12.05.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 104 / Zusatzpunkt 9

Jens SpahnCDU/CSU - Sichere, bezahlbare, klimafreundliche Wärmeversorgung

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir lesen heute Morgen: Die FDP hat Fragen, 101 Fragen an Robert Habeck zum Heizungsgesetz, 101 Fragen übergeben mit dem Kommentar, der Entwurf des Ministers sei eine Katastrophe. Es wird immer absurder. Erst stimmen Sie, liebe FDP, dem Gesetz im Kabinett zu, dann gibt es drei Tage später einen kleinen Aufstand auf dem Bundesparteitag, und zwei Wochen später stellen Sie 101 Fragen.

(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf des Abg. Dr. Gero Clemens Hocker [FDP])

Dieses Schauspiel geht ja seit Monaten so: 30 Stunden Koalitionsausschuss, Pressekonferenzen, Widersprüche. Es bleibt dabei – wir haben es schon vor zwei Wochen festgestellt; wir stellen es erneut fest –: Sie überfordern sich als Koalition mit diesem Gesetz. Sie überfordern die politischen Mechanismen mit diesem Gesetz. Sie schaffen mit Ihrem 101-Fragen-Spiel bei den Bürgerinnen und Bürgern zusätzlich Frust, Wut, Verunsicherung.

(Zurufe von der FDP)

Gehen Sie zurück auf Los, ziehen Sie dieses Gesetz zurück, und fangen Sie die Beratungen noch mal ganz von vorne an! Anders ist das alles nicht mehr zu heilen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Die FDP, haben wir gelernt, hat 101 Fragen. Wir haben nur zwei. Die erste lautet: Warum diese radikale Eile, warum die Wärmepumpe mit der Brechstange?

(Timon Gremmels [SPD]: Stimmt doch gar nicht!)

Das ist ineffektiv. Einfache Mathematik: Knapp 2 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen kommen aus Deutschland, circa ein Drittel davon entstehen bei Wärme und Heizen.

(Zuruf des Abg. Bernhard Herrmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Das hieße also, durch Klimaneutralität beim Heizen bis 2045 würden maximal 0,7 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen eingespart.

(Zuruf des Abg. Bernhard Herrmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Angesichts dieser Zahlen, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist es unglaubwürdig, den Bürgerinnen und Bürgern einzureden, dass die Brechstange, dass diese radikale Eile notwendig ist. Die ein oder zwei Jahre, die es bräuchte, um Akzeptanz zu erhalten, hätten wir, wenn wir es denn richtig und mit Vernunft machen würden.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Daher müssen wir raus aus dem Panikmodus. Er schadet der Sache.

(Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist für die Akzeptanz schädlich, den Leuten einzureden, an deutschen Heizungen alleine würde das Weltklima genesen. Die Bürger wissen das.

(Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir müssen Argumente liefern, warum CO2-Neutralität trotzdem in unserem Interesse ist.

(Bernhard Herrmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach so?)

Da braucht es Pragmatismus statt Panikmache. Neue Ölheizungen sind nach aktueller Rechtslage bereits ab 2026 verboten. Dieses Verbot könnte man schrittweise um fossile Gasheizungen ergänzen bei gleichzeitiger Förderung von Wärmepumpen, Wärmenetzen, Biomethan, Wasserstoff, Geothermie, Kraft-Wärme-Kopplung und Holzpellets, auch von Hausdämmung und smarter Gebäudesteuerung. Sie könnten zum 1. Januar 2024 eine Beimischquote von Bioheizöl beschließen, sodass direkt und ohne große Mehrkosten CO2 eingespart werden könnte.

(Beifall der Abg. Julia Klöckner [CDU/CSU])

Sie sind doch sonst immer für Vielfalt. Dann hören Sie auf, die anderen klimaneutralen Technologien zu diskriminieren, und öffnen Sie das Gesetz an dieser Stelle!

(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf des Abg. Bernhard Herrmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Verlängern Sie die Fristen, sodass das technisch und finanziell machbar ist, und seien Sie offen für alle Technologien, die den CO2-Ausstoß beim Heizen reduzieren. Dann klappt es auch mit der Akzeptanz bei den Bürgerinnen und Bürgern; denn Klimaschutz, liebe Kolleginnen und Kollegen, geht nur mit den Bürgerinnen und Bürgern, nicht gegen sie.

(Beifall bei der CDU/CSU – Bernhard Herrmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nicht mit Hetze!)

Und da bin ich bei meiner zweiten Frage: Warum machen Sie Klimaschutz wieder zur Glaubensfrage? Ich unterstelle Ihnen gute Absichten, und wir teilen ja das Ziel:

(Lachen des Abg. Bernhard Herrmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Klimaneutralität 2045 – im Übrigen von uns ins Gesetz geschrieben.

(Bernhard Herrmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben das Ziel, nichts zu tun!)

Wir teilen das Ziel ausdrücklich; das ist nicht der Punkt. Aber wenn man wie Sie anscheinend zu sehr von einer Sache überzeugt ist und vor allem davon, allein – allein! – für diese gute Sache zu stehen, dann geht der Blick für Realität und Pragmatismus verloren.

(Zuruf des Abg. Bernhard Herrmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Man hat gerade, Herr Kollege Herrmann, in den letzten Tagen das Gefühl: Sie igeln sich immer mehr ein in einem gefühlten Kampf gegen den bösen Rest der Welt; und ich tippe darauf, auch Ihre Reden werden gleich davon geprägt sein. Damit reideologisieren Sie die Klimadebatte, und das schadet dem Klimaschutz. Klimaschutz sollte eine Frage der Vernunft und nicht des Glaubens sein, und Sie machen ihn wieder zu einer Glaubensfrage.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Erfolgreicher Klimaschutz ist vor allem eine Frage des politischen Handwerks. Wir brauchen Debatten über den besten Weg, wir brauchen einen Wettstreit der guten Ideen. Denn es reicht doch nicht die gute Absicht, sondern am Ende geht es um ein gutes Ergebnis als Ziel. Legen Sie also die Brechstange weg! Werden Sie pragmatisch! Gehen Sie unsere Vorschläge mit! Dann wird Klimaschutz effektiv, und vor allem dann hat Klimaschutz Akzeptanz.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Nächste Rednerin: für die SPD-Fraktion Dr. Nina Scheer.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7554058
Wahlperiode 20
Sitzung 104
Tagesordnungspunkt Sichere, bezahlbare, klimafreundliche Wärmeversorgung
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