Michael KießlingCDU/CSU - Unterbringung von Flüchtlingen und Asylbewerbern
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! In der Vorbereitung einer Rede muss man oft etwas lesen, was man eigentlich gar nicht lesen will; so ist es mir bei diesem Antrag auch gegangen, liebe AfD.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Heiterkeit des Abg. Leon Eckert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Dennoch müssen wir heute diesen Antrag diskutieren. Dabei wird deutlich, dass sich Ihr Horizont sehr beschränkt darstellt: Sie haben – vermeintlich – einfache Antworten, Sie schreiben schlechte Anträge und haben intellektuell ernüchternde Forderungen formuliert. Die einzige Forderung Ihres Antrags
(Marc Bernhard [AfD]: Zwei Forderungen! Zwei!)
– nee, eine Forderung habe ich rausgelesen –, und zwar, das Aufenthaltsgesetz so zu ändern, dass eine Verpflichtung zur Übernahme von Ausländern aus einem Aufnahmeprogramm des Bundes nur dann besteht, wenn das betreffende Land diesem Aufnahmeprogramm zugestimmt hat, ist Ihre Antwort auf die Herausforderungen des Wohnungsmarktes.
(Marc Bernhard [AfD]: Das ist genau der gleiche Antrag wie in Sachsen-Anhalt, wo die CDU regiert! Will ich einmal darauf hinweisen: Das ist Ihr Antrag!)
Wo sind Sie denn? Was denken Sie denn? Wir haben ein Problem: Wir haben Wohnungsmangel, wir müssen schneller bauen, wir müssen mehr bauen, wir müssen entsprechend Wohnraum schaffen, meine Damen und Herren.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zuruf der Abg. Carolin Bachmann [AfD])
Die Lage ist viel zu prekär, um so populistische Politik zu machen, meine Damen und Herren. Deshalb brauchen wir durchdachte und ausgewogene, detaillierte Vorschläge.
(Marc Bernhard [AfD]: Von Ihren eigenen Landespolitikern!)
Es geht zum einen, wie Frau Weeser gesagt hat, um mehr Wohnraum. Es geht aber auch um eine nachhaltige Migrationspolitik, meine Damen und Herren.
(Zuruf von der AfD: Ah!)
Beides muss man zusammendenken.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Jetzt kann ich Ihnen etwas erzählen als Direktabgeordneter – viele von Ihnen sind Listenkandidaten;
(Marianne Schieder [SPD]: Es gibt keine zweierlei Abgeordneten! Alle haben das gleiche Mandat!)
darum habe ich gedacht, ich nehme mal diese Passage mit –: Wenn Sie mit Ihren Kommunalpolitikern vor Ort reden, meine Damen und Herren, dann bekommen Sie mit, was dort gespielt wird. Wir haben Wohnungsmangel, und wir müssen Flüchtlinge unterbringen. Wenn Sie den Kommunalpolitikern zuhören – auch denen aus ländlichen Regionen, Frau Mascheck –,
(Zuruf des Abg. Peter Heidt [FDP])
dann wissen Sie: Wir stehen vor der Herausforderung, dass wir die Kapazitäten nicht mehr haben, dass wir Probleme haben, auch die Integrationsleistungen zu stemmen, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Deshalb haben wir detaillierte Vorschläge eingebracht. Man muss aus dieser Berliner Blase, die hier oft durchaus, ich sage mal, eher Wohlfühlpolitik macht, wegkommen und auch mal dorthin schauen, wo es wehtut. Das empfehle ich auch der SPD und auch Ihnen, den Grünen: Hören Sie einmal zu, was die Kommunalpolitiker sagen! Wir haben extra einen Flüchtlingsgipfel organisiert, mit den Kommunen – nicht nur mit CDU-, CSU-regierten, sondern auch mit SPD-regierten –, und da kommt klare Kritik. Das ist es, was Politik ausmacht: am Menschen zu sein, zu hören, was bewegt, und dann entsprechende Lösungen herbeizuführen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Das hat bei Ihren beiden Flüchtlingsgipfeln leider nicht funktioniert. Der erste war ein Flop. Beim zweiten haben Sie sich Zeit erkauft. Aber Sie haben keine Lösungen, wie man die Kommunen langfristig entlasten kann.
(Marianne Schieder [SPD]: Wo sind Ihre Lösungen?)
Da, meine Damen und Herren, müssen Sie schneller werden. Wenn das Ihre Deutschlandgeschwindigkeit ist, dann wird es schwierig.
Zweitens, baurechtliche Vereinfachungen – Sie haben es angesprochen, Frau Weeser –, § 246 BauGB. Es ist richtig, dass hier Änderungen kommen. Wir haben einen Antrag dazu gestellt. Aber es reicht nicht, dass entsprechender Wohnraum schnell geschaffen wird, auch die Infrastruktur muss mitwachsen, und zwar schnell. Da gehören Kindergärten und Schulen mit dazu. Warum haben Sie das ausgenommen? Trauen Sie es den Kommunen nicht zu, eine vernünftige Planung auf den Weg zu bringen, um den Herausforderungen entsprechend gerecht zu werden?
(Marianne Schieder [SPD]: Hat Bayern genügend Lehrer?)
Offene Ganztagsschulen: Wir können sie fordern; wir brauchen Personal. Wenn man die Infrastruktur nicht hat, funktioniert es aber nicht. Und da müssen wir entsprechend auch ran.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Das heißt, wir haben ein vielschichtiges Problem. Die einfachen Antworten der AfD genügen nicht, die Ampel ist zu langsam. Gott sei Dank gibt es eine Opposition, die Ihnen das eine oder andere aufzeigt, was man anders machen kann.
Dazu gehört auch, schneller zu bauen. Herr Nickholz, Sie sagen, Sie haben viel gemacht. Wie schaut denn die Neubauquote aus? Wie schaut denn die Sanierungsquote aus? Da wird mir angst; da schaffen wir die 400 000 Wohnungen nicht, und wir schaffen es auch nicht, schnell Flüchtlingsunterkünfte zur Verfügung zu stellen.
(Brian Nickholz [SPD]: Wie schaut es denn bei Ihnen mit den Flüchtlingen aus? Da wird mir bange! – Marianne Schieder [SPD]: Wie viele Lehrer haben wir denn in Bayern für die Schulen?)
Das heißt, wir müssen schneller bauen, wir müssen die Infrastruktur zur Verfügung stellen. Es gehört aber auch eine Migrationspolitik dazu, die auch entsprechend steuert. Da gehören die Binnenkontrollen dazu, da gehört der Schutz der EU-Außengrenzen dazu, da gehört auch die Rückführungsoffensive dazu. Wir müssen aufhören mit dem deutschen Sonderweg in Europa. Wir brauchen eine europäische Lösung.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Das heißt, Migration und Flüchtlingsunterbringung sind vielseitig. Das Baurecht gehört dazu. Was die AfD fordert, ist Augenwischerei, ist Blenderei, geht in die falsche Richtung. Wir als demokratische Parteien müssen an den Lösungen arbeiten, und ich bitte die Koalition: Hören Sie auf die Kommunen!
(Leon Eckert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das tun wir!)
Stellen Sie die Finanzierung sicher, sodass es funktioniert! Wir haben die Kosten der Unterkunft komplett übernommen.
Meine Damen und Herren, ich wünsche eine gute Beratung. Stellen Sie die richtigen Weichen! Liebe AfD, lassen Sie diese Anträge! Das ist einfach nur Zeitverschwendung.
(Beifall bei der CDU/CSU – Martin Hess [AfD]: Das sagt die CDU/CSU, die den ganzen Problemen erst den Weg bereitet hat!)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7554325 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 105 |
Tagesordnungspunkt | Unterbringung von Flüchtlingen und Asylbewerbern |