Ingmar JungCDU/CSU - Änderung des Weingesetzes
Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich will beim letzten Punkt anknüpfen, den Kollege Ebner angesprochen hat. In der Tat – wir haben letzte Woche die neue Geisenheimer Absatzanalyse bekommen –, wir haben einen angespannten Markt im Absatzbereich, im Umsatzbereich, und deswegen ist die Verlängerung der noch stärkeren Begrenzung bei den Neuanpflanzungsrechten, wie es vom Bundesrat kam, sicherlich sinnvoll. Ich habe jetzt gesehen: Die Bundesregierung stimmt dem zu, und es ist sicherlich sinnvoll, dass wir die Übergangsregel mit der Begrenzung auf 0,3 Prozent weiter verlängern.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Herr Minister, schön, dass Sie da sind, aber Sie müssen jetzt bitte auch mal das Gespräch mit der Branche, mit den Verbänden suchen und die Zeit der Übergangsregel nutzen, um eine sinnvolle Regelung für die Zukunft zu finden. Wenn ich mit den Verbänden, zum Beispiel dem Deutschen Weinbauverband, rede, höre ich da eher 0,1 Prozent statt 0,3 Prozent. Wir sollten jetzt nicht wieder in eine Situation kommen, dass wir eine Übergangsfrist haben, dann wieder zurückfallen auf die 1,0 und immer noch keine Lösung haben. Da sollten wir jetzt eine zukunftsfähige Lösung finden.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ich glaube, dem angespannten Markt helfen wir auch, wenn wir mehr für das Image und die Markenbildung des deutschen Weins tun; wir haben es eben schon gehört. Wir haben in der letzten Legislaturperiode, glaube ich, einen großen Schritt gemacht, indem wir im Bezeichnungsrecht nach harten, langen Verhandlungen, nach harten Diskussionen in der Branche und auch mutigen Schritten im Ministerium eine echte Reform durchgesetzt haben. Wir haben jetzt Übergangsfristen für vieles vereinbart. Die sind auch sinnvoll und notwendig, weil viele Betriebe natürlich ihre Stammkundschaft an das konventionelle Bezeichnungsrecht gewöhnt hatten. Die Übergangszeiten waren dem einen zu lang, dem anderen zu kurz. Aber ich glaube, dass wir da vernünftige Kompromisse gefunden haben.
Aber wir müssen an der Stelle jetzt auch zukunftsfähig werden, um die Imagebildung zu betreiben. Ich will mal einen Punkt nennen, bei dem ich mir noch nicht so ganz sicher bin, ob wir da dauerhafte Regelungen gefunden haben oder nicht, nämlich im Bereich der Prädikate. Ich glaube, im restsüßen Bereich zweifellos; die Prädikate nach altem System, also auch nach dem Zuckergehalt zum Erntezeitpunkt, dem sogenannten Oechsle-Grad, sind absolut markenbildend für deutsche Weine. „ Kabinett restsüß“, „Spätlese restsüß“, „Auslese restsüß“ ist absolut sinnvoll und muss weiter verwendet werden. Wir haben im Moment sogar eine richtige Kabinett-Welle im deutschen Wein; die Kabinett-Weine sind immer beliebter, werden immer öfter getrunken. Sie sind übrigens üblicherweise auch die Weine mit dem geringsten Alkoholgehalt, also auch noch sinnvoll an der Stelle.
Ob es sinnvoll ist, dass wir, wenn wir ein Herkunftsbezeichnungsrecht haben, wie es außerhalb von Deutschland überall üblich ist, das, ganz grob gesagt, „je enger die Herkunft, desto höher die Qualität“ zum Maßstab hat, dann daneben noch die Prädikate im trockenen Bereich haben? Das kann, glaube ich, dazu führen, dass wir die Verbraucher etwas mehr verwirren. Also, an der Stelle müssen wir, glaube ich, noch gemeinsam diskutieren.
Ich weiß, dass diese Meinung nicht von allen geteilt wird; ich weiß, dass sie noch nicht mal in meiner Fraktion von allen geteilt wird. Aber da, glaube ich, wäre es sinnvoll, miteinander in der Diskussion zu bleiben und eine zukunftsfähige Regelung zu finden.
Ich will einen Punkt aufgreifen, den Sie, Herr Ebner, angesprochen haben: Im Bereich „Große Lage“ bzw. „Großes Gewächs“ müssen wir jetzt wirklich aufpassen, was passiert. Da drohte bis zum Januar die Gefahr, dass wir 13 unterschiedliche Regelungssysteme bekommen, jedes Weinbaugebiet, jede Schutzgemeinschaft ihren eigenen Weg geht, selbst die Regelungen festlegt und wir Deutschland dann noch weiter diversifizieren, als wir das vorher schon hatten. Glücklicherweise ist unter der Schirmherrschaft des DBV alles mal auf null gestellt worden seit Januar, und es wird jetzt miteinander verhandelt. Da, Herr Minister, fordere ich Sie und das Ministerium wirklich auf: Bitte begleiten Sie das positiv! Nehmen Sie das auch mit in die Hand! Wir müssen es schaffen.
Auch da stimme ich Ihnen zu, Herr Ebner: Qualität muss an der Stelle zwingend vor Quantität gehen. In der Spitze unserer Qualitätspyramide müssen wir national vergleichbare hohe Qualitätsmaßstäbe festlegen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Carina Konrad [FDP])
Dass es in den 13 Gebieten einzelne Besonderheiten gibt, die auch im Regelungssystem berücksichtigt werden müssen, ist zweifellos richtig. Aber der Rahmen muss der gleiche sein. Ansonsten gelingt die Markenbildung nicht. Ich bin fest davon überzeugt: Wenn wir es schaffen, in der Spitze klare, leicht verständliche, international erkennbare hohe Qualitätskriterien zu schaffen, dann profitiert der gesamte Markt, auch die hervorragenden Qualitäten, die wir in den anderen Stufen darunter haben. Deswegen ist das jetzt eine Weichenstellung für die nächsten Jahrzehnte, und wir müssen aufpassen, dass wir da keinen Fehler machen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Und dann wird man im Ergebnis wahrscheinlich auch noch mal an die Weinverordnung ran müssen, wenn diese Verhandlungen abgeschlossen sind; dann können wir die anderen Dinge, die auf dem Tisch liegen, auch noch mal miteinander diskutieren.
Vielleicht können wir selbst gelegentlich auch noch was für das Image des deutschen Weins tun, nicht indem wir ihn dauernd trinken – das auch, in Maßen –, sondern indem wir uns gelegentlich auch mal trauen, darüber zu reden, wie gut er ist. Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber ich ärgere mich massiv, wenn ich hier in Berlin irgendwo unterwegs bin – bei einem Wirtschaftsverband, bei einer Gesellschaft –, am Ende der Veranstaltung noch ein Glas Wein trinken will und der Veranstalter mir ganz stolz den tollen ausländischen Wein zeigt, den er besorgt hat. Ich ärgere mich da jedes Mal. Ich will hier wirklich keinem Protektionismus oder Ähnlichem das Wort reden,
(Stephan Brandner [AfD]: Patriotismus!)
aber ich finde, wir haben so tolle – jetzt nenne ich auch noch zwei: Hessische Bergstraße und Rheingau, und viele andere –
(Heiterkeit der Abg. Carina Konrad [FDP] – Isabel Mackensen-Geis [SPD]: Pfalz!)
Weinbaugebiete, in denen wir wirklich ausgezeichnete Weine produzieren. Ich finde, wir Abgeordneten des deutschen Parlaments müssen auf einer Veranstaltung nicht ausschließlich ausländische Weine trinken.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Carina Konrad [FDP] – Bernd Schattner [AfD]: Sehr nationalistisch!)
In Frankreich würde Ihnen das nie passieren, meine Damen und Herren. Nehmen Sie das doch mal zum Anlass – ich lade Sie gerne dazu ein –, die Leute mal darauf anzusprechen, wenn Ihnen das passiert! Ich mache das regelmäßig. Beim ersten Mal werden Sie meistens belächelt. Beim zweiten Mal werden Sie dann so langsam ernst genommen. Wenn das immer mehr machen, dann haben wir vielleicht auch mal ein bisschen mehr Verständnis für das, was wir hier in Deutschland selbst produzieren.
Ein Thema, das eben schon anklang, will ich natürlich auch noch ansprechen; das ist die Frage des Pflanzenschutzes. Da will ich nun wirklich die Bundesregierung auffordern, hier mehr tätig zu werden und mehr an der Seite der Branche zu stehen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Stephan Protschka [AfD] – Albert Stegemann [CDU/CSU]: Sehr gut!)
Wir müssen sehen, was im Moment seitens der Kommission mit der SUR-Verordnung – Sustainable Use Regulation – geplant wird. Im Entwurf steht im Moment: eine Reduktion von chemischen Pflanzenschutzmitteln von 50 Prozent und vor allen Dingen ein Totalverbot in bestimmten Bereichen, gerade in für Deutschland relevanten Bereichen. Wir haben es eben gehört: Die pilzanfälligen feuchtwarmen Jahre sind ja gerade das Problem in unseren Weinbaugebieten. Die Winzer können, wenn da ein Totalverbot kommt, gegen gewisse Infektionskrankheiten mechanisch nicht vorgehen. Dann droht ihnen ein Totalverlust der Ernte. Das muss man ernst nehmen. Das ist in südeuropäischen, warmen Ländern nicht so. Aber in Deutschland ist das ein echtes Problem. Das lässt sich also nicht europaweit gleichartig regeln, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Stephan Protschka [AfD] – Albert Stegemann [CDU/CSU]: Danke, Ingmar!)
Da fordere ich die Bundesregierung wirklich auf, hier jetzt dringend tätig zu werden. Wenn das, was die Kommission im Moment plant, so kommt – oder das, was die Berichterstatterin Frau Wiener in noch schärferer Weise vorschlägt –, dann droht uns nach Berechnungen des Deutschen Weinbauverbands, dass der Weinbau auf 30 Prozent der deutschen Rebfläche nicht mehr wirtschaftlich ist; auf Dauer werden die Flächen aufgegeben. Das kann doch nicht im Sinne des Erfinders sein, meine Damen und Herren.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Deswegen noch mal die Aufforderung: Herr Minister, bitte nehmen Sie die Alarmsignale aus der Branche wahr! Erkennen Sie an, dass unsere Winzerinnen und Winzer auch zum Schutz unserer Kulturlandschaft beitragen! Erkennen Sie an, dass Pauschalregelungen aus Brüssel auch keinen Landschaftsschutz in einzelnen Weinbaugebieten verwirklichen! Und stellen Sie sich an die Seite der wirklich alarmierten Winzerinnen und Winzer! Sie werden es Ihnen danken.
(Beifall bei der CDU/CSU – Albert Stegemann [CDU/CSU]: Sehr gut! Endlich sagt das mal jemand!)
Ein Teil der Problematik kann auf Dauer vielleicht – das haben wir eben schon gehört – auch durch stärkere, pilzwiderstandsfähige Rebsorten, die sogenannten Piwis, in den Griff bekommen werden. Auch dazu bereiten wir selbst einen Antrag vor. Wir sind zweifellos der Meinung, dass eine bessere Erforschung – da ist Deutschland ja weit in der Forschung – auf jeden Fall sinnvoll ist, um eine Ergänzung unseres Rebsortenportfolios auf Dauer an der Stelle zu verwirklichen. Es dient natürlich auch dem Klimaschutz, wenn die Winzer weniger durch den Weinberg fahren müssen; dann entsteht weniger Bodenverdichtung, dann müssen sie den nicht mehr aufreißen, es werden weniger Dieselabgase in die Luft geblasen, und sie brauchen natürlich weniger chemischen Pflanzenschutz an der Stelle. Deswegen ist das zweifellos sinnvoll.
Aber wir sollten auch nicht das Kind mit dem Bade ausschütten. Wenn wir über Imagebildung reden, dürfen wir an der Stelle auch nicht vergessen: Das Image des deutschen Weins wird, zumindest bisher, doch vielleicht eher über Riesling als über Regent gebildet. Das kann sich ein Stück weit ändern. Aber auch da sollten wir es nicht übertreiben. Das Vorantreiben der Forschung, das Vorantreiben der Züchtung an der Stelle ist auf jeden Fall sinnvoll, und das unterstützen wir auch.
Lassen Sie uns in dem Sinne alle gemeinsam mehr für den deutschen Wein tun, ganz im Sinne unseres hessischen Nationalhelden Johann Wolfgang von Goethe, der schon vor 250 Jahren wusste: Das Leben ist zu kurz, um schlechten Wein zu trinken.
(Carina Konrad [FDP]: Den hatte ich das letzte Mal in meiner Rede!)
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Stephan Protschka [AfD])
Nächste Rednerin ist Isabel Mackensen-Geis für die SPD-Fraktion.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7554499 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 106 |
Tagesordnungspunkt | Änderung des Weingesetzes |