André BergheggerCDU/CSU - Kommunalgipfel, Asyl- und Migrationspolitik
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Ich werde mich mal der Perspektive der Kommunen im engeren Sinne widmen und hoffe, Herr Thomae, dass das nicht zu pauschal werden wird.
Eine beispiellos hohe Zahl an Schutzsuchenden wurde in den letzten Monaten von den Städten, Gemeinden und Landkreisen aufgenommen – und das in Zeiten von akutem Wohnmangel, von fehlenden Kitaplätzen und eines ausgelasteten Bildungswesens. Das ist eine enorme Herausforderung in dieser Situation. Unsere Kommunen – das kann man, glaube ich, gar nicht oft genug betonen – leisten dabei Herausragendes. Deswegen an dieser Stelle großen Dank hierfür!
(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Stephan Thomae [FDP])
Konkret wird jedoch das Dilemma zwischen Humanität und tatsächlichen Möglichkeiten vor Ort immer größer. Erstorientierungskurse, Sprachkurse, Integrationskurse sind überlastet oder kaum verfügbar. Der Bildungserfolg der Kinder wird gefährdet. Integration kann unter solchen Rahmenbedingungen nicht gut gelingen; sie findet vielerorts teilweise gar nicht mehr statt. Deutschland muss sich aber auch in Zukunft auf Migrationssituationen durch Krisen einstellen; denn die organisatorischen, finanziellen und bürokratischen Strukturen sind darauf noch nicht ausreichend vorbereitet. Zeitenwende, liebe Kolleginnen und Kollegen, bedeutet für uns auch: Neuausrichtung der Migrationspolitik.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Die Kommunen brauchen in dieser Situation dringend Entlastung. Sie brauchen nicht nur, aber auch eine dauerhafte, eine verlässliche und eine angemessene finanzielle Unterstützung, insbesondere durch den Bund, aber natürlich auch durch die Länder. Was heißt das?
Dauerhaft. Das bedeutet, wir dürfen uns nicht jedes Mal von Flüchtlingsgipfel zur Flüchtlingsgipfel hangeln.
Verlässlich. Das bedeutet, die Bundesregierung darf nicht immer wieder nach Ausreden suchen, warum eine Unterstützung gerade nicht geht, und vor allen Dingen darf sie keine Gründe anführen, die nichts mit der aktuellen Migrationssituation zu tun haben. Denn die Migrationssituationen können die Kommunen nicht beeinflussen, die Bundesregierung schon, wie wir hier gehört haben.
(Andrea Lindholz [CDU/CSU]: Ja, so ist es!)
Angemessen. Das bedeutet, die Unterstützung muss abhängig von den tatsächlichen Flüchtlingszahlen sein und an den tatsächlichen Kosten vor Ort orientiert sein. Und die Gelder müssen vom Bund eins zu eins weitergeleitet werden. Grundlage für eine solche finanzielle Unterstützung könnte das jahrelang praktizierte – seit 2015 –, aus meiner Sicht bewährte, aber Ende 2021 ausgelaufene Vier-Säulen-Modell sein. Ich rufe hier noch mal in Erinnerung:
Es gab erstens eine Pro-Kopf-Zahlung für jeden Monat während des Asylverfahrens von ermittelten – nicht geschätzten – 670 Euro.
Es gab zweitens einen Festbetrag für unbegleitete minderjährige Asylbewerber. Die bedürfen doch der intensiven Begleitung; und diese Situation gibt es nach wie vor.
Es gab drittens eine Anerkennung der Integrationsleistung vor Ort. Diese erfolgte über Jahre in unterschiedlichsten Stufen. Sie betrug am Anfang 2 Milliarden Euro, ist über die Jahre über 700 Millionen Euro auf 500 Millionen Euro abgeschmolzen und jetzt eingestellt worden; sie ist ausgelaufen. Aber die Kosten fallen doch nach wie vor an.
Viertens brauchen wir zu guter Letzt die vollständige Übernahme der Unterkunftskosten für anerkannte Flüchtlinge,
(Beifall bei der CDU/CSU)
orientiert an den tatsächlich unterschiedlichen Kosten vor Ort – denn die variieren gewaltig – und vor allen Dingen inklusive Vorhaltekosten.
Da bedarf es auch keiner Verwunderung, Frau Ministerin, warum die Kommunen aktuell nicht mehr so viel Wohnraum vorhalten können. Das hat einfach zwei Gründe: Erstens. Es gab eine Zeit, da konnte Wohnraum von den Kommunen gar nicht mehr bezahlt werden. Zweitens. Den gibt es jetzt schlicht und ergreifend nicht mehr. – Diesem Problem müssen wir uns widmen.
Für 2023 gibt es für diese Kosten eine Pauschale für die Kommunen von 2,75 Milliarden Euro, im letzten Jahr waren es noch 3,5 Milliarden Euro – und das bei steigenden Zahlen an Asylbewerbern und bei einer festen Bindung des größten Teils dieser Mittel für ukrainische Flüchtlinge. Das geht doch nicht zusammen. Das passt doch nicht. Das wird nicht aufgehen. Das weiß doch auch die Bundesregierung.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Sehr geehrte Frau Ministerin, das Vier-Säulen-Modell ist eine gute Grundlage für die Ministerpräsidentenkonferenz im Mai.
Herr Kollege, kommen Sie zum Schluss, bitte.
Insgesamt soll unser Antrag einen Beitrag dazu liefern, eine zukunftsfeste Migrationspolitik unter Anerkennung und Wertschätzung – nicht zuletzt der finanziellen Wertschätzung – der Leistung der Kommunen umzusetzen. Denn ohne sie wird es nicht gehen.
Vielen Dank fürs freundliche Zuhören.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Berghegger. – Als nächster Redner hat das Wort der Kollege Rainer Semet, FDP-Fraktion.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7553345 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 101 |
Tagesordnungspunkt | Kommunalgipfel, Asyl- und Migrationspolitik |