Gerold OttenAfD - Rüstungsbeschaffungswesen
Frau Präsidentin! Liebe Kollegen! Offsets bei Rüstungsgeschäften im Ausland werden den meisten eher unbekannt sein. Das ist zunächst auch kein Problem. Ein Problem ist aber, dass Deutschland freiwillig auf Offset-Forderungen bei eigenen Rüstungsgeschäften im Ausland verzichtet.
Was also sind Offset-Geschäfte, auch Kompensationsgeschäfte genannt? Kann der Staat den Bedarf an Rüstungsgütern nicht bei der heimischen Industrie decken, ist er gezwungen, diese im Ausland zu beschaffen. Um aber einen wirtschaftlichen Ausgleich für die dadurch entgangene Wertschöpfung zu erlangen und den Abfluss von Steuermitteln ins Ausland zu kompensieren, werden ausländische Rüstungslieferanten vertraglich verpflichtet, im Gegenzug einen Teil der Kaufsumme im Staat des Beschaffers zu reinvestieren. Das ist Offset.
Ein Beispiel aus jüngster Vergangenheit. Australien wollte 211 Radpanzer vom Typ Boxer bei der deutschen Firma Rheinmetall kaufen. Als Kompensation musste Rheinmetall dafür in Australien eine Fertigungslinie errichten. Warum hat Australien das gefordert? Weil es in der Natur eines gesunden Staates liegt, wehrtechnisch souverän sein zu wollen. Australien hat das verstanden und profitierte von der Inlandsproduktion gleich in mehrfacher Hinsicht: Erstens. Es erlangte wehrtechnische Souveränität. Zweitens. Es sicherte die Einsatz- und Verfügungsbereitschaft des Waffensystems. Drittens. Es sicherte die Wertschöpfung im eigenen Land. Im Klartext: Australische Bürger erhielten hochwertige Arbeitsplätze, der Staat Steuereinnahmen.
(Zuruf des Abg. Hannes Walter [SPD])
Warum nun dieser Antrag? Deutschland verzichtet auf Offset-Forderungen und steht damit weltweit ziemlich allein da. Man macht das mit Blick auf das Ideal des Freihandels und wegen der EU-Gesetzgebung, die Offset angeblich verbietet. Übersehen wird aber: Offset bei Rüstungsgeschäften ist gelebte Realität in allen normalen Staaten. Schauen Sie aktuell nach Finnland oder in die Schweiz, Staaten, die Offset beim Kauf der F-35 vertraglich verankert haben: Milliardensummen fließen zurück in diese Länder. Deutschland beschafft ebenfalls die F-35, aber nicht ein Cent des Kaufpreises fließt zurück in die deutsche Volkswirtschaft.
(Zuruf von der AfD: Skandal! – Sara Nanni [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bullshit! Grundfalsch!)
– An dem Zwischenruf merkt man schon wieder die grüne Kompetenz.
(Heiterkeit bei Abgeordneten der AfD – Tobias B. Bacherle [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hat Sie das jetzt aus dem Konzept gebracht, oder was?)
Auch der Verweis auf die EU ist nicht stichhaltig. Artikel 346 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union erlaubt Offset als Maßnahme zur Wahrung wesentlicher Sicherheitsinteressen ausdrücklich.
Meine Damen und Herren, Deutschland benötigt dringend neue Radpanzer vom Typ Boxer. In Deutschland fehlen die Kapazitäten zur Fertigung. In Australien sind sie nun vorhanden – dank Offset. Jetzt kauft Deutschland mehr als 100 Boxer für circa 1,8 Milliarden Euro in Australien. Die Wertschöpfung findet dort statt, nicht hier. Würde Deutschland nur 60 Prozent Offset fordern, würden mehr als 1 Milliarde Euro in die deutsche Industrie zurückfließen, vor allem in kleine und mittelständische Unternehmen, dort die Arbeitsplätze sichern und Steuereinnahmen für den Staat generieren.
Sie sehen also: Es ist dringend geboten, Kompensationsgeschäfte auch in Deutschland gesetzlich zu verankern. Stimmen Sie also unserem Antrag zu, damit ein großer Teil des Steuergelds zurück nach Deutschland fließen kann, sodass deutsche Arbeitsplätze gesichert werden,
(Beifall bei der AfD)
die Wertschöpfung hier im Land erfolgt und unsere wehrtechnische Souveränität erhalten bleibt – so wie es eben alle normalen und souveränen Staaten machen!
Danke.
(Beifall bei der AfD – Sara Nanni [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: „Normalen“!)
Nächster Redner ist Johannes Arlt für die SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Alexander Müller [FDP])
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7553301 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 100 |
Tagesordnungspunkt | Rüstungsbeschaffungswesen |