Isabel Mackensen-GeisSPD - Änderung des Weingesetzes
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sie hören, ich bin ein bisschen angeschlagen,
(Stephan Protschka [AfD]: Ein bisschen Wein, dann wird die Stimme besser!)
aber diese Rede hätte ich mir nicht nehmen lassen. Deshalb freue ich mich sehr, dass ich heute versuchen kann, zu Ihnen zu sprechen, und ich denke, man kann mich ganz gut verstehen.
Ich bin ein Kind der Deutschen Weinstraße: Ich komme aus dem Weinanbaugebiet Pfalz. Ich bin aufgewachsen in Niederkirchen bei Deidesheim; das ist ein Ort – das ist schon etwas Besonderes –, der hat 2 400 Einwohner und trotzdem heute noch 14 Winzerinnen und Winzer. Die Pfalz ist eines der 13 Weinanbaugebiete; das haben wir schon an verschiedener Stelle gehört.
In meinem Wahlkreis Neustadt-Speyer sind aber nicht nur viele Akteure der deutschen Weinwirtschaft, sondern auch 400 Winzerbetriebe zu Hause. Das ist, glaube ich, schon eine besondere Nummer. Deshalb rede ich auch so gerne über meinen Wahlkreis, und deshalb ist es auch schön, dass wir heute über den Weinanbau sprechen.
Ich kann also aus meiner persönlichen Geschichte sagen, dass der deutsche Wein und der Weinanbau ein Kulturgut ist. Natürlich ist aber, weil im Wein Alkohol ist, der verantwortliche Umgang damit unerlässlich. Ich begrüße und unterstütze deshalb die Initiativen des Deutschen Weinbauverbands und des Deutschen Weininstituts zum moderaten Alkoholkonsum. Ich möchte an der Stelle auf „Wine in Moderation“ hinweisen, wozu sich die Winzerbetriebe verpflichten. Sie setzen sich dafür ein, dass Wein in Maßen – gerne bei einem guten Essen – genossen wird.
Aber es gehört für mich auch eine ganz neue Entwicklung dazu, nämlich der alkoholfreie Wein. Bei mir daheim sagt man: Das geht gegen meine Religion. – Aber ich finde, das ist etwas, was Sie vielleicht alle mal probieren sollten, weil sich da viel tut. Man darf das auch nicht unterschätzen: Das ist eine technisch hochanspruchsvolle Angelegenheit, aus Wein den Alkohol rauszuholen und dafür zu sorgen, dass er trotzdem schmeckt. Ich habe großen Respekt davor. Ich habe tatsächlich in meinem Wahlkreis ein Weingut, das Weingut Bähr, das komplett auf alkoholfreie Weine und Sekte setzt. Das verdient meinen absoluten Respekt an dieser Stelle.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Wir reden gerade über das Elfte Gesetz zur Änderung des Weingesetzes. Es ist natürlich schon angeklungen, dass es eine Anpassung ist, damit wir weiterhin den Weinsektor über das Nationale Stützungsprogramm unterstützen können. Es ist also eine relativ technische Anpassung. Warum reden wir heute hier? Ich hatte bei den vorherigen Debattenbeiträgen das Gefühl, dass nicht jedem ganz klar ist, dass es hier im Deutschen Bundestag ein Parlamentarisches Weinforum gibt. Das ist ein überfraktioneller Zusammenschluss, der genau das Ziel hat, den deutschen Wein zu unterstützen, weil es eben schon öfter vorgekommen ist, dass auch bei Veranstaltungen des Deutschen Bundestages viele ausländische Weine ausgeschenkt wurden, aber kein deutscher Wein. Wir haben 13 Weinanbaugebiete. Wir haben ganz viele tolle Winzerinnen und Winzer. Wir haben Vielfalt. Wir haben Innovation. Deshalb wollen wir das auch von unserer Seite als Parlamentarisches Weinforum unterstützen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Wir unterstützen neben dieser Gesetzesänderung auch die Stellungnahme des Bundesrates, die auf die Initiative von Rheinland-Pfalz zurückgeht – ein wichtiges Ansinnen, weil der Weinumsatz rückläufig ist. Es ist ein bisschen komplex. Es geht um die Reduzierung des Prozentsatzes der möglichen Neuausweisung von Rebflächen. Das ist nicht ganz einfach; ich gebe es zu. Generell ist festgelegt: 1 Prozent kann zu einem bestimmten Stichtag neu ausgewiesen werden. Das war von 2016 bis 2023 schon auf 0,3 Prozent reduziert, also eine Ausnahmeregelung. Jetzt hat, wie gesagt, auf Initiative von Rheinland-Pfalz der Bundesrat eine Stellungnahme beschlossen, nach der es bei den 0,3 Prozent bis 2026 bleiben soll. Das unterstützen wir, weil wir damit den heimischen Markt und den deutschen Wein stärken wollen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Carina Konrad [FDP])
Ich komme auch noch mal zu den Piwis. Ich sage lieber „Pionierwein“, weil Piwi – „pilzwiderstandsfähige Rebsorten“ – ein bisschen unsexy klingt und Pionierwein – „Zukunftswein“ wird er auch gerne genannt – doch vielleicht ein ansprechenderer Titel ist. Meine Kollegin Dr. Franziska Kersten wird auch gleich noch ein bisschen mehr zum Thema „Pflanzenschutz im Weinbau“ sagen. Ich war vor kurzem bei mir im Wahlkreis in der Rebschule Freytag in Lachen-Speyerdorf, zusammen mit dem Verband der deutschen Rebzüchter. Die Rebschule Freytag ist da schon sehr lange, seit drei Jahrzehnten, auf dem Weg, die pilzwiderstandsfähigen Rebsorten zu entwickeln. Es ist wirklich ein Erfolg, wenn man sich überlegt, dass 50 bis 80 Prozent – es kommt natürlich auf die Sorten und die Situation vor Ort an – der Pflanzenschutzmaßnahmen, die bei herkömmlichen Sorten benötigt werden, eingespart werden können. Sie beanspruchen aktuell 3 Prozent der Anbaufläche in Deutschland. Aber auch die Verbraucherinnen und Verbraucher kommen auf den Geschmack. Vielleicht haben Sie auch schon ein Glas Regent, Cabernet blanc, Solaris, Souvignier gris, Muscaris oder Calardis blanc im Glas gehabt. Wenn nicht, kann ich es nur empfehlen: Probieren Sie es! Es lohnt sich.
Ich möchte als Letztes noch auf die Forschungsvorhaben auf Bundesseite eingehen, weil es da ein Verbundvorhaben gibt: das Bundesprogramm Ökologischer Landbau. Das ist ein finanziertes Vorhaben in Rheinland-Pfalz, das nennt sich VitiFIT. „ Verbundvorhaben“ bedeutet, dass verschiedene Institutionen zusammenarbeiten: die Dienstleistungszentren Ländlicher Raum, der Weincampus Neustadt – er liegt auch bei mir im Wahlkreis –, der Geilweilerhof in Landau in der Südpfalz und das Weingut Galler, das auch in meinem Wahlkreis, in Kirchheim, liegt. Die haben zuletzt bei der ProWein für Furore gesorgt. Das Thema Mehrweg nimmt zum Glück auch im Weinbau an Bedeutung zu. Ich habe auch gerade gehört, dass es in vielen Regionen immer mehr kreative Ideen gibt. In dem Fall wurde der Piwi-Wein in eine Bierflasche abgefüllt, das heißt, man kann ihn einfach in den normalen Mehrwegkreislauf zurückgeben. Das ist Pionierwein und Nachhaltigkeit und Mehrweg in einem. Sie sehen: Der Weinbau ist innovativ. Der deutsche Weinbau hat Zukunft. Es lohnt sich immer, im Deutschen Bundestag über Weinbau zu sprechen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Ich muss mal ganz objektiv feststellen, dass beim Hopfengesetz nicht ein Bruchteil dieser Leidenschaft rüberkam, welche gerade an den Tag gelegt wird.
(Heiterkeit – Zurufe: Oh!)
Nächster Redner in der Debatte ist Bernd Schattner für die AfD-Fraktion.
(Beifall bei der AfD)
Source | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
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Electoral Period | 20 |
Session | 106 |
Agenda Item | Änderung des Weingesetzes |