Bernhard DaldrupSPD - Recht auf Wohnungstausch
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Also, ich erkenne wirklich an, dass sich die Linken mit eigenen Anträgen immer wieder bemühen, Beiträge gegen Wohnungsnot zu leisten; aber ich glaube, das hier ist eine Kopfgeburt, und die wird in der Praxis rechtlich und tatsächlich nicht standhalten. Es ist gut, dass auf die Probleme von Überbelegung und Fehlbelegung hingewiesen wird; das ist tatsächlich ein reales Problem. Anders aber, als die Antragsteller behaupten – glaube ich jedenfalls –, ändert ein gesetzlich verbrieftes Recht auf Wohnungstausch daran nichts. Es gibt bereits entsprechende Portale von Wohnungsgesellschaften. Dahinter stecken langjährige Bemühungen; die sind auch nicht erfolglos, aber sie sind jedenfalls nicht so relevant, dass tatsächlich größere Bewegungen dort entstünden.
Nehmen wir mal ein Beispiel: Warum ziehen eigentlich ältere Menschen nicht aus der objektiv zu großen und nicht altersgerechten Wohnung in eine andere Wohnung um? Ist das Rücksichtslosigkeit? Ist das Egoismus? Das geschieht im Kern aus Kostengründen, die ein Rechtsanspruch nicht beseitigt; häufig auch wegen der vertrauten Umgebung – wegen des Sozialraums, wie es heißt –, die sie nicht verlassen wollen. Und wollen wir wirklich über eine Rechtsposition auf diese Menschen sozialen Druck ausüben? Da kann, Caren Lay, ruhig gesagt werden: „Nein, das wollen wir nicht“, aber die Wirklichkeit wird so aussehen, dass genau das passiert. Diese Form von Sozialkontrolle ist für uns jedenfalls nicht die Alternative zum Aufbau und zur Stärkung sozialer Netzwerke.
(Caren Lay [DIE LINKE]: Steht doch gar nicht im Antrag!)
Das kann man in einem Antrag anders beschreiben.
(Caren Lay [DIE LINKE]: Dann macht doch eine Mietrechtreform!)
Wir gehen aber vom wirklichen Leben aus, und deswegen ist das nicht sehr praktisch.
(Beifall bei der SPD und der FDP)
Im Antrag heißt es: „schnelle und pragmatische Lösungen“. Aber der Rechtsanspruch ist das am wenigsten: Er ist nicht pragmatisch, sondern bürokratisch. Er ist nicht lebensnah, er ist juristisch.
(Zuruf von der LINKEN)
Und wo der mögliche Streit enden kann, wenn der Rechtsanspruch nicht durchgesetzt werden kann, das kann man sich ausmalen. Deswegen glauben wir nicht, dass das ein vernünftiger Weg ist; er ist letztlich nicht umsetzbar.
(Beifall des Abg. Dr. Jan-Marco Luczak [CDU/CSU])
Die Angebote der landeseigenen Berliner Wohnungstauschbörse zeigen: Dort waren im Februar lediglich 90 Wohnungen inseriert, davon weniger als zehn mit mehr als vier Zimmern, und bis auf zwei alle außerhalb des Rings. Es ist nicht praktisch. Das Matching von Angebot und Nachfrage ist keine Sache des Rechts, sondern eine der Kommunikation und der Finanzierung.
Im Übrigen brächte der Rechtsanspruch wahrscheinlich auch ein verfassungsrechtliches Problem mit sich, weil der Artikel 14 Grundgesetz, so gerne wir ihn auch wegen der Sozialpflichtigkeit in Anspruch nehmen, auch das Eigentum und die Freiheit des Eigentümers schützt, Mieterinnen und Mieter in Anspruch zu nehmen.
(Beifall bei der SPD und der FDP)
Mit anderen Worten: Wir sehen zum gegenwärtigen Zeitpunkt auch rechtliche Probleme, die dazu führen, dass wir diesem Antrag nicht zustimmen können.
Das Grundübel des Wohnungsmarktes ist die grassierende Wohnraumknappheit, und ich verstehe, dass da der Finger in die Wunde gelegt wird. Wir brauchen zusätzliche Mittel; das ist überhaupt gar keine Frage. Darum kämpfen wir auch. Und ich glaube, wenn wir die Probleme der Menschen ernsthaft beseitigen wollen, wenn wir sie ernst nehmen wollen, dann müssen wir uns auf die Kernfragen konzentrieren und nicht nur auf die Nischenfragen. Die kann es dabei auch geben, und die können auch an der einen oder anderen Stelle helfen, aber das ist nicht genug. Wir setzen uns für mehr Mittel in der Baupolitik ein, wir setzen uns für mehr Wohnungsbauförderung ein. Helfen Sie uns dabei, das hilft sicher am besten.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Nächster Redner ist Don Luczak – –
(Heiterkeit – Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Don Luczak!)
– Entschuldigung – Dr. Jan-Marco Luczak für CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7554160 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 104 |
Tagesordnungspunkt | Recht auf Wohnungstausch |