Björn Manuel SimonCDU/CSU - Änderung der Ersatzbaustoffverordnung, Gasmangellage
Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Mit etwa 240 Millionen Tonnen jährlich gehören mineralische Abfälle nicht nur zu den bedeutendsten, sondern sind der mit Abstand größte Abfallstrom in Deutschland. Mineralische Abfälle, das sind Bauschutt, Straßenabbruch, Boden und Steine sowie Baustellenabfälle. Um die enormen Potenziale für unser Bauwesen und die Umwelt effektiv und hochwertig zu heben, haben wir 2021 – zugegebenermaßen nach vielen Jahren intensiver Debatte im Zuge der Mantelverordnung – die Ersatzbaustoffverordnung verabschiedet, die nun in diesem Jahr zum 1. August in Kraft treten wird. Sprich: Ein sehr gutes Fundament für die Ampel, das die Große Koalition unter Führung der CDU/CSU in Zusammenarbeit mit der SPD damals gelegt hat!
(Beifall bei der CDU/CSU)
Die Ersatzbaustoffverordnung ist ein bedeutendes Instrument, um das Recycling mineralischer Abfälle in Deutschland zu fördern. Bisher hat jedes Bundesland den Umgang damit individuell bestimmt. Nun sprechen wir über bundesweite Regelungen zur Verwertung von Ersatzbaustoffen, die nicht nur den Recyclingunternehmen, sondern insbesondere den Nutzern und Verwendern von Ersatzbaustoffen ein hohes Maß an Rechtssicherheit geben. Diese Verordnung konsequent weiterzuentwickeln, war bereits 2021 unser Anspruch. Wir freuen uns, dass die Ampel diesen Weg auch geht.
Aber die vorliegende Novelle eignet sich leider kaum zur positiven Fortentwicklung.
(Zuruf der Abg. Judith Skudelny [FDP])
So beschränken sich die meisten Änderungen lediglich auf Anpassungen, die im ursprünglichen Verfahren zur Ersatzbaustoffverordnung zeitlich nicht mehr berücksichtigt werden konnten. Dabei bietet der Stoffstrom doch enorme Potenziale, die wir nutzen sollten. Vor allem das Bauwesen und Akteure, die mit mineralischen Abfällen zu tun haben, sehen noch eklatante Hindernisse und Zielkonflikte. In Gesprächen mit familiengeführten Bauunternehmen hören wir Klagen, beispielsweise über zusätzliche Dokumentationspflichten durch eine Vielzahl neuer Klassifizierungen für mineralische Ersatzbaustoffe, also mehr Bürokratie.
(Judith Skudelny [FDP]: Aber die ist doch noch gar nicht in Kraft! Wie kann Bürokratie entstehen, wenn das noch gar nicht in Kraft getreten ist?)
Wir verstehen den Ärger der Bauwirtschaft darüber, einerseits aus Ihren Reihen, aber auch aus den Reihen der Bundesregierung ständig das berechtigte Ziel von 400 000 neuen Wohnungen jährlich zu hören und andererseits immer mehr Vorschriften erfüllen zu müssen, die das Bauen komplizierter, aber auch teurer machen. Das Defizit von sage und schreibe 120 000 Wohnungen im Jahr 2022 ist damit in unseren Augen hausgemacht.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Anstatt weitere wichtige Impulse zur Steigerung des Einsatzes von Ersatzbaustoffen zu geben, vergrößern Sie die Hürden nur noch weiter. Da geht die Union nicht mit, das ist mit uns nicht zu machen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Machen Sie sich im Gegensatz dazu lieber ehrlich: Die Ampelregierung hat es schlichtweg versäumt, eine Regelung zum Ende der Abfalleigenschaften für geeignete Stoffströme in der Ersatzbaustoffverordnung noch vor Inkrafttreten vorzulegen.
(Judith Skudelny [FDP]: Das habt ihr auch versäumt! Ihr hattet auch lange Zeit dafür!)
Dabei wäre die vorliegende Novelle eine optimale Gelegenheit gewesen. Der 1. August wäre optimal gewesen. Doch wieder einmal wird nur vertröstet. Die Ministerin kündigt an, eine gesonderte Abfallende-Verordnung zu erarbeiten. Aber wann diese kommt, bleibt offen. Dabei wäre der August – wie gesagt: bei Inkrafttreten – genau der richtige Zeitpunkt gewesen.
Jetzt als Konsequenz eine Änderung des Anwendungsbereichs vorzunehmen und Regelungen des Abfallendes einfach herauszustreichen, ist der falsche Weg und ein fatales Signal an die Branche. Es ist doch elementar im Sinne gesellschaftlicher Akzeptanz – großgeschrieben – für mineralische Ersatzbaustoffe, dass bei ordnungsgemäßer Herstellung, Güteüberwachung und Verwendung mineralischer Ersatzbaustoffe keinerlei Schaden an Mensch oder Umwelt im Sinne des Kreislaufwirtschaftsgesetzes droht. Klar ist doch: Auf Abfall will keiner bauen – aber auf Recyclingbaustoff schon. Das war übrigens eine Forderung aus unserem von Ihnen angesprochenen Änderungsantrag, den Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der Ampel, im Ausschuss abgelehnt haben, auch wenn Sie sich bei Ihren jeweiligen Begründungen der Ablehnung nicht wirklich einig waren.
(Dr. Jan-Niclas Gesenhues [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Doch! Die ergänzen sich bloß! Es gibt gleich mehrere Gründe, den Antrag abzulehnen!)
Oder war es etwa unsere zweite Forderung, die Ihre Einigkeit bei der Ablehnung unseres Änderungsantrages schwinden ließ? Wir sehen nämlich ein weiteres Versäumnis bei der Novellierung – wobei ich mir sicher bin, dass Sie, liebe Ampel, von vielen Unternehmen und Betroffenen genauso wie ich kontaktiert wurden –: Die Verordnung schließt eine Verwendung von Baustoffrecyclingmaterial auf kiesigem Untergrund in nahezu allen Flussgebieten Deutschlands, auf Karstböden oder Grundgestein aus. Betroffen sind davon Gebiete wie Rhein und Donau, die Schwäbische Alb oder der Harz, der Taunus und der Schwarzwald. Und das gilt sogar dann, wenn der mineralische Ersatzbaustoff unter einer dichten Straßendecke aus Asphalt eingebaut werden würde. Es besteht die Gefahr, dass das Baustoffrecycling in den genannten Regionen gegenüber dem bisherigen Stand erheblich reduziert wird
(Judith Skudelny [FDP]: Was sagen denn die unionsgeführten Länder dazu? Warum konnten Sie sich nicht durchsetzen?)
– Sie haben im Ausschuss doch genauso argumentiert –, wenn nicht gar ganz beendet und somit die Existenz zahlreicher mittelständischer Recyclingbetriebe gefährdet wird. Das kann und das darf nicht Sinn dieser Verordnung sein.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Sie hätten spätestens in der gestrigen Ausschusssitzung die Chance gehabt, dieses Versäumnis zu beheben, indem Sie unseren Änderungsantrag angenommen hätten.
(Judith Skudelny [FDP]: Es ist wegen Ihrer Bundesländer nicht durch den Bundesrat gegangen! Der muss ja auch noch zustimmen!)
Diese Chance haben Sie verpasst; wir werden zu gegebener Zeit wieder daran erinnern.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, nach Inkrafttreten der Ersatzbaustoffverordnung im August ist die Arbeit nicht beendet. Wir müssen nach vorne sehen. Durch einen umfangreichen Evaluierungs- und Monitoringprozess müssen wir die Verordnung eng und dynamisch begleiten. Mit Blick auf die mögliche Stoffstromverschiebung, steigende Recyclingquoten, aber vor allem vor dem Hintergrund der Praktikabilität und weiterer absehbarer Kostensteigerungen im Bausektor gilt es, die Ersatzbaustoffverordnung und die gesamte Mantelverordnung zu überprüfen und immer weiter zu optimieren. Wir sind gerne bereit, uns dabei weiter konstruktiv einzubringen.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Es folgt für die SPD-Fraktion Michael Thews.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7553957 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 103 |
Tagesordnungspunkt | Änderung der Ersatzbaustoffverordnung, Gasmangellage |