11.05.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 103 / Tagesordnungspunkt 6

Norbert AltenkampCDU/CSU - Akademische und berufliche Bildung

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Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vor mehr als 100 Jahren, als meine beiden Großväter ihr Studium abgeschlossen hatten, war eine akademische Ausbildung noch die Ausnahme und für die damalige Zeit etwas ganz Besonderes. Heute gehört es für die meisten Familien schon zum Erwartungszwang, dass ihre Kinder Abitur machen und studieren.

(Thomas Jarzombek [CDU/CSU]: Richtig!)

Gleichzeitig hat die berufliche Ausbildung in unserer Gesellschaft leider fast schon dramatisch an Wert verloren, und das, obwohl unsere Gesellschaft so dringend Fachkräfte in allen Bereichen, von der Pflege bis zu den MINT-Berufen, braucht.

Es ist bezeichnend, dass sich deshalb junge Menschen in der Sekundarstufe II oftmals einem hohen Erwartungsdruck ausgesetzt fühlen, zu studieren. So hat mich auch mein 17-jähriger Sohn, der bald vor dem Abitur steht und gleichzeitig ein sehr praktisch begabter junger Mann ist, kürzlich gefragt, ob ich unbedingt erwarte, dass auch er studiert. „ Natürlich nicht“, habe ich ihn beruhigt. Er soll den Weg gehen, den er für richtig hält, und das gilt auch für alle anderen jungen Menschen;

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

denn – davon bin ich überzeugt – alle Bildungswege bei uns bieten die Chance auf ein erfülltes und einträgliches Berufsleben, gerade auch die berufliche Ausbildung.

Für die 85 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer, die mein Heizungsmonteur derzeit pro Stunde nimmt, müssten die meisten Akademiker lange stricken, wie es so schön heißt. Geschichten wie diese müsste man häufiger erzählen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Christine Aschenberg-Dugnus [FDP] – Katrin Zschau [SPD]: Das stimmt!)

Wir als Unionsfraktion setzen uns bereits seit Langem dafür ein, dass die berufliche Bildung wieder den Wert erhält, der ihr gebührt. Deshalb haben wir kontinuierlich an der Modernisierung der Ausbildungsberufe gearbeitet. Deshalb haben wir dafür gesorgt, dass die Berufsabschlüsse den akademischen Abschlüssen gleichgestellt werden und so besser verglichen werden können. Deshalb haben wir kontinuierlich die Förderung beim Aufstiegs-BAföG verbessert und gezielt dafür gesorgt, dass schon weit mehr als 3 Millionen junge Menschen davon profitieren und eine Weiterbildung zum Meister, zur Technikerin und zu anderen Abschlüssen machen können, die auf dem gleichen Level wie manche Hochschulausbildungen stehen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Jetzt sind jedoch dringend weitere Maßnahmen notwendig, um die jungen Menschen zu motivieren, eine Ausbildung zu machen, und so den steigenden Fachkräftemangel zu bekämpfen. Ob es dabei gleich eine kostenlose Meisterausbildung mit Kostenübernahme durch den Bund sein muss, wie es am 3. Mai der Bundesrat mittelfristig gefordert hat – auf diesen Zug sind Sie ja aufgesprungen –

(Nicole Höchst [AfD]: 3. März!)

– 3. Mai –,

(Tino Chrupalla [AfD]: Ist doch egal!)

darüber lässt sich sicher diskutieren. Ich sehe das derzeit aber kritisch, weil ich denke, dass die Länder es sich zu einfach machen, wenn sie etwas fordern, was sie selbst nichts kosten darf.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Das gilt auch für die von Ihnen geforderte flächendeckende Meisterprämie. Die gibt es übrigens nicht nur in Niedersachen – dort ist sie mit 4 000 Euro zugegebenermaßen am höchsten –, sondern auch in zahlreichen anderen Bundesländern. Da geschieht einiges, auch bei den Meistergründungsprämien. Ich als großer Freund des Föderalismus bin dafür, dass die Meisterprämie weiter dem föderalen Wettbewerb und der Verantwortung der Länder überlassen bleibt.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wenn Sie es wirklich ernst meinen mit der Bekämpfung des Fachkräftemangels, dann müssen wir neben einer optimalen Berufsvorbereitung, Aus- und Weiterbildung in Deutschland auch die Einwanderung von qualifizierten Fachkräften aus dem nichteuropäischen Ausland forcieren.

(Zurufe der Abg. Tino Chrupalla [AfD] und Nicole Höchst [AfD])

Bei ihrem Gesetzentwurf zur Fachkräfteeinwanderung lässt die Ampel allerdings leider ein paar Dinge offen. Ich möchte das an einem Punkt deutlich machen. Wie wollen Sie das Ansehen der beruflichen Bildung steigern, wenn Sie gleichzeitig die Ansprüche an die Qualifikationen der ausländischen Fachkräfte herunterschrauben? Die Wertschätzung und das Vertrauen in die Qualität von gut ausgebildeten Fachkräften haben eine starke Signalwirkung; das müssen wir weiter stärken. Nur so können wir wieder mehr junge Menschen dazu anregen, einen Ausbildungsberuf zu erlernen oder eine Meisterfortbildung zu machen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7553805
Wahlperiode 20
Sitzung 103
Tagesordnungspunkt Akademische und berufliche Bildung
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