Diana StöckerCDU/CSU - Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister Lauterbach! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Pflege ist eine der größten gesellschaftlichen Herausforderungen. Sie betrifft uns alle. Wir alle fragen uns, wie wir das Alter erleben dürfen und wer uns pflegen kann oder muss, und wir alle haben ältere Familienmitglieder, für die wir mitverantwortlich sind.
Herr Minister Lauterbach, liebe Ampelkoalition, Sie hätten mit Ihrem Gesetzentwurf die Chance zu einem großen Wurf gehabt – für eine gute Pflegereform, die die Pflegestärkungsgesetze der letzten unionsgeführten Legislaturperiode weiterentwickelt.
(Beifall bei der CDU/CSU – Lachen bei Abgeordneten der SPD)
Doch das, was Sie uns nun vorlegen, ist keine Reform, sondern ein dürftiges Auf-Sicht-Fahren – wieder mal der kleinste gemeinsame Nenner.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wir erkennen positiv an, dass das von uns geforderte flexibel nutzbare Entlastungsbudget für pflegende Angehörige, das im ersten Entwurf noch nicht enthalten war,
(Heike Baehrens [SPD]: Von Ihnen gefordert?)
nun doch kommt. Leistungen für die Kurzzeit- und Verhinderungspflege werden zusammengelegt. Nicht akzeptabel ist jedoch, dass es für die meisten pflegenden Angehörigen erst nach zwei Jahren kommt, und zwar im Juli 2025,
(Beifall bei der CDU/CSU)
kurz vor der nächsten Bundestagswahl. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Herr Minister, wie erklären Sie den pflegenden Angehörigen älterer Menschen, dass sie noch zwei Jahre warten müssen? Diese pflegenden Angehörigen sind der größte Pflegedienst der Nation. Sie brauchen dringend Entlastung und kleine Auszeiten.
(Beifall bei der CDU/CSU – Claudia Moll [SPD]: Das ist eine Frechheit!)
Auch angesichts des Fachkräftemangels in der professionellen Pflege können wir es uns einfach nicht leisten, dass pflegende Angehörige aufgeben.
Hinzu kommt: Die geplante ohnehin schon sehr bescheidende Dynamisierung der Pflegeleistungen fällt noch magerer aus. Die Beträge dafür sollen ab dem Jahr 2025 nicht um 5 Prozent, sondern nur um 4,5 Prozent steigen. Das zusätzliche Geld fürs Entlastungsbudget wird den Pflegebedürftigen über die Pflegeleistungen quasi wieder entzogen. Ein Inflationsausgleich ist nicht im Ansatz enthalten. Eine in die Zukunft gerichtete nachhaltige Lösung sieht anders aus.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Eine Verzweiflungstat, weil Minister Lindner das Geld nicht rausrückt? Mit gewisser Genugtuung stellen wir fest, dass auch Sie in Ihrer Koalition vom Finanzminister ständig ausgebremst werden, genauso wie wir das in der Großen Koalition erleben durften mit dem ehemaligen Finanzminister Olaf Scholz, an dem vieles scheiterte.
(Beifall bei der CDU/CSU – Lachen bei Abgeordneten der SPD)
Herr Minister Lauterbach, Sie kündigen bereits jetzt an, dass Sie die Finanzierung der Pflegeversicherung noch mal gesondert mit einer großen Lösung angehen wollen. Sie geben damit zu, dass das Gesetz nicht tragfähig ist, und vertrösten auf eine spätere Lösung. Das haben wir schon öfter bei Ihren Gesetzen gehabt. Bitte denken Sie volkswirtschaftlich, ganzheitlich und langfristig
(Sönke Rix [SPD]: Und das aus Ihrem Mund!)
und nicht immer nur in kurzfristigen Lösungen. Eine wirkliche Pflegereform braucht ein nachhaltiges generationengerechtes Konzept.
(Beifall bei der CDU/CSU – Claudia Moll [SPD]: Ihres war ja besser!)
Dann ist da noch die Vorgabe des Bundesverfassungsgerichtes bezüglich einer stärkeren Differenzierung des Beitragssatzes zur Pflegeversicherung je nach Kinderzahl. Hätten Sie das schon vor einem Jahr ausgeräumt, hätten die gestalterischen Punkte nicht mit Handlungsdruck übers Knie gebrochen werden müssen.
(Beifall bei der CDU/CSU – Heike Baehrens [SPD]: Das Urteil ist vor einem Jahr gefällt worden!)
Dennoch begrüßen wir, dass Sie Modellvorhaben zur Förderung von Unterstützungsmaßnahmen für Pflege im Quartier wieder ins Gesetz aufgenommen haben. Darin liegt das große Potenzial; denn die Kommunen sehen vor Ort, wohnortnah den Handlungsbedarf und können zielgerichtet Konzepte entwickeln und umsetzen, zum Beispiel präventive Hausbesuche, Gesundheitsförderung von pflegebedürftigen Menschen im Haushalt oder neue Wohnformen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Genau diese Ideen und Projekte sind wichtig, wenn wir der Pflege im Alter eine Zukunft geben wollen. Das ist uns als Unionsfraktion ein sehr wichtiges Anliegen; hierzu haben wir einen Änderungsantrag eingebracht. Allerdings hätten wir hier 50 Millionen statt 30 Millionen Euro für angebracht gehalten, um regionalspezifische Modellvorhaben zu unterstützen.
Alles in allem: Sie bleiben weit hinter den Ankündigungen aus Ihrem Koalitionsvertrag zurück und setzen eigene Ziele des Koalitionsvertrages nicht um. Ein gelungenes Gesetzesvorhaben sieht anders aus.
(Claudia Moll [SPD]: Ja, ja!)
Es wird sehr deutlich, dass Sie heftig gestritten haben. Man merkt Ihnen an, wie schmerzhaft diese Kompromisse sind.
(Heike Baehrens [SPD]: Bei Ihnen merkt man, wie schmerzhaft Opposition ist!)
Für uns sind sie auch schmerzhaft, weil Sie Chancen verpasst haben. Deswegen lehnen wir den Gesetzentwurf ab.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Nächste Rednerin: für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Kordula Schulz-Asche.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7554554 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 107 |
Tagesordnungspunkt | Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz |