12.05.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 104 / Zusatzpunkt 10

Dorothee BärCDU/CSU - Aktuelle Stunde - Scheitern bei der Restitution der Benin-Bronzen

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! So eine Rede zu halten, Frau Müntefering, wenn wirklich ganz massive Kritik von unterschiedlichen Seiten kommt,

(Thomas Hacker [FDP]: Die Frage ist doch nur, ob die Kritik berechtigt ist!)

und sich hinzustellen und ohne einen Hauch Selbstkritik zu sagen: „Alles super, alles richtig gemacht!“, ist schon absolut beeindruckend. Das wundert mich nicht; aber man muss sich natürlich mal die Fakten anschauen.

Natürlich bedeutet Restitution und erst recht die Rückgabe von geraubten Kunstwerken mit einem kolonialgeschichtlichen Hintergrund erst mal, dass man etwas aus der Hand gibt. An dieser Stelle stellt sich aber nicht nur die Frage nach dem Ob, sondern auch immer nach dem Wie. Noch dazu geht es bei einem solch kostbaren Kunstschatz, bei einem Welterbe, bei einem Menschheitskulturerbe eben nicht um eine bedingungslose Rückgabe und auch nicht um eine Rückgabe um jeden Preis.

Für uns als Union gilt hier selbstverständlich eine Art universelle, gemeinschaftliche Verantwortung für die Bewahrung von Kulturerbe, und die tragen diejenigen, die die Schätze im Besitz haben. Deswegen macht es sich die Bundesregierung jetzt schon sehr leicht, weil sie sich ihrer Verantwortung gleich mit dem Geschenk entledigt hat.

Wenn man sich mal die Bilder anschaut, dann können Sie sagen: Ja, das kam gut an. – Ja, warum kam das gut an? Da wurde vor Ort in Nigeria ein feierlicher Staatsakt gemacht, bei dem das Ziel erklärt wurde, die Wunden der Vergangenheit zu heilen, dem nigerianischen Volk sein Erbe zurückgeben zu wollen. Aber erstens war letzten Dezember keinerlei Druck damit verbunden. Zweitens wurde so kurz vor Weihnachten ausgedrückt: Wir bringen ein Geschenk vorbei. Auf den Fotos sieht man – die können Sie jetzt leider nicht sehen –: Es war reine Selbstdarstellung, kurz vor Weihnachten aufzuschlagen. Das kritisiere ich tatsächlich sehr scharf.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Das Ergebnis zählt. Wir haben jetzt das Ergebnis, dass die von uns zurückgegebenen Bronzen in der Versenkung verschwunden sind,

(Zuruf von der AfD: Genau!)

im Privatbesitz eines Königs, der gleich hat durchblicken lassen, dass er bei seinem Eigentumsanspruch jede andere Person oder Institution ausschließt. Wenn Welterbe auf diese Weise aus einem öffentlichen Museum in Privatbesitz versickert, dann ist die Restitution missglückt. Das muss man an der Stelle einfach mal einräumen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Das ist nämlich keine Kulturpolitik, wenn man etwas wiedergutmachen will und sich quasi nur einer daran bereichern kann. Deswegen sage ich: Sie machen sich einen schlanken Fuß, wenn Sie sagen: Rückgabe ist Rückgabe. Die Nigerianer wissen schon selber, was sie mit den Bronzen machen. – Liebe Bundesregierung, Sie vergessen dabei ganz deutlich, dass Deutschland eine mehrfache Verantwortung hat: einmal die Verantwortung zur Wiedergutmachung, ja, aber auch die Verantwortung diesem Menschheitskulturerbe gegenüber, aber natürlich auch eine Verantwortung dem Volk gegenüber, damit das ebenso die Möglichkeit hat, an diesen Kulturschätzen teilzuhaben.

Diese Kulturschätze dürfen nicht versanden und versickern, um vielleicht irgendwo über Kanäle wiederaufzutauchen, was wir uns alle nicht wünschen. Sie dürfen vor allem nicht irgendwo verschwinden oder zerstört werden. Deswegen sage ich: Dass die Benin-Bronzen jetzt zu einem Zankapfel geworden sind, dass ihr Besitz zu einem Machtinstrument geworden ist, geschah mit Ansage. Sie sagen: Es ist gemein, wenn man hier von „Naivität“ spricht. – Ich finde es sehr höflich, von „Naivität“ zu sprechen; das sage ich ganz offen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Was ich auch mal gerne wissen würde – das ist auch nicht erklärt worden; vielleicht können das die anwesenden Vertreter der Ampel noch machen –: Was haben Sie eigentlich nach eigenen Aussagen so wahnsinnig intensiv verhandelt? Wie ich gehört habe, waren Sie gar nicht selber involviert; da hat damals Herr Görgen verhandelt, der dann gewechselt hat. Was sollten eigentlich diese ganzen Verhandlungen? Wenn man auf der einen Seite sagt: „Es ist bedingungslos“, und auf der anderen Seite ewig lang verhandelt werden musste: Wie kann es dann sein, dass trotzdem 5 Millionen Euro deutsche Steuergelder für den Bau des Edo Museum of West African Art in Benin City aus dem Bundeshaushalt lockergemacht wurden, die offensichtlich nicht da ankommen, wo sie haben ankommen sollen? Jetzt kann man natürlich aufseiten der Regierung sagen: 5 Millionen Euro sind Peanuts. – Für mich sind das keine Peanuts. Das bedeutet mehr Geld für dieses Museum, als wir von der Bundesregierung beispielsweise für den Kampf gegen Endometriose haben bekommen können – nur dass man mal ein Gefühl für die Verhältnismäßigkeit bekommt.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Das Museum wird die Bronzen, die dort ausgestellt werden sollten, nun vermutlich nie bekommen. „ Macht nichts“, sagt die Bundesregierung, indem sie nichts sagt, und die Erklärung bleibt aus.

Beim Treffen der Benin-Dialoggruppe im März wurde das Museum nicht mal mehr erwähnt. Auch das ist sehr spannend; denn dafür ging es explizit um ein anderes, nämlich das Privatmuseum des Oba. Auch das wussten Sie schon seit Monaten. Deswegen sage ich: Aus Sicht unserer Fraktion muss bei der Aushandlung von Rückgaben unbedingt darauf geachtet werden, dass Kunstschätze nicht zerstört, nicht versteckt werden. Wenn Leihgaben vereinbart sind, ist es gut; sie müssen aber auch in einem angemessenen Umfang geschehen. Ich würde mich einfach mal freuen, wenn die Bundesregierung sich nicht selber auf die Schulter klopft, sondern eingesteht, dass hier Fehler gemacht wurden –

Kommen Sie bitte zum Schluss.

– oder dass sie naiv war. Aber sich einfach hinzustellen und rotzig zu sagen: „Alles super“, während am Ende die Menschen aus dem Volk vor Ort die Gelackmeierten sind, –

Kommen Sie bitte zum Schluss, Frau Kollegin.

– das ist mit uns nicht zu machen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, bei der Aktuellen Stunde hat wirklich jeder fünf Minuten. Ich sage es nur noch mal. Da wird jetzt bitte auch nicht überzogen. Das ist eine lange Zeit, in der man genug sagen kann.

Als Nächste erhält das Wort für Bündnis 90/Die Grünen Awet Tesfaiesus.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7554183
Wahlperiode 20
Sitzung 104
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde - Scheitern bei der Restitution der Benin-Bronzen
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