Ralf StegnerSPD - Russische Wagner-Gruppe
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir dürfen uns niemals daran gewöhnen, dass der russische Diktator und Kriegsverbrecher Putin in unserer direkten Nachbarschaft einen schrecklichen Krieg führt. Neben den regulären russischen Truppen werden dabei auch kremltreue Privatarmeen wie die für besondere Grausamkeit bekannten Wagner-Söldner unter Kriegsprofiteur Prigoschin eingesetzt.
Als Sozialdemokrat sehe ich die Privatisierung staatlicher Aufgaben ohnehin kritisch.
(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)
Als Abrüstungspolitiker bin ich aber erst recht dagegen, das staatliche Gewaltmonopol zu privatisieren. Wir brauchen ein umfassendes Verbot der Privatisierung militärischer Gewalt.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und der Abg. Lamya Kaddor [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Es gibt nichts Schlimmeres als Krieg, von dem am Ende nur diejenigen profitieren, die Waffen und Militärdienstleistungen verkaufen. Die Verquickung militärischer Entscheidungen mit Geschäftsinteressen von Einzelpersonen und Unternehmen ist schlichtweg unmoralisch.
(Beifall der Abg. Kathrin Vogler [DIE LINKE])
Auch am Massaker von Butscha waren Wagner-Söldner aktiv beteiligt. Es gibt Berichte von schweren Menschenrechtsverletzungen: Kriegsverbrechen gegenüber Kriegsgefangenen und Zivilisten und Hinrichtungsvideos, wie wir sie bisher nur von Al-Qaida kennen. Das sehen wir in Syrien, in Libyen, in Mali, im Sudan, in Mosambik und im Kongo und in erschreckendem Ausmaß in der Ukraine. All das macht deutlich: Wir müssen alle Mittel unseres Rechtsstaates, unseren Einfluss in Europa und in der Welt und alle diplomatischen Möglichkeiten dafür einsetzen, die Verbrechertruppe von Wagner international zu ächten.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP und der Abg. Lamya Kaddor [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Kathrin Vogler [DIE LINKE])
Ihre Kriegsverbrechen müssen konsequent geahndet werden. Aber das reicht nicht. Über das Montreux-Dokument hinaus dürfen wir bei sogenannten Private Military Companies oder privaten Sicherheits- und Militärunternehmen nicht länger wegsehen. Solche Unternehmen ziehen übrigens typischerweise Bewerber an, die hinter Schloss und Riegel besser aufgehoben sind als irgendwo sonst.
(Johannes Schraps [SPD]: Sehr richtig!)
Wir müssen die Kriege der Welt beenden und sollten nicht noch ihre Privatisierung dulden, die übrigens auch politische Verantwortung verhindert. Krieg ist keine Privatsache und darf niemals Geschäft sein. Wenn Söldnertruppen wie Wagner zunehmend ihre Dienste an verbrecherische Regime, Warlords, Krisenprofiteure verkaufen, wird das auch zu einer großen Herausforderung für die europäische Außen- und Sicherheitspolitik. Wir müssen bei unseren Gesprächen mit Partnerländern deutlich machen, dass der Einsatz krimineller Söldnertruppen wie Wagner und eine Zusammenarbeit mit der EU und Deutschland nicht miteinander vereinbar sind, meine sehr verehrten Damen und Herren!
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union, an Ihrem Antrag ist vieles richtig. Sie schreiben selbst, dass wir zur Kenntnis nehmen sollten, was unsere europäischen Freunde und Partner bereits in Bezug auf die Wagner-Truppe unternommen haben. Einig sind wir uns auch darin, dass das wichtigste Prinzip bei der Verteidigung der Ukraine gegen den russischen Angriffskrieg Solidarität und enge Abstimmung mit unseren Verbündeten ist.
Was Ihr Antrag aber unterschlägt, ist, dass die Bundesregierung eine klare Position hat. Maßgeblich sind EU-Verordnungen, sind rechtliche Voraussetzungen, die die EU-Listung regeln.
(Johannes Schraps [SPD]: Ganz genau!)
Wie Sie wissen, hat die EU schon restriktive Maßnahmen ergriffen: 19 Personen, 10 Organisationen sind mit Sanktionen belegt worden. Die Vermögenswerte der Betroffenen wurden eingefroren. Die Einreise in die EU ist untersagt. Den Wagner-Leuten und -Organisationen dürfen weder unmittelbar noch mittelbar Gelder und Ressourcen zur Verfügung gestellt werden. Und ich bin mir sicher, dass die Außenministerin alles, was in ihrer Kraft steht, tut, um zusammen mit den Partnern eine Verbesserung der Situation zu erreichen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Jürgen Hardt [CDU/CSU]: Da wäre der Bundestag doch der richtige Stichwortgeber!)
Einer Aufforderung durch den Deutsche Bundestag bedarf es wirklich nicht, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Ich will Ihnen ehrlich sagen: Die Stärkung des Völkerrechts, der regelbasierten Ordnung und des Friedens eignet sich nicht für parteipolitische Spielchen. Dafür, finde ich, ist das Thema wirklich zu ernst.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Dr. Katja Leikert [CDU/CSU]: Sie können ja zustimmen!)
Der Unterausschuss Abrüstung unter dem Vorsitz des geschätzten Kollegen Armin Laschet zeigt übrigens sehr gut, dass bei Fragen von Krieg und Frieden eine enge Zusammenarbeit der demokratischen Fraktionen fruchtbar und kollegial machbar ist.
Was ich Ihnen also vorschlage: Verzichten Sie auf die Abstimmung! Lassen Sie uns den Antrag überweisen! Und wenn wir uns Mühe geben, kommen wir am Ende zu einem gemeinsamen Antrag; denn in der Sache sind wir Demokraten in diesem Hause sehr viel näher beieinander, als es meine Vorrednerin eben in ihrer Rede zum Ausdruck gebracht hat.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und der Abg. Lamya Kaddor [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Johannes Schraps [SPD]: Sehr richtig! – Dr. Katja Leikert [CDU/CSU]: Dann stimmen Sie zu!)
Wenn wir einen anderen Eindruck erwecken, nützt das übrigens denjenigen, die gut finden, was die Leute von der Wagner-Gruppe machen – um das auch deutlich zu sagen.
(Stephan Brandner [AfD]: Ja, klar!)
– Ich weiß ja, Sie reden gleich, Herr Brandner; deswegen wollte ich das vorwegnehmen. Wir wissen, dass Sie diejenigen sind, die davon profitieren, wenn sich Demokraten streiten, wenn es um Krieg und Frieden geht.
Wir sollten auf einer Seite stehen,
(Zuruf der Abg. Dr. Katja Leikert [CDU/CSU])
die Außenministerin unterstützen und dafür sorgen, dass diesen Leuten, die so üble Dinge tun, das Handwerk gelegt wird.
Vielen herzlichen Dank.
(Beifall bei der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Für die AfD-Fraktion erhält das Wort Stephan Brandner.
(Beifall bei der AfD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7554522 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 106 |
Tagesordnungspunkt | Russische Wagner-Gruppe |