Sebastian HartmannSPD - Durchsetzung des Asyl- und Aufenthaltsrechts
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist nicht schwierig, die Wahrheit auszusprechen; denn zu einem Asyl- und Migrationsverfahren gehören auch Abschiebungen,
(Christoph de Vries [CDU/CSU]: Das fällt zum ersten Mal in der heutigen Debatte!)
aber, liebe Union, nicht nur Abschiebungen. Zu einem funktionierenden Asylsystem gehört vor allen Dingen ein rechtsstaatliches Verfahren, das sich darauf konzentriert, dass Menschen, die tatsächlich Fluchtgründe und Asylgründe haben, in diesem System schnell und rechtssicher aufgenommen werden, meine Damen und Herren.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Stephan Thomae [FDP])
Da ist die Trennlinie zwischen der Ampelkoalition und der Union. Die Union redet immer über einzelne Punkte in der Migrationsfrage, die ihr gerade genehm sind, je nachdem, ob sie in der Opposition ist oder in der Regierung. Heute konzentriert sie sich auf das Thema Abschiebungen.
(Detlef Seif [CDU/CSU]: Grenzkontrollen!)
Plötzlich entdeckt sie ihr Herz für die Kommunen und möchte die Kommunen entlasten. Als sie in Regierungsverantwortung war, hatte sie kein Herz für die Kommunen, als es darum ging, Geld für Unterbringung und Versorgung und auch Rückführung zur Verfügung zu stellen,
(Andrea Lindholz [CDU/CSU]: Wir haben die Kommunen entlastet, Herr Hartmann! Wir haben die Kommunen entlastet! Das sind echte Fake News!)
was übrigens eine Länderaufgabe ist.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der FDP – Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Das ist dummes Zeug, was Sie hier erzählen!)
Der nächste Punkt, wo die Union ihr Herz für die Kommunen hätte entdecken können, ist die Altschuldenfrage. Es ist eine gemeinsame Verantwortung, dass wir die Kommunen von den Kosten freistellen, die frühere nicht konnexitäre Gesetze verursacht haben. Dann könnte man das finanzieren, was Wohnen, Mobilität und entsprechend das Leben angeht. Aber auch dort ist eine Fehlstelle, liebe Kolleginnen und Kollegen der Union.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Stephan Thomae [FDP])
In der Debatte wird es endgültig schräg, wenn plötzlich Dinge vorgehalten werden, die jetzt in der Ampelkoalition angepackt werden.
(Andrea Lindholz [CDU/CSU]: Da wird gar nichts angepackt!)
Zur Wahrheit gehört: Es ist nicht nur ein nationalstaatliches Verfahren beim Asylverfahren, sondern es ist eine gemeinsame europäische Verantwortung. Hier ist die Ampelkoalition auf einem sehr, sehr guten Weg, was die Union in den 16 vergangenen Jahren nicht geschafft hat.
(Beifall der Abg. Peggy Schierenbeck [SPD] und Dr. Ann-Veruschka Jurisch [FDP] – Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Können Sie mal sagen, mit wem wir regiert haben?)
Es gibt eine geeinte Position zwischen der Außenministerin und der Innenministerin, wenn wir bei einem Neustart des GEAS dafür sorgen, dass sich nicht nur einzelne Staaten in Europa um ein einheitliches Asylverfahren bemühen – Deutschland kommt hier seiner Verantwortung wunderbar nach in einer so dramatischen Situation –, sondern dass es ein einheitliches Verfahren in allen Staaten gibt;
(Marc Henrichmann [CDU/CSU]: Ankündigungspolitik!)
denn wir wollen Asyl und Migration gemeinsam in Europa. Dazu gehört auch, dass wir EU-rechtsstaatliche Verfahren an den Außengrenzen durchführen, um uns auf die zu konzentrieren, die tatsächlich Asylgründe haben.
Der zweite Punkt betrifft eine nationale Frage. Wir stehen hier im Wettbewerb. Wir wollen mehr legale Einwanderung erreichen, indem wir eine Fachkräfteeinwanderungsoffensive starten, indem wir uns um Arbeitskräfte für die Millionen offene Stellen bemühen. Das wollen wir steuern. Hierzu hat die Ampelkoalition ein Gesetz zur Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung auf den Weg gebracht.
Der dritte Punkt ist, dass wir erkennen, dass es eine geteilte Verantwortung in einem föderalen Staat gibt. Die Union blendet aus, dass für Rückführungen aus Deutschland die Länder zuständig sind. Die Länder sind zuständig, wenn es um die Abschiebung, um die Rückführung geht. Aber der Bund sagt nicht wie in der Vergangenheit unter Horst Seehofer und Angela Merkel: „Das interessiert uns nicht. Wir bezahlen es nicht. Wir kümmern uns nicht drum“, sondern wir haben gestern in der Ministerpräsidentinnen- und Ministerpräsidentenkonferenz gesehen, dass der Bund unterstützen wird.
Wir werden das tun, indem wir Verfahrensvereinfachungen durchführen, indem wir Rückführungsabkommen schließen. Aber wir wollen vor allen Dingen Migrationsabkommen schließen.
(Zustimmung der Abg. Peggy Schierenbeck [SPD] – Michael Brand [Fulda] [CDU/CSU]: Macht das doch endlich mal!)
Denn die Vergangenheit hat doch gezeigt, dass einige Staaten Menschen auch dann nicht aufnehmen, wenn sie ausreiseverpflichtet sind. Das Ergebnis von 16 Jahren Merkel und Seehofer ist, dass Hunderttausende von Menschen in Dauerkettenduldungen waren.
(Zuruf des Abg. Christoph de Vries [CDU/CSU])
Auch hier hat die Ampel eine Lösung angeboten, indem wir ein Chancen-Aufenthaltsrecht geben und sagen: Unter bestimmten Konditionen könnt ihr einen verfestigten Aufenthaltsstatus haben.
Es gibt keinen Grund, sich in der Migrationsdebatte zu verstecken. Es gibt aber viel Grund für die Union, in sich zu gehen und nachzudenken, dass sie es wagt, diese Debatte hier heute so zu führen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP – Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Dass der größte Applaus von ganz rechts außen kommt, meine Herren von der Union, dürfte Ihnen doch zu denken geben. Denn es sagten ja andere: Nachher wird das Original gewählt. – Die Menschen in diesem Land werden sehr schnell identifizieren, was zur Blaupause missbraucht wird, was zur Projektionsfläche dient und in Wahrheit keine einzige Lösung anbietet.
Die Dinge, die Sie in Ihren 16 Jahren Einwanderungs- und Migrationspolitik nicht hinbekommen haben, löst eine progressive Fortschrittskoalition.
(Alexander Throm [CDU/CSU]: Das lag an der SPD!)
– Es lag nicht an der SPD; denn ein SPD-Kanzler wird das lösen, was Sie nicht getan haben.
(Alexander Throm [CDU/CSU]: Sehr mutig!)
Lassen Sie mich schließen mit den Punkten, bei denen ich noch mal auf die Kommunen eingehen möchte. Ich weiß, dass die Wahrheit wehtut, aber wir werden über die Wahrheit reden, wenn Sie das Thema aufmachen.
(Zurufe von der AfD)
Wir haben sowohl für den Bereich der Fachkräfte als auch für die Arbeitskräftemigration echte Gesetze, echte Angebote.
(Zuruf des Abg. Michael Brand [Fulda] [CDU/CSU])
Wir haben eine klare europäische Lösung, wenn wir über das Gemeinsame Europäische Asylsystem sprechen. Das wird einen Neustart auf europäischer Ebene auslösen.
Der letzte Punkt bezüglich der Kommunen ist aber: Es wird nicht gegeneinander gehen. Bund und Länder haben eine gemeinsame Verantwortung. Wenn der Bund auf der einen Seite seinen Teil der finanziellen Verantwortung eindeutig nachgewiesen hat, dann bitte ich auch die Länder darum, ihren Teil der Verantwortung zu übernehmen, das in die Tabelle einzutragen und es nachzuweisen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
Wir tun jedes Jahr über 24 Milliarden Euro in den Topf – was Fluchtursachenbekämpfung angeht, was Geflüchtete aus der Ukraine angeht. Das ist ein Riesenbetrag. Aber wir spielen nicht gegeneinander, sondern wir haben eine gemeinsame Verantwortung.
(Manuel Höferlin [FDP]: Sehr gut! Sehr richtig! – Andrea Lindholz [CDU/CSU]: So eine Hochnäsigkeit! Eine Arroganz ist das!)
Lassen Sie mich mit Europa schließen. Europa ist die Antwort auf Krieg, Flucht, Vertreibung und Not. Es wäre ein Treppenwitz der Geschichte, wenn dieses Europa an der Frage der Unterbringung von 1 Million geflüchteten Menschen scheitert.
(Beifall bei der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Das Wort hat der Kollege Christoph de Vries für die CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7553708 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 103 |
Tagesordnungspunkt | Durchsetzung des Asyl- und Aufenthaltsrechts |