Jens PeickSPD - Stärkung der Aus- und Weiterbildungsförderung
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Abgeordnete! Wen Sie auch fragen – ob das Handwerk, die IHK, die Gewerkschaften –, alle werden Ihnen sagen: Die betriebliche Ausbildung ist eine Säule des Wohlstands in unserem Land und ein Erfolgsmodell. – Deshalb entscheidet sich mehr als ein Drittel aller Jugendlichen zu Recht für diesen Weg. Trotzdem nimmt die Zahl der Ausbildungsplätze ab. Trotzdem sind über 200 000 junge Menschen in einer Warteschleife. Und trotzdem haben 1,38 Millionen junge Menschen zwischen 20 und 30 Jahren keinen Berufsabschluss, und das, obwohl in vielen Regionen, wie wir gerade schon gehört haben, Unternehmen und Betriebe händeringend Fachkräfte suchen.
Mit dem Aus- und Weiterbildungsgesetz als Teil der Fachkräftestrategie der Bundesregierung gehen wir das jetzt an. Denn da, wo der Ausbildungsmarkt versagt, muss der Staat helfen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Wir stärken genau deshalb die Berufsorientierung, damit junge Menschen ihre Ausbildungschancen kennen. Wir fördern die Mobilität. Denn wer bereit ist, einen Ausbildungsplatz anzunehmen, der weiter weg liegt, der soll auch die Möglichkeit bekommen, seine Eltern, seine Familie, seine Freunde regelmäßig zu besuchen. Aber das Wichtigste: Wer trotz intensiver Bemühungen keine Ausbildungsstelle bekommt, dem garantieren wir einen außerbetrieblichen Ausbildungsplatz. Damit schaffen wir einen Rechtsanspruch auf Ausbildung.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Die Ausbildungsgarantie ist seit Langem ein wichtiges Anliegen der SPD, weil es eine Frage des Respekts ist, dass wir junge Menschen nach der Schule nicht einfach abschreiben, dass wir ihnen nicht selbst die Schuld für fehlende Ausbildungsplätze geben. Ja, wir machen Schluss mit der Mär von nicht ausbildungsfähigen Jugendlichen in diesem Land.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Denn es ist unsere Aufgabe, sie zu unterstützen und ihnen den Weg für ein gutes und selbstbestimmtes Leben freizumachen.
Herr Peick, gestatten Sie eine Zwischenfrage oder ‑bemerkung der Kollegin Tatti aus der Fraktion Die Linke?
Ja, bitte.
Vielen Dank, Herr Peick, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. – Sie haben ja gerade auch noch mal die Ausbildungsgarantie erwähnt. Wir sind uns einig darin, dass die betriebliche Ausbildung natürlich vor der außerbetrieblichen Ausbildung Vorrang haben muss.
Aber ich möchte noch mal daran erinnern: In dem Gesetzentwurf der Bundesregierung steht, dass Sie nicht erwarten, so mehr als 7 000 Ausbildungsplätze an Jugendliche zu vergeben. Deswegen frage ich mich, warum Sie nicht ein weiteres Instrument eingeführt haben, wie zum Beispiel, dass Unternehmen einen Beitrag an einen Ausbildungsfonds leisten und dass Ausbildungen daraus mitfinanziert werden müssen,
(Beifall der Abg. Susanne Ferschl [DIE LINKE])
um so auch die betriebliche Ausbildung zu fördern, damit junge Menschen wieder mehr Chancen haben, eine betriebliche Ausbildung machen zu können. Das würde ich gerne von Ihnen wissen.
(Beifall bei der LINKEN)
Die Schätzung, wie viele außerbetriebliche Ausbildungsplätze zusätzlich geschaffen werden, geht natürlich davon aus, dass die Maßnahmen, die wir vorher ergreifen, gut passen, dass wir die Berufsorientierung stärken, dass wir die Jugendberufsagenturen stärken, dass wir die Mobilität fördern und natürlich auch untergesetzliche Maßnahmen, die zur Fachkräfte- und Ausbildungsstrategie gehören, wie zum Beispiel das Azubi-Wohnen, weiter ausbauen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Das Entscheidende an der Stelle ist für uns auch nicht, wie die Schätzung aussieht, sondern dass wir einen individuellen Rechtsanspruch schaffen.
(Zuruf der Abg. Jessica Tatti [DIE LINKE])
Da, wo das System nicht funktioniert, wird es einen Rechtsanspruch geben, und den können junge Menschen in Anspruch nehmen. Deswegen ist das ein Recht auf Ausbildung.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Aber – ich will in meiner Rede fortfahren – das heißt nicht, dass wir mit der Ausbildungsgarantie die Unternehmen aus ihrer Verantwortung entlassen. Im Gegenteil: Wir erwarten auch deutlich mehr Anstrengung der Wirtschaft für mehr betriebliche Ausbildungsplätze. Es kann nicht sein, dass diese Verantwortung auf den Staat abgeschoben wird.
(Beifall bei der SPD)
Ich sage auch deutlich zu den kritischen Stimmen, die behaupten, dass das sehr teuer wird: Es stimmt, eine Ausbildungsgarantie kostet viel Geld. Aber: Keine Ausbildungsgarantie kostet mehr.
(Beifall des Abg. Sebastian Hartmann [SPD])
Denn „kein Berufsabschluss“ heißt für junge Menschen: ein Leben lang weniger Gehalt, ein höheres Risiko von Arbeitslosigkeit und die Gefahr gesellschaftlicher Ausgrenzung, ganz zu schweigen von den Kosten für die Wirtschaft wegen fehlender Fachkräfte.
Aber das Versagen am Ausbildungsmarkt darf nicht zulasten der jungen Menschen gehen und die Unwilligkeit, Auszubildende zu nehmen, die keinen geraden Lebenslauf haben, auch nicht. Deswegen machen wir es mit diesem Gesetz vor. Wir machen den ersten Schritt. Jetzt bitten wir die Wirtschaft, nachzuziehen, und erwarten das auch.
In diesem Sinne: Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Die nächste Rednerin – für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Emilia Fester – hat heute ihren 25. Geburtstag. Herzlichen Glückwunsch!
(Beifall)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7553328 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 101 |
Tagesordnungspunkt | Stärkung der Aus- und Weiterbildungsförderung |