26.05.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 107 / Tagesordnungspunkt 25

Emmi ZeulnerCDU/CSU - Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! „ Wir brauchen eine Revolution in der Pflege.“ Das hat unser bayerischer Gesundheitsminister Klaus Holetschek formuliert.

(Beifall bei der CDU/CSU – Zurufe von der SPD: Oah! – Takis Mehmet Ali [SPD]: Ausgerechnet der bayerische! – Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und von der FDP)

Ich finde, er hat recht. Wie wir das so oft erlebt haben, hat Karl Lauterbach, der Bundesgesundheitsminister, sich das angeschaut und sich gedacht: Das ist eigentlich eine gute Schlagzeile. Ich formuliere sie mal ein bisschen um. – Er hat es so gesagt: Wir brauchen eine Revolution im Krankenhaus.

Das ist beispielgebend dafür, was schiefläuft beim Verständnis davon, wie sich Pflege verändern muss. Wir als Union sprechen von einer Revolution in der Pflege, weil diese Revolution daheim anfängt.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Es nützt nichts, wenn wir Strukturen in den Krankenhäusern verändern, aber die häusliche Pflege zusammenkracht. Wir erleben das daheim; es ist bereits Realität in unserem Land. Wenn die Angehörigen plötzlich stürzen, irgendwas passiert, Krankheit eintritt, dann steht man vor der Frage: Ja, was mache ich denn? Wie organisiere ich denn Pflege daheim? – Von zehn Pflegebedürftigen werden acht daheim gepflegt. Dann kommt es in unserem Land eben zu oft zu der Situation, dass dann aus der Verzweiflung heraus der Notarzt gerufen wird, weil man nicht mehr weiß, wie man sich sonst helfen soll. Und die Kosten sind auch beziffert: Es sind 3,5 Milliarden Euro – und 1 Milliarde sind 1 000 Millionen –, die es an Kosten verursacht, wenn Menschen ins Krankenhaus eingeliefert werden müssen, weil beispielsweise daheim die Pflege nicht funktioniert.

(Takis Mehmet Ali [SPD]: Sie reden am Thema vorbei!)

Deshalb ist dieses Gesetz so wichtig, und deshalb wäre dieses Gesetz eine so große Chance gewesen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Denn selbst, wenn das Geld nicht da ist, hätte man zumindest an die Strukturen rangehen müssen. An genau diese Strukturen gehen Sie eben nicht ran. Das ist der Vorwurf, den wir Ihnen jetzt nach zwei Jahren Regierungszeit ganz konkret machen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir sind in einer Situation, in der die Krankenhäuser kurz vor dem Kollaps stehen. Sie können gar nicht mehr auf irgendwelche Reformen warten. Wir stehen vor der Situation, dass stationäre Einrichtungen schließen müssen, weil das Pflegepersonal nicht da ist.

(Zuruf des Abg. Takis Mehmet Ali [SPD])

Wir stehen vor der Situation, dass aufgrund des Personalmangels und des demografischen Wandels auch ambulante Pflegeeinrichtungen und ambulante Dienste ihre Leistungen zurückfahren müssen.

Angesichts dieser Situation führen Sie das Entlastungsbudget aber nicht jetzt ein, sondern erst in den nächsten Jahren.

(Dr. Andrew Ullmann [FDP]: Weil Sie gar nichts eingeführt haben! Sie haben in den letzten Jahren gar nichts gemacht! – Zuruf des Abg. Takis Mehmet Ali [SPD])

Das können Sie tun. Es nützt am Ende des Tages aber nur wenig, wenn es beispielsweise in der Kurzzeitpflege keine Strukturen gibt, die überhaupt in der Lage sind, das Angebot der Unterstützung zu machen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Das ist das, was ich Ihnen vorwerfe.

Die Kollegin Kordula Schulz-Asche hat heute ganz klar formuliert, was die Aufgaben sind – das ist zu unterstützen –: Wir müssen bei den Kommunen ansetzen. Die Kommunen sind der Dreh- und Angelpunkt. Sie müssen die Sorgearbeit mitorganisieren. Und dann frage ich mich bei diesem riesigen Volumen an im Gesetzentwurf geplanten Ausgaben: Warum sind Sie denn bei dieser kleinen Forderung nach der Unterstützung der Kommunen sogar hinter Ihren Referentenentwurf zurückgegangen? Es gibt überhaupt keinen Grund, warum Sie die Unterstützung für die Kommunen gekürzt haben; denn sie werden zukünftig die Hauptaufgabe haben.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Die Versorgung in den Quartieren, die Gemeindekrankenschwester – die Community Nurse –, eine grundsätzlich bundesweit einheitliche Ausbildung der Pflegeassistenz, präventiver Hausbesuch usw.: Alles das wurde angesprochen; alles das finden wir in diesem Gesetzentwurf nicht.

(Zuruf der Abg. Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Deswegen: Sie müssen ja nicht auf die Union hören. Hören Sie einfach auf die Kollegin Kordula Schulz-Asche! Dann würden Sie hier ein besseres Gesetz vorlegen, als Sie es tatsächlich getan haben.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Die Pflege in den Wohngemeinschaften, innovative Pflege, also Menschen, die sich vor Ort schon selbst auf den Weg gemacht haben, weil die bestehenden Strukturen nicht ausreichend gute Antworten geben, berücksichtigen Sie überhaupt nicht. Es gibt null Unterstützung für die Pflege-WGs. Aber auch das sind Versorgungsformen der Zukunft, in denen sich Menschen mit gleichen Interessen zusammentun. Deswegen kann ich Ihnen nur sagen: Dieses Gesetz, wie es jetzt ist, wird den Anforderungen der Zukunft in keiner Weise gerecht.

Allensbach hat es in einer Umfrage festgestellt: Bei den Forderungen, die die Menschen in unserem Land am dringlichsten vorbringen, rangiert ganz oben: Organisieren Sie die häusliche Pflege ordentlich! – Das sagen die Menschen, die aus Solidarität und Nächstenliebe heraus für ihre Angehörigen eintreten.

Uns allen ist doch eigentlich klar – es ist auch etwas Wunderbares –: Wir sind eine der ältesten Gesellschaften dieser Welt. 70 ist das neue 50, 80 ist das neue 60. Die ältere Generation kann sich neu erfinden, und das ist doch etwas ganz Wunderbares. Deshalb lassen Sie uns mit Zuversicht, aber auch mit Kraft – denn es braucht eine Kraftanstrengung – einen weiteren Gesetzentwurf einbringen, der endlich Antworten enthält, nämlich Antworten, die die Menschen in unserem Land verdient haben!

(Beifall bei der CDU/CSU)

Nächste Rednerin: für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Maria Klein-Schmeink.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7554561
Wahlperiode 20
Sitzung 107
Tagesordnungspunkt Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz
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