Friedhelm BoginskiFDP - Akademische und berufliche Bildung
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr verehrte Damen und Herren! Deutschland braucht einen Booster für die Aus- und Weiterbildung, und Deutschland bekommt eben genau diesen Booster durch unsere Bundesregierung. Die Bundesregierung hat ein Maßnahmenpaket vorgelegt, das geeignet ist, deutliche Effekte zu erzielen, um dem Fachkräftemangel zu begegnen. Beim Fachkräftemangel handelt es sich aber um nichts, das von heute auf morgen über uns gekommen ist.
(Nicole Höchst [AfD]: Das kommt seit 20 Jahren plötzlich über uns!)
Das Problem hat sich wie eine Welle in den letzten zehn Jahren aufgebaut. Die Koalition setzt nun mit der Fachkräftestrategie nötige Entwicklungsimpulse.
Mir als Bildungspolitiker macht die fortgesetzte Sorglosigkeit der Bildungsministerinnen und Bildungsminister der Bundesländer einiges Kopfzerbrechen. Wenn ich mir den Zustand der Berufsschulen anschaue, wenn ich dort Gespräche führe, wie kürzlich mit den Brandenburger Berufsschullehrern, dann wird deutlich: Die Länder müssen die Modernisierung und Digitalisierung der Berufsschulen mit einem Sonderprogramm angehen. Es müssen wesentlich mehr Berufsschullehrerinnen und ‑lehrer ausgebildet werden. Die Länder haben hier eine klare Verantwortung, und dieser können sie sich auch nicht entziehen.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)
Die Bundesregierung ihrerseits hat mit der Exzellenzinitiative Berufliche Bildung nun wesentliche Schritte zur Aufwertung der dualen Ausbildung gemacht. Sie berücksichtigt hierbei die Ergebnisse der Enquete-Kommission „Berufliche Bildung in der digitalen Arbeitswelt“. Hierzu gehören folgende Punkte: Erstens. Gestärkt wird die Berufsorientierung jetzt auch an den Gymnasien; was sehr wichtig ist. Zweitens. Innovative und exzellente Berufsbildungsangebote sowie deren Infrastruktur werden vorangetrieben. Und drittens: die Verbesserung der Sichtbarkeit und Mobilität von Berufsausbildung als europäische sowie internationale Entwicklungsperspektive für die Auszubildenden.
(Beifall bei der FDP sowie der Abg. Katrin Zschau [SPD])
Das wichtigste Vorhaben für mich ist die anstehende Grundsatznovellierung des Aufstieg-BAföG. Diese bringt unser liberales Bildungsministerium in diesem Jahr auf den Weg, und das ist auch gut so.
(Beifall bei der FDP sowie der Abg. Katrin Zschau [SPD])
Hier werden die Haushaltsberatungen ein klares Bekenntnis werden; denn die Koalition will individuelle Chancen durch den deutlichen Ausbau von Aufstiegs- und Weiterbildungsstipendien gezielt verbessern. Gefördert werden 700 Fortbildungen, nicht nur Meisterfortbildungskurse. Deshalb werden mehr als 190 000 Menschen in Deutschland – mit steigender Tendenz – Zuschüsse zur Finanzierung der Lehrgangsgebühren und für den Lebensunterhalt erhalten.
Aber ich sage auch: Bitte keine falschen Reflexe. Wir haben das heute hier schon öfter gehört: Anstatt immer nur die Berufsausbildung zu akademisieren, kommt es darauf an, Bildungskonzepte zu entwickeln und exzellente Orte der Berufsbildung zu schaffen.
(Beifall bei der FDP)
Die Bundesregierung treibt die Spezialisierung der überbetrieblichen Berufsbildungsstätten als Kompetenzzentren voran. Unter anderem veranstaltet sie hierzu im Juni ein Zukunftsforum Überbetriebliche Ausbildung in Berlin. Doch bei der Finanzierung und bei den Konzeptionsfragen, beispielsweise beim Trave-Campus der Handwerkskammer in Lübeck, bei dem sechs Berufsschulen und eine Berufsbildungsstätte an einem Standort zusammengeführt werden sollen, kommt man einfach nicht weiter. Kirchturmpolitik in der Bildungspolitik, das ist zum Scheitern verurteilt und gefährdet mehr denn je die Zukunft unseres Landes. Das haben die Bundesländer meiner Meinung nach noch nicht verstanden, oder sie wollen es nicht verstehen.
(Beifall bei der FDP sowie der Abg. Dr. Anja Reinalter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Der in der vergangenen Woche veröffentlichte OECD-Wirtschaftsbericht für Deutschland 2023 benennt die Bildungsangebote als klaren Erfolgsfaktor, um den Fachkräftemangel zu mindern, um so auch die Arbeitsmarktintegration von Frauen, älteren Arbeitskräften und gering Qualifizierten zu fördern. Der Bericht hebt ergriffene Maßnahmen der Bundesregierung wie Bürger- und Weiterbildungsgeld hervor, weil wir die berufliche Qualifizierung ungelernter Erwachsener fördern und Anreize für Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber setzen, Mitarbeiter/-innen am Arbeitsplatz weiter zu qualifizieren.
Der Bericht zeigt aber auch die Mängel in den Bundesländern wie die fehlende IKT-Fortbildung für Lehrende und damit auch die Auswirkungen auf den informatorischen Unterricht an den Schulen; er findet kaum statt. Den Schülern fehlen damit Future Skills. Besonders verlieren dabei Mädchen in den unteren Jahrgangsstufen die Chance, geschlechterstereotype Bildung und Berufsorientierung zu überwinden.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Aber auch der gerade erarbeitete Monitor Ausbildungschancen 2023 der Bertelsmann-Stiftung fordert die Politik angesichts der Fachkräftebedarfsprognosen auf, sich von alten Debatten in der Bildungspolitik zu verabschieden.
Die Herausforderungen sind klar.
Kommen Sie bitte zum Schluss.
Ja. – Ich sage noch mal deutlich: Es geht nicht um Studium versus Berufsausbildung oder betriebliche versus schulische Ausbildung. Wir brauchen jede und jeden Qualifizierten für unsere Betriebe und für unsere Wirtschaft. Dafür stehen wir ein.
Danke.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Für die AfD-Fraktion hat das Wort Nicole Höchst.
(Beifall bei der AfD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7553774 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 103 |
Tagesordnungspunkt | Akademische und berufliche Bildung |