswelt durch die Digitalisierung oder den Klimawandel: Viele Menschen im Land schauen diesen Entwicklungen mit Unsicherheit entgegen; sie machen sich Sorgen um die eigene berufliche Zukunft. Deshalb ist es wichtig, die Transformation der Arbeitswelt nicht als Bedrohung zu begreifen, sondern sie als Chance zu nutzen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, und wie? Durch mehr Mitbestimmungsrechte! Genau darum geht es!)
Damit das gelingt, gilt es, die Menschen in unserem Land verlässlich auf dem Weg der Veränderung mitzunehmen. Konkret heißt das, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer fitzumachen für die Herausforderungen und die Technologien von morgen. Hierzu bedarf es guter Weiterbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen, und es ist ein Fakt, dass dort, wo es aktive Betriebsräte gibt, in der Regel auch gute Übereinkommen für Qualifizierung und Weiterbildung zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern bestehen.
Als Union haben wir in der vergangenen Legislaturperiode gemeinsam mit dem Koalitionspartner dieses Potenzial gesehen, genutzt und gestärkt. In unserem Betriebsrätemodernisierungsgesetz haben wir zum Beispiel das Initiativrecht von Betriebsräten für die Qualifizierung und Berufsbildung gestärkt. Wir haben die Gründung von Betriebsräten vereinfacht und den Kündigungsschutz für all jene gestärkt, die eine Betriebsratsinitiative starten. Durch das Betriebsrätemodernisierungsgesetz sind Betriebsräte digitaler geworden und können sich nun für den Einsatz beispielsweise von künstlicher Intelligenz Sachverstand und Expertise von außen holen. So haben wir die ersten wichtigen und richtigen Schritte getan, um die Betriebsräte fit für das 21. Jahrhundert zu machen.
Doch hier darf die Politik nicht aufhören. Wir von der Union haben beispielsweise Vorschläge eingebracht. Wir haben beispielsweise im vergangenen Herbst einen Antrag ins Parlament eingebracht, unter anderem mit der Forderung, dass die Betriebsratswahlen künftig auch online durchführbar sind – ein ganz wichtiger Beitrag, das Engagement im Betriebsrat familienfreundlicher zu gestalten.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Die Änderungen, die Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der Linksfraktion, am Betriebsverfassungsgesetz vornehmen möchten, stellen aber tiefe Einschnitte in die Arbeitgeberrechte dar. Wir werden sie diskutieren. Es zeichnet sich aber jetzt schon ab, dass sie eher zu einer Schwächung als zu einer Stärkung der Sozialpartnerschaft führen könnten, und es muss doch eigentlich darum gehen, ein gutes Miteinander zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern beizubehalten und zu stärken.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, betriebliche Mitbestimmung war und ist einer der Erfolgsgaranten für unsere Wirtschaft und des gesellschaftlichen Zusammenhalts. Die letzten 70 Jahre haben gezeigt, dass wir diesen Weg des fairen Miteinanders von Arbeitnehmern und Arbeitgebern weiterverfolgen sollten. Für uns als Union steht jedenfalls fest: Sozial ist, was die Sozialpartnerschaft stärkt.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Für Bündnis 90/Die Grünen hat Frank Bsirske das Wort.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie des Abg. Dr. Lukas Köhler [FDP])
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7553172 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 100 |
Tagesordnungspunkt | Betriebliche Mitbestimmung |