24.05.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 105 / Tagesordnungspunkt 6

Jörg SchneiderAfD - Bekämpfung von Arzneimittellieferengpässen

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Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Zahl der Lieferengpässe für Medikamente bewegt sich im dreistelligen Bereich, und das nun schon seit vier, fünf Jahren. Dass die Regierung nun endlich ein Gesetz dazu vorlegt – nun, besser spät als nie. Ihrem hochgesteckten Ziel, liebe Ampel, die Produktion von Arzneimitteln aus Asien wieder zurückzuverlagern nach Europa oder vielleicht sogar nach Deutschland, dem nähern Sie sich hier aber nur mit Trippelschritten. Wir haben hier tatsächlich Verbesserungen, was beispielsweise die Ausschreibungsbedingungen betrifft. Aber die Welt hat sich doch weitergedreht: Wir haben erheblich höhere Zinsen als noch vor einem Jahr, und das ist ein Investitionshemmnis. Ob da Unternehmen bereit sein werden, vor diesem Hintergrund tatsächlich ihre Produktion nach Europa oder sogar nach Deutschland zurückzuverlagern, da bin ich einfach skeptisch.

Erlauben Sie mir bitte noch den Hinweis: Erhalten ist vielleicht ein bisschen einfacher und günstiger als Neuaufbau. Die Österreicher haben es geschafft, dass zumindest die letzte westeuropäische Penizillinfabrik in Österreich weiter produziert. Vielleicht holen Sie sich da mal ein paar Inspirationen, wie man das macht. Ich glaube, Abwanderungsideen, wie sie von BASF entwickelt werden, die sollten Ihnen eigentlich Motivation und Warnung dafür genug sein.

(Beifall bei der AfD)

Warnung – das ist ein gutes Stichwort. Sie wollen ein Frühwarnsystem bei Medikamentenknappheit installieren. Wie muss ich mir das jetzt vorstellen, wenn dieses Frühwarnsystem anschlägt? Gibt es dann Hamsterkäufe? Gibt es dann Überbevorratung? Genau das ist nämlich das Problem, das entstehen kann. Und das können Sie eigentlich nur stoppen, indem Sie irgendwelche Kontingentierungsmechanismen an so ein Frühwarnsystem anhängen. Die sind aber nicht vorgesehen. Darüber hinaus wollen Sie dieses Frühwarnsystem beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte ansiedeln. Die Mitarbeiter sind aber jetzt schon sehr gut damit ausgelastet, neue Medikamente zuzulassen, die die knappen alten Medikamente ersetzen sollen. Sie schaffen hier eine Doppelbelastung. Auch das halte ich für nicht so geschickt, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der AfD)

Für die Apotheken haben Sie sich auch einiges überlegt. Die Krankenhausapotheken sollen ihre Lagerbestände deutlich erhöhen. Das ist natürlich ein regionaler Bestand. Wenn ich tatsächlich einen regionalen Engpass habe, muss ich unter Umständen Umlagerungen anstoßen. Ob auf der Ebene erhöhte Lagerbestände tatsächlich so geschickt sind, weiß ich nicht.

Wir haben ein weiteres Problem: Wenn wir regional erhöhte Lagerbestände haben, dann laufen wir auch Gefahr, in Überlagerungen hineinzugeraten, das heißt, Medikamente müssen vernichtet werden. Das kostet nicht nur die Krankenhausapotheken viel Geld, sondern es kann in einer Engpasssituation die ganze Situation auch noch verschlimmern.

Für die Apotheker wollen Sie es zukünftig etwas einfacher gestalten. Wenn ein verschriebenes Medikament nicht vorhanden ist, lässt sich dieses durch ein verfügbares ersetzen. Das ist eine gute Idee. Ich habe mir das mal in Apotheken angeguckt. Das ist im Moment tatsächlich ein sehr komplizierter Prozess, und wenn Sie den einfacher machen wollen, ist das sicherlich gut so.

Nur ist das rein Technische dieses Prozesses ja nicht alles. Stellen Sie sich vor, da sind ältere Menschen, die sich jahrelang an ein bestimmtes Medikament gewöhnt haben. Selbst wenn Sie denen ein wirkstoffgleiches, ein dosierungsgleiches Medikament geben, besteht trotzdem Beratungsbedarf. Da muss Vertrauen geschaffen werden. Jetzt mögen Sie sagen: Na ja, ich habe noch nie vor einer Apotheke eine lange Schlange gesehen; irgendwie kriegen die Apotheker das während ihrer Arbeitszeit doch hin. – Das ist eben nur bedingt richtig. Da entsteht ein hoher Beratungsbedarf. Die Apotheker können dadurch administrative Tätigkeiten nicht mehr während der Öffnungszeiten erledigen. Das heißt, sie müssen diese Arbeiten dann in ihre Freizeit, in den Abend hineinverlegen. Dadurch entsteht für Apotheker nicht nur eine höhere Intensität der Arbeitsbelastung, sondern tatsächlich auch Mehrarbeit. Und daran, dass die 50 Cent, die im Gesetz stehen, dafür eine faire Entlohnung sind, habe ich doch meine Zweifel.

(Beifall bei der AfD)

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Schluss kommen. Das Gesetz hat einige gute Ansätze; aber ich denke mir, wir sollten da schon noch ein paar Punkte ändern. Ein paar Anregungen habe ich gegeben. Ich bin gespannt, was von Ihnen an Änderungsanträgen vorgelegt wird. So, wie das Gesetz jetzt aussieht, ist es für meine Fraktion nicht zustimmungsfähig.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der AfD)

Für die FDP-Fraktion hat das Wort Lars Lindemann.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7554304
Wahlperiode 20
Sitzung 105
Tagesordnungspunkt Bekämpfung von Arzneimittellieferengpässen
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