Fabian GramlingCDU/CSU - Weiterbetrieb von Kernkraftwerken
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die AfD kommt wieder mal mit einem plumpen Gesetzentwurf daher und fordert, sechs Kernkraftwerke pauschal zehn Jahre länger laufen zu lassen. Wenn diese dann nicht am Netz sein sollten, soll der Steuerzahler dafür bezahlen. Das ist Ihr konzeptloser Plan, der in Planwirtschaft mündet. Sie bestätigen damit heute erneut, was wir wöchentlich erleben: Sie treten hier auf mit populistischen Anträgen und Gesetzentwürfen ohne Substanz. Deshalb gehe ich lieber auf die aktuelle Situation ein und möchte hier mit drei Ampelmärchen aufräumen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen der Ampelfraktionen, in der heutigen Debatte wurde mehrfach wie schon in der Vergangenheit diese 16-Jahre-CDU-Leier aufgegriffen. Ich bitte Sie darum, das zu überdenken; denn zum einen wird es langsam langweilig, und zum anderen hat man heute auch wieder Ihr Loblied auf die Erneuerbaren gehört und vernommen, dass wir selbst erneuerbaren Strom exportieren. Und warum können wir das? Das können wir auch dank 16 Jahre CDU-geführter Bundesregierung. Deswegen: Herzlichen Dank für Ihr Lob!
(Beifall bei der CDU/CSU – Lachen bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
– Sie brauchen jetzt nicht darüber zu lachen.
(Bernhard Herrmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ein Windrad in Sachsen! Ein Windrad pro Jahr!)
Nutzen Sie Ihre Energie lieber für ein vernünftiges Heizungsgesetz! Dafür wären die Menschen in unserem Land Ihnen sehr verbunden.
(Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sehr, sehr peinlich!)
Zweitens. Sie wollen uns immer in die fossile Schublade stecken. Da frage ich mich, ob Sie bei der großen Eröffnungsbilanz Ihres Energieministers im Januar 2022 aufmerksam zugehört haben. Damals hat Minister Habeck vor der gesamten Presse im Bund erklärt, dass wir in Zukunft mehr Gaskraftwerke brauchen werden, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Mit dieser Annahme hat er auch absolut recht. Auch die Union hat Gaskraftwerke immer als Brückentechnologie angesehen. Mit dem Angriffskrieg von Putin gegen die Ukraine hat sich die Ausgangslage aber geändert,
(Andreas Bleck [AfD]: Und was ist jetzt die Alternative?)
Und wenn es eine neue Situation gibt, dann sollte man die Strategie entsprechend anpassen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Der Minister kann noch so oft davon sprechen, dass wir kein Stromproblem haben. Fakt ist: Mit dem Abschalten der Kernkraftwerke ist beim Ampelstrommix der Kohlestrom in Deutschland auf 36 Prozent gestiegen.
(Bernhard Herrmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie wollen in einer Dunkelflaute das AKW zuschalten wie eine Waschmaschine?)
Sie verbrennen Kohle, als ob es kein Morgen gäbe, und blasen unnötig tonnenweise CO2 in die Luft.
(Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist ja kompletter Quatsch!)
Das ist die Realität. So sieht der Ampelklimaschutz aus.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der AfD – Bernhard Herrmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ein AKW ist keine Waschmaschine!)
Drittens. Liebe Kolleginnen und Kollegen der Ampel, ich lege Ihnen auch mal einen Grundkurs für Netzstabilität ans Herz. Bei der letzten Debatte hat schon ein Kollege von der FDP ausgeführt, dass es auf dem Strommarkt immer eine Balance von Angebot und Nachfrage braucht. Bei minimalen Spannungsabweichungen kann es eben zu Stromausfällen oder auch zu Blackouts kommen.
(Bernhard Herrmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Netzbetreiber sagen das Gegenteil! Warum das?)
Die Zahlen belegen, dass die deutsche Versorgungssicherheit aktuell von französischen Kernkraftwerken, von belgischen Kernkraftwerken, von Schweizer Kernkraftwerken und von Kohlekraftwerken aus Polen und Tschechien sichergestellt wird. Das ist die Realität in unserem Land, liebe Kolleginnen und Kollegen. Gerade deshalb kann niemand verstehen, warum diese Regierung die letzten drei Kernkraftwerke abgeschaltet hat.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Andreas Bleck [AfD]: Was folgt denn jetzt aus der Erkenntnis? Die ist ja richtig! Wo soll die Energie denn herkommen?)
Erst recht ist der Grund, warum man das macht, nicht erkennbar, wenn der Minister in der Ukraine Anfang April erklärt – mit Erlaubnis der Präsidentin zitiere ich –:
Die Ukraine wird an der Atomkraft festhalten. Das ist völlig klar – und das ist auch in Ordnung, solange die Dinger sicher laufen. Sie sind ja gebaut.
Liebe Kolleginnen und Kollegen der Ampel, diesen Blick auf die Realität im Ausland würde ich mir auch mal bei der Regierungsarbeit bei uns in Deutschland wünschen;
(Beifall bei der CDU/CSU)
denn Ihre Politik schadet unserem Land, sie schadet den Menschen, und am Ende des Tages schadet sie auch dem Klima. Deshalb erwarten wir, dass die Regierung endlich unsere Fragen beantwortet: Wann kommt der Energiestresstest für den kommenden Winter? Wann kommt die Deutschlandgeschwindigkeit beim Wasserstoffhochlauf? Ich habe mal angefragt: Die Bundesländer fordern einen Austausch mit dem Minister. Die letzte Sitzung des Bund-Länder-Arbeitskreises „Wasserstoff“ war vor eineinhalb Jahren. Seitdem herrscht Funkstille; es ist nichts passiert. Wir warten hier im Deutschen Bundestag auf die Wasserstoffstrategie. Fehlanzeige! Die Regierung liefert nicht. Daran sieht man, wo die Regierung ihre Schwerpunkte hat.
(Bernhard Herrmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die beschäftigt ihr gerade sinnlos mit Atomenergie! Und ihr beschwert euch dann, dass nichts kommt!)
Weil Sie immer von Wissenschaft sprechen und Experten erwähnen: Ich würde mir wünschen, dass Sie mal auf den Rat Ihrer Wirtschaftsweisen hören. Veronika Grimm nannte es „hochproblematisch“, dass man bei der Abschaltung der Kernkraftwerke die Vor- und die Nachteile nicht ehrlich abgewogen hat, und ist der Ansicht, dass man der Bevölkerung nichts vormachen soll.
(Bernhard Herrmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Gramling, das ist Ihr Beschluss von 2011! – Zurufe der Abg. Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Bruno Hönel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Sie ignorieren Ihre Experten. So geht die Ampel mit ihren eigenen Experten um. Ich finde das mehr als beschämend.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Politik beginnt mit dem Betrachten der Wirklichkeit.
(Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, genau! Das sollten Sie mal tun!)
Mit Ihrer Politik nehmen Sie die Energieengpässe leichtsinnig in Kauf und haben sich bewusst für klimaschädliche Kohle entschieden.
(Andreas Bleck [AfD]: Was sind die Konsequenzen daraus?)
Diese Verantwortung müssen Sie alleine tragen, auch in den nächsten Wahlkämpfen. Das plumpe AfD-Gesetz lehnen wir ab.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Jan-Niclas Gesenhues [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie fordern doch, die Kohle noch länger laufen zu lassen! – Bernhard Herrmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Kretschmer fordert die Kohle bis 2038, Herr Gramling! Fragen Sie ihn mal, was das soll! Völlig unglaubwürdig! Der lässt sogar Dörfer abreißen dafür! Sorbische Dörfer! – Gegenruf des Abg. Fabian Gramling [CDU/CSU]: 36 Prozent!)
Nächster Redner ist für Bündnis 90/Die Grünen Harald Ebner.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie der Abg. Judith Skudelny [FDP])
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7553373 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 101 |
Tagesordnungspunkt | Weiterbetrieb von Kernkraftwerken |