24.05.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 105 / Tagesordnungspunkt 7

Petra NicolaisenCDU/CSU - Unterbringung von Flüchtlingen und Asylbewerbern

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Täglich stehen die Kommunen unter Zugzwang. Sie müssen für die Organisation und Verteilung sorgen. Sie stellen die würdevolle Unterbringung und eine gute Versorgung bereit, und sie gestalten die Integration vor Ort. Sie tragen den Großteil der finanziellen Belastung sowie die Verantwortung und sorgen für den Zusammenhalt in den Gemeinden und in den Städten. Mein Gefühl ist allerdings: Es herrscht ein eklatantes Ungleichgewicht zwischen den Bemühungen der Kommunen und den Entscheidungen der Bundesregierung.

(Leon Eckert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo denn?)

Innerhalb eines Jahres haben 1,3 Millionen Menschen Zuflucht bei uns gesucht. Neben der Zahl der Kriegsgeflüchteten aus der Ukraine steigt nun auch die Zahl der Asylsuchenden aus anderen Ländern. Angesichts dessen müsste die Bundesregierung ihr jährliches Neubauziel, das mit 400 000 Wohnungen angepeilt ist, eigentlich nochmals deutlich nach oben korrigieren. Dies wäre allerdings noch illusorischer als das, was wir bisher schon haben. Schließlich werden 2023 und 2024 voraussichtlich nur 200 000 bis 250 000 Wohnungen pro Jahr gebaut. Wir hoffen, dass zumindest dieses Ziel erreicht wird. Der ohnehin angespannte Wohnungsmarkt wird weiter belastet, weil die Bundesregierung es nicht schafft, die Rahmenbedingungen so zu verbessern, dass schnell mehr Wohnraum geschaffen werden kann.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Der Wettbewerb um Wohnraum wird nun zusammen mit der hohen Inflation, gestiegenen Lebensmittel- und Energiepreisen und wirtschaftlichen Unsicherheiten auch zur sozialen Frage. Denn wer sich ständig im Kampf um Ressourcen wähnt, der kann keinen sozialen Zusammenhalt verspüren. Das ist soziales Dynamit, und die Wohnungsbaukrise ist nur ein Symptom Ihrer zögerlichen und zerstrittenen Regierungspolitik.

Und auch bei den Ländern sinkt jetzt die Bereitschaft zur Zusammenarbeit. Denn der letzte Flüchtlingsgipfel im Kanzleramt vor drei Wochen hat die wichtigen Fragen einfach nur vertagt. 1 Milliarde hin oder her: Die tiefgreifenden Herausforderungen werden nicht angegangen. Es gibt weder eine Lösung für eine dauerhafte Finanzierung noch Perspektiven für eine bessere soziale Infrastruktur – und das, obwohl die Kommunen derzeit mehr Kitaplätze, mehr Erzieherinnen und Erzieher brauchen.

Auch Schulen müssten ausgebaut, und Lehrpersonal müsste aufgestockt werden. Im letzten Schuljahr gab es 18 Prozent mehr ausländische Schülerinnen und Schüler, darunter 200 000 Kinder und Jugendliche aus der Ukraine. Die Kommunen brauchen zudem mehr Unterstützung bei den Sprachkursen, bei weiteren Integrationsmaßnahmen, bei der Stadt- und Dorfentwicklung und bei der Unterbringung in Sportstätten und Gebäuden.

Aber ganz offenkundig ist doch, dass eine faire Arbeits- und Lastenverteilung anders aussieht. Die Kommunen leisten die meiste Arbeit und bleiben doch immer nur Bittsteller.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ausgerechnet das Land Berlin zeigt der Bundesregierung, dass es – wohlgemerkt in Zusammenarbeit mit der CDU – anders geht. Der Regierende Bürgermeister von Berlin, Kai Wegner,

(Dr. Jan-Marco Luczak [CDU/CSU]: Guter Mann! – Marianne Schieder [SPD]: In Bayern kann ich nicht feststellen, dass es da mehr Lehrer und Erzieher gibt!)

soll eine Taskforce leiten, um die kommunale Verteilung, Unterbringung und Integration zu verbessern. Was ist daran zu kritisieren? Das ist eine gute Geschichte.

(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Jan-Marco Luczak [CDU/CSU]: Das ist ein sehr guter Mann, der Kai Wegner!)

Frau Kiziltepe, vor vier Wochen noch Parlamentarische Staatssekretärin bei der Bundesbauministerin und nun im neuen Amt als Senatorin, schlägt Neubauprojekte in modularer Bauweise vor, um Unterkünfte sowie Schulen und Kitas auszubauen. Außerdem fordert sie mehr Geld vom Bund und eine dauerhafte Finanzierung für Geflüchtete.

(Dr. Götz Frömming [AfD]: Wie wäre es mal mit der Begrenzung von Zuwanderung?)

Offensichtlich bestimmt das Sein auch das Bewusstsein.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Aber warum hat Frau Kiziltepe dies dann nicht schon früher gemacht? Es ist doch eine gute Geschichte. Das gilt übrigens auch für die Vorschläge, die wir als CDU/CSU-Fraktion unlängst als Forderung aus dem Kommunalgipfel formuliert haben, und zwar: finanzielle Unterstützung dauerhaft sichern, Kosten senken, vergabe- und verbraucherrechtliche Vereinfachung einführen, die Asylverfahren beschleunigen, irreguläre Migration reduzieren und die von der Bundesregierung versprochene Rückführungsoffensive endlich angehen.

(Marianne Schieder [SPD]: Das müssen ja die Länder machen! Da sind die schwarz regierten Länder genauso schlecht wie die anderen!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Bundesregierung zeigt, dass sie eben nicht bereit ist, diese hohen Verpflichtungen einzugehen, und ohne diese Verpflichtungen können keine gemeinsamen Entscheidungen mit den Ländern und mit den Kommunen getroffen werden. Damit spielen Sie den Demagogen in die Karten. Das Ergebnis Ihrer halbherzigen Politik sehen Sie im vorliegenden Antrag der AfD. Ich kann Sie nur zum Handeln auffordern.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Für Bündnis 90/Die Grünen hat das Wort Marcel Emmerich.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7554319
Wahlperiode 20
Sitzung 105
Tagesordnungspunkt Unterbringung von Flüchtlingen und Asylbewerbern
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