11.05.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 103 / Zusatzpunkt 5

Knut AbrahamCDU/CSU - Aktuelle Stunde - Gipfeltreffen Europarat in Island

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Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist gut, dass dieser Gipfel stattfindet, und es ist gut, dass diese Aktuelle Stunde stattfindet. Als ich mich ein bisschen auf diese Situation vorbereitet habe, dachte ich – das muss ich ehrlich sagen –: Bei dem Thema Europarat ist immer allerhöchster Sonntagsredenalarm. Aber ich habe Ihnen allen zugehört, und das waren wirklich gute Reden. Sie hatten Inhalt. Das zeigt, wie wichtig der Europarat ist. Es gab nur eine Ausnahme: Herrn Kleinwächter.

(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Sie sind ja völlig von der Spur abgekommen. Habe ich Sie richtig verstanden, dass sogar das Wetter schlechter geworden ist, weil der Europarat in Island tagt?

(Heiterkeit bei der CDU/CSU, der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Dass Sie sich so am Europarat abarbeiten müssen, zeigt doch, was für eine wichtige Säule der Demokratie in Europa diese Institution ist.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Es ist ja auch richtig, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass jeder von uns immer wieder sagt, wie wichtig der Europarat ist. Aber diese Erkenntnisse, liebe Ampel, müssen natürlich auch Eingang in die reale Politik unseres Landes finden. Ich habe mal so ein bisschen Reality-Check gemacht und finde es super, dass der Bundeskanzler nach Reykjavík fährt; das ist wirklich gut. Aber ich habe mir mal seine Grundsatzreden zur Europapolitik in der Karls-Universität in Prag und am Dienstag in Straßburg angeschaut. In Straßburg war das Thema „This is Europe“. Da kam der Europarat bedauernswerterweise gar nicht vor. In Prag an der Karls-Universität hat der Bundeskanzler den Partner Frankreich vergessen, aber auch den Europarat nur mit einem einzigen Wort erwähnt, und zwar in einer Aufzählung aller möglichen europäischen Institutionen, mit denen diese neue diffuse europäische politische Gemeinschaft konkurriert.

Was soll eigentlich diese Gemeinschaft? Armin Laschet hat das hier zu Beginn schon gefragt. Hier wäre deutsche Führung gefragt, gemeinsam mit Frankreich – Führung, von der die Bundesregierung so gerne spricht. Und damit Sie auch wissen, wohin geführt werden könnte, nenne ich ein paar Ideen.

Erstens – das ist bei vielen angeklungen; ich habe dazu Herrn Kuhle im Ohr –: entschlossene Unterstützung der Aufnahme Kosovos in den Europarat.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Kosovo als jüngste europäische Demokratie ist jetzt dabei, sich dem Europarat anzuschließen. Das stärkt die Menschen- und Minderheitenrechte in dem Land und sollte deswegen auch von allen Nachbarstaaten entschieden unterstützt werden.

(Stephan Brandner [AfD]: Aber nur die Nachbarstaaten!)

– Es geht um Serbien, falls Sie das nicht kapiert haben.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Zweite Anregung. Was passiert eigentlich, wenn ein Mitgliedsland sich nicht an die Regeln und Konventionen hält, wenn ein Staat die Urteile des EGMR ignoriert und Menschenrechte systematisch verletzt? In Reykjavík brauchen wir ein starkes Signal und müssen die roten Linien des Europarats definieren und danach handeln. Als Mitglied des Europarats hat Russland – das ist mehrfach angesprochen worden – vier große Kriege geführt: in Tschetschenien, gegen Georgien, in Syrien, gegen die Ukraine. Oppositionelle wurden vergiftet und ermordet und Menschenrechte systematisch verletzt.

Doch nichts davon – das müssen wir selbstkritisch sagen; Peter Beyer und ich haben das auch getan – hat dazu geführt, dass wir die richtigen Folgerungen daraus gezogen haben. Im Gegenteil: Russland hat uns jahrelang erfolgreich erpresst.

(Beifall des Abg. Konstantin Kuhle [FDP])

Darüber müssen wir in Reykjavík reden; denn nur, wenn wir aus unseren Fehlern lernen, wird der Europarat als Menschenrechtsinstitution relevant bleiben. In Reykjavík sollten diese Grundprinzipien – keine Aggressionskriege, keine Folter, keine politischen Gefangenen – als rote Linien definiert werden. Wenn ein Staat diese roten Linien überschreitet, muss eine Suspendierung folgen. Die Instrumente dafür, um dies festzustellen, haben wir: das Anti-Folter-Komitee und den schon oft genannten Gerichtshof.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Europarat sollte ein Frühwarnsystem für Menschenrechtsverletzungen in ganz Europa sein. Wenn etwas schiefläuft, dann muss der Europarat die erste Institution sein, die darauf aufmerksam macht. Dazu müssen wir die Regeln des Ministerkomitees ändern. Wenn es um grundlegende Menschenrechtsverletzungen geht, kann es im Ministerkomitee nicht bei der Einstimmigkeit bleiben.

Liebe Kolleginnen und Kollegen der Ampel, geben Sie doch diese beiden Ideen dem Bundeskanzler mit ins Reisegepäck für Reykjavík oder nehmen Sie es direkt mit, lieber Kollege Schwabe, oder schreiben Sie es gleich in den Sprechzettel; das wäre noch besser.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun Boris Mijatović das Wort.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7553853
Wahlperiode 20
Sitzung 103
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde - Gipfeltreffen Europarat in Island
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