Kaweh MansooriSPD - Betriebliche Mitbestimmung
Frau Präsidentin! Betriebliche Mitbestimmung ist gelebte Demokratie. Gerade in der fremdbestimmten Arbeit macht sie Demokratie erfahrbar. Sie ist Interessensausgleich, sie ist Sozialpartnerschaft.
Wir wissen: Mitbestimmte Unternehmen sind innovativer, nachhaltiger. Die Produktivität ist häufig höher, die geschlechtsspezifischen Lohnunterschiede sind niedriger, die Krankenstände sind niedriger. Studien zeigen sogar, dass die Beschäftigten in mitbestimmten Unternehmen eher zu demokratischen Weltbildern neigen als in nicht mitbestimmten Unternehmen. Mitbestimmung, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, ist ein Erfolgsmodell unserer Demokratie.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der FDP und der LINKEN)
Deswegen: Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten, die Veränderung in der Arbeitswelt auch im Mitbestimmungsrecht abzubilden. Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten, die Fortschritte auch im Arbeitsrecht abzubilden. Wir haben zuletzt dafür gesorgt, dass die Mitbestimmung durch die Rechtsform der Europäischen Aktiengesellschaft nicht umgangen werden kann.
Hubertus Heil hat in der letzten Legislaturperiode dafür gesorgt, dass die Grundlagen für die digitale Betriebsratsarbeit geschaffen wurden.
Wir werden im nächsten Schritt daran arbeiten, Gewerkschaften auch den Zugang zu Betrieben zu ermöglichen, bei denen es keine Betriebsstätte gibt. Wenn Sie im Austausch gerade mit Lieferdiensten sind, die es in fast jeder Stadt in Deutschland gibt, dann werden Sie feststellen, dass es häufig gar keinen Ort gibt, an dem sich die Rider treffen und an dem über Rechte von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern aufgeklärt werden kann. Da haben wir Handlungsbedarf, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der SPD)
Und es ist deutlich geworden: An manchen Stellen muss das Mitbestimmungsrecht auch durch das Strafrecht geschützt werden. Deswegen ist es richtig, dass wir im nächsten Schritt auch dafür sorgen werden, dass Staatsanwaltschaften von Amts wegen einschreiten können. Gerade bei der erstmaligen Wahl von Betriebsräten ist das ein wichtiger Schritt, den wir gehen werden, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Als Berichterstatter für kirchliches Arbeitsrecht will ich Sie aber auch darum bitten, dass wir uns Gedanken darüber machen, wie wir für 2 Millionen Beschäftigte in diesem Land einen Zugang zur betrieblichen Mitbestimmung regeln können, für die das Betriebsverfassungsgesetz heute nicht gilt, obwohl sie gar nichts mit Kirche zu tun haben, sondern Alte pflegen oder Kinder betreuen. Auch da haben wir Reformbedarf, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Deswegen freue ich mich auf die konkreten Beratungen, die vor uns liegen.
Abschließend will ich noch einen grundsätzlichen Punkt nennen. Wenn wir über betriebliche Mitbestimmung reden, dann geht es immer auch um den Kampf für Demokratie an sich. Deswegen – und weil in diesem Moment Menschen vor dem Paul-Löbe-Haus demonstrieren – will ich Sie auf das Schicksal von Jamshid Sharmahd aufmerksam machen. Er ist deutscher Staatsbürger. Er wurde vor drei Jahren aus Dubai entführt; Menschenrechtsaktivist. Er befindet sich seit drei Jahren in Isolationshaft, hat Folter erlebt. In dieser Woche ist bekannt geworden, dass der iranische Staat ihn hinrichten will. Schreiben Sie dem iranischen Botschafter in Berlin! Tun Sie alles, um das Leben dieses Mannes zu retten! Denn der Kampf für Demokratie findet überall statt: in den Betrieben, in den Parlamenten, auf der ganzen Welt.
Ich danke Ihnen.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der FDP und der LINKEN)
Danke für diese wichtige Botschaft am Ende Ihrer Rede.
Ich erteile das Wort dem letzten Redner in der Debatte: Armand Zorn.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7553178 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 100 |
Tagesordnungspunkt | Betriebliche Mitbestimmung |