Carl-Julius CronenbergFDP - Betriebliche Mitbestimmung
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Fraktion Die Linke legt uns heute Mittag ein umfangreiches Antragspaket mit insgesamt 24 Forderungen vor. Im Wesentlichen wird beklagt, betriebliche Mitbestimmung in Deutschland sei zu wenig verbreitet und zu schwach. Dem widerspreche ich ausdrücklich.
(Zuruf der Abg. Amira Mohamed Ali [DIE LINKE])
Die betriebliche Mitbestimmung ist seit gut hundert Jahren tragende Säule der Sozialpartnerschaft in Deutschland, und das ist gut so, liebe Kolleginnen und Kollegen. Damit das so bleibt, werden wir sie auch kräftig modernisieren.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Sie bedauern, dass lediglich 8 Prozent der Betriebe einen Betriebsrat haben. Unerwähnt bleibt dabei, dass damit knapp die Hälfte aller Beschäftigten durch einen Betriebs- oder Personalrat vertreten werden.
(Amira Mohamed Ali [DIE LINKE]: Na, die Hälfte ist ein bisschen wenig!)
In großen Betrieben und im öffentlichen Dienst sind es sogar fast 90 Prozent. Reden Sie die betriebliche Mitbestimmung in Deutschland nicht klein und schwach! Sie ist es nicht, und auch das ist gut so, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der FDP)
Sie wissen genau, dass Kleinbetriebe mit weniger als 10 Beschäftigten mehr als 75 Prozent aller Betriebe ausmachen. Dort ist das Bedürfnis, einen Betriebsrat zu wählen, naturgemäß gering, weil man das, was zu klären ist, direkt mit der Chefin oder dem Chef bespricht. Diesen Wunsch der Beschäftigten sollten Sie respektieren. Zu Demokratie im Betrieb gehört eben auch die Freiheit, keinen Betriebsrat zu wollen. Da muss man den Arbeitgebern nicht gleich reflexhaft böse Absicht unterstellen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Fraktion Die Linke.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP)
Übrigens ist die Arbeitszufriedenheit in Deutschland unvermindert hoch. Trotz aller Krisen geben mehr als zwei Drittel der Beschäftigten an, mit ihren Arbeitsbedingungen zufrieden oder sehr zufrieden zu sein. Auch diese Zahl ist Ausdruck dafür, dass Arbeitgeber und Belegschaft vertrauensvoll zusammenarbeiten. So steht es in § 2 Betriebsverfassungsgesetz, und so ist es auch, jedenfalls in der weit überwiegenden Mehrheit der Betriebe.
Wichtig für gelingende Betriebsratsarbeit ist, dass auch junge Menschen mitmachen. Das ist bedauerlicherweise zunehmend die Ausnahme. Viele Betriebsräte, die ich kenne, vermissen das Engagement der jüngeren Kollegen. Junge Beschäftigte fremdeln mit der analogen und oft bürokratischen Arbeitsweise. Deshalb digitalisieren wir die Betriebsratsarbeit. Betriebsräte entscheiden zukünftig selbst darüber, ob sie analog oder digital arbeiten. So entwickeln wir Mitbestimmung weiter und stärken die Mitbestimmung und die Betriebsräte, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP)
Viele Menschen blicken mit Sorge auf Strukturwandel und Transformation in ihren Betrieben. Ja, Transformation bedeutet Veränderung; Veränderung löst Unsicherheit aus. Aber ich sage auch: Um im Strukturwandel zu bestehen, sind neben vertrauensvoller Zusammenarbeit zwei Dinge entscheidend: Das sind unternehmerischer Mut zu Investitionen und Geschwindigkeit.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die hier vorgeschlagene Ausweitung der zwingenden Mitbestimmungstatbestände bewirkt das Gegenteil. Sie schwächt die Investitionsbereitschaft und verlangsamt Entscheidungen. Glauben Sie mir: Ich weiß, wie Unternehmer ticken. Wenn sie nicht frei und schnell entscheiden dürfen, dann investieren sie nicht, überhaupt nichts, null Komma null.
(Zuruf der Abg. Susanne Ferschl [DIE LINKE])
Damit genau das aber nicht geschieht, halten sich Arbeitgeber- und Arbeitnehmerrechte in unserer sozialen Marktwirtschaft die Waage. Arbeitgeber können sich auf den grundgesetzlichen Schutz der unternehmerischen Freiheit verlassen. Dafür tragen sie auch Verantwortung und Risiko. Arbeitnehmer hingegen können sich auf umfassenden Schutz bei Arbeitsbedingungen, Entlohnung und auch Kündigung verlassen und haben überall da weitgehende Mitbestimmungsrechte, wo ihre konkreten Arbeitsbedingungen betroffen sind. Rollen und Verantwortung müssen klar verteilt sein. Dann und nur dann entfaltet betriebliche Mitbestimmung ihre Stärken zum Wohle des gesamten Betriebs.
Ich freue mich auf die Beratungen im Ausschuss.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Für die SPD-Fraktion hat das Wort Dr. Zanda Martens.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7553175 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 100 |
Tagesordnungspunkt | Betriebliche Mitbestimmung |