Stephan MayerCDU/CSU - Verbandsklagenrichtlinienumsetzungsgesetz
Sehr verehrte Frau Präsidentin! Sehr verehrte Kolleginnen! Sehr geehrte Kollegen! Herr Bundesminister Buschmann, es entbehrt aus meiner Sicht nicht einer gewissen Ironie, dass Sie in Ihrer Rede mehr Tempo für die Bundesregierung angemahnt haben, da wir doch heute über einen Gesetzentwurf sprechen, bei dem wir weit hinter der von der EU gesetzten Frist liegen.
Um das noch mal in Erinnerung zu rufen: Die Verbandsklagenrichtlinie der Europäischen Union stammt vom 25. November 2020. Die Umsetzungsfrist lief am 25. Dezember 2022 ab. Wir sind also längst verfristet. Die Regelungen der Verbandsklagenrichtlinie müssen ab dem 25. Juni 2023 definitiv angewandt werden. Ich finde es schon reichlich bedenklich – das sage ich ganz offen –, dass die Ampelkoalition uns jetzt im Deutschen Bundestag für die Beratung dieses wichtigen Gesetzentwurfes, für den sich die Bundesregierung, wie gesagt, 16 Monate Zeit gelassen hat, weniger als einen Monat geben will. Das ist aus meiner Sicht nicht sachgerecht. Das ist nicht angemessen, und es wird auch der Bedeutung dieses wichtigen Gesetzes in keiner Weise gerecht.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Zu dem Gesetzentwurf kann ich nur sagen: Gut gemeint, aber schlecht gemacht. Das sagen nicht nur der Kollege Dr. Plum und ich. Da könnte man ja noch sagen: Typisch Opposition; die muss den Gesetzentwurf der Bundesregierung kritisieren. – Herr Kollege Buschmann, meine Kolleginnen und Kollegen von der Ampelkoalition, lesen Sie mal die Stellungnahmen vom Deutschen Anwaltsverein, von der Bundesrechtsanwaltskammer, vom Deutschen Richterbund, vom Bayerischen Staatsministerium der Justiz. Sie lassen alle kein gutes Haar an Ihrem Gesetzentwurf und mahnen deutlichen Änderungs- und Verbesserungsbedarf an.
Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, der Schwerpunkt dieses Gesetzentwurfes ist die sogenannte Abhilfeklage. Um eines in aller Deutlichkeit festzuhalten: Natürlich ist die CDU/CSU für eine Stärkung der Verbraucherschutzrechte. Wir sind auch dafür, dass kollektive Rechtsbehelfe deutlich effektiver ausgebaut werden.
(Dr. Till Steffen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Top!)
Nur: Der Gesetzentwurf wird zwei Interessen bzw. zwei Zielen in keiner Weise gerecht: Erstens werden Verbraucherschutzrechte nicht gestärkt.
(Nadine Heselhaus [SPD]: Doch!)
Zweitens wird die Justiz in Deutschland mittels dieses Gesetzentwurfes in keiner Weise entlastet.
(Zuruf von der CDU/CSU: Was macht diese Regierung?)
Das lässt sich auch ganz klar an unterschiedlichen Themen festmachen, zum Beispiel daran, was die Klagebefugnis anbelangt. Es ist in keiner Weise geklärt: Dürfen auch kleine Unternehmen mit weniger als 50 Mitarbeitern und maximal 10 Millionen Euro Jahresumsatz eine Verbandsklage, eine Abhilfeklage erheben? Sie dürfen sich unstreitig einer Klage anschließen, die von Verbrauchern eingereicht wurde. Aber dürfen sie sie auch selbst erheben? Sind Soloselbstständige auch wie kleine Unternehmer zu behandeln? Das ist in keiner Weise geklärt.
Der wichtige Punkt des Verhinderns von Interessenkollisionen, von Interessenkonflikten ist in § 4 des Gesetzentwurfes nicht stichhaltig geregelt. Es ist nicht klar, ob dem Gericht auch ein Ermessensspielraum zusteht, wenn es darum geht, eine Klage möglicherweise auszuschließen, wenn eine konkrete Interessenkollision vorhanden ist. Die jetzige Regelung in § 4 ist zu eng, weil feststehen muss, dass diese Klage zulasten der Verbraucher geht. Wir mahnen an, genauso wie es auch die Bundesrechtsanwaltskammer tut, dass hier entsprechend ein Ermessenspielraum für das Gericht eingeräumt wird.
Zu § 28, was die Funktion des Sachwalters anbelangt. Es ist in dem Gesetzentwurf nicht geklärt, ob der Sachwalter auch Treuhänder ist.
Zu § 38 des Gesetzentwurfes, in dem es um Insolvenzverfahren geht. Es ist dort leider nicht genau geklärt, ob sich diese Klage nur gegen bereits befriedigte Anspruchsgläubiger im Insolvenzverfahren richtet. Denklogisch ist dies der Fall, aber es muss aus unserer Sicht auch klar im Gesetzentwurf geregelt werden.
Zu § 45 ff. ist zu sagen: Die Anmeldung in den Registergerichten ist auch noch sehr unklar.
Deswegen möchte ich klar festhalten: Dieser Gesetzentwurf ist deutlich verbesserungsbedürftig. Wir bringen uns, um auch dies klar zu sagen, als konstruktive Opposition sehr gerne in die Verhandlungen mit ein. Ich bin gespannt, ob Sie auf uns zukommen. Ich würde uns als Hohes Haus anmahnen, –
Kollege.
– dass wir uns hier nicht unnötig unter Zeitdruck setzen, sondern diesen wichtigen Gesetzentwurf wirklich sehr gewissenhaft und sorgfältig behandeln.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Das Wort hat die Kollegin Linda Heitmann für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7553194 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 100 |
Tagesordnungspunkt | Verbandsklagenrichtlinienumsetzungsgesetz |