26.05.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 107 / Tagesordnungspunkt 26

Carl-Julius CronenbergFDP - Bürokratiearme Regelung der Arbeitszeiterfassung

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Union will bürokratiearme Arbeitszeiterfassung und flexibles Arbeiten ermöglichen.

(Dr. Ottilie Klein [CDU/CSU]: Richtig so!)

So weit, so gut.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

In den konkreten Antragsforderungen bleiben Sie dann aber leider im Ungefähren. Sie verlangen, dass freiwillige Vertrauensarbeitszeitmodelle praktikabel umsetzbar sein müssen. Was verstehen Sie unter „praktikabel“?

(Dr. Ottilie Klein [CDU/CSU]: Was verstehen Sie unter „praktikabel“? – Stephan Stracke [CDU/CSU]: Ihr sucht erkennbar Freunde! Ich verstehe das ja!)

Sie wollen keine zwingende taggenaue Erfassung. Was denn nun? Nicht taggenau? Oder nicht zwingend? Oder keines von beidem? Was wollen Sie stattdessen? Auch das bleibt im Unklaren. Liebe Union, danke für die Gelegenheit, über wichtige Punkte einer Reform des Arbeitszeitrechts zu sprechen. Neue, geschweige denn konkrete Lösungsvorschläge enthält Ihr Antrag leider nicht.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Manch einer liest aus der Begründung der BAG-Entscheidung: Aha, die Arbeitszeiterfassung ist, abgeleitet aus dem Arbeitsschutzrecht, schon heute verpflichtend. Allerdings gilt Arbeitsschutz für alle Erwerbstätigen, für alle, ohne Ausnahme, also auch für Richter, Beamte, die sicher in puncto Arbeitsschutz Vorbild sein sollten, für Chefärzte, Vorstände, Forscher – darüber haben wir gesprochen –, eben für alle.

Das kann und will niemand so umsetzen. Vielmehr bietet es sich an, zunächst einmal klarzustellen, dass sich das Arbeitsschutzgesetz gar nicht zum Arbeitszeitgesetz verhält, so wie es seit fast 30 Jahren in zig Millionen Arbeitsverhältnissen gelebte Praxis ist und auch gut funktioniert. Mit einer solchen Klarstellung wäre die Unsicherheit, was nach dem BAG-Urteil überhaupt gilt, erst einmal aus der Welt.

Bleibt das EuGH-Urteil aus Mai 2019. Es stellt fest, dass Arbeitgeber verpflichtet sind, ein System zur Arbeitszeiterfassung zur Verfügung zu stellen, will heißen: Arbeitnehmer haben das Recht, ihre Arbeitszeit genau aufzuzeichnen. Das ist das Gebot des EuGH. Gleichzeitig muss aber auch gelten: Arbeitnehmer, die von diesem Recht keinen Gebrauch machen wollen, dürfen vom Gesetzgeber nicht dazu gezwungen werden. Das ist das Gebot des Respekts gegenüber erwachsenen und verantwortungsvollen Beschäftigten, liebe Kolleginnen und Kollegen. Der Gesetzgeber soll nicht regeln, was die Sozialpartner regeln können. Das gebieten Subsidiarität und Tarifautonomie.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP, der SPD und der CDU/CSU)

Deshalb hat die Koalition vereinbart, was der EuGH verlangt und Millionen Beschäftigte erwarten: Wer seine Arbeitszeit erfassen will, hat das Recht dazu. Wer sie nicht erfassen will, wird vom Gesetzgeber auch nicht dazu gezwungen. – Jede Chance, Arbeit ein wenig selbstbestimmter zu organisieren, sollten wir nutzen und nicht durch den Gesetzgeber einschränken.

(Hermann Gröhe [CDU/CSU]: Aha! Gute Idee!)

Ich habe neulich mit einem Exportsachbearbeiter gesprochen. Er sagte: Ich gehe nach ein paar Stunden nach Hause, nachmittags bin ich mit den Kindern zusammen und abends oder zwischendurch mache ich noch einmal weiter, so wie es die Termine mit den Kunden verlangen. – Der Chef steht nicht im Weg. Wir sollten als Staat auch nicht im Weg stehen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Homeoffice ist deswegen so wertvoll, weil es eine echte Chance für die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist, für die Mamas, für die Papas, für die Kinder, für alle. Das dürfen wir nicht komplizierter machen.

(Hermann Gröhe [CDU/CSU]: Aber die Ampel steht auf Rot!)

Überlegt mal: Bei jeder Unterbrechung aus- und wieder einstempeln, die Daten erfassen und gleichzeitig verhindern, dass sie zur Leistungsüberwachung missbraucht werden. So riskiert man Bürokratiemonster. Das wollen wir nicht.

(Stephan Stracke [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

Deshalb haben wir in der Koalition auch vereinbart: Die Vertrauensarbeitszeit steht unter Schutz. – Homeoffice und mobiles Arbeiten brauchen eine starke Vertrauensarbeitszeit, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Ein Wort zur Viertagewoche. Auch das ist Angelegenheit der Sozialpartner und nicht des Gesetzgebers. Unser Auftrag lautet, den Sozialpartnern die Viertagewoche zu ermöglichen. Da darf kein Gesetz im Wege stehen. Deshalb geht die Koalition auch das mit der Reform des Arbeitszeitgesetzes an.

Danke schön.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Nächster Redner ist Wilfried Oellers für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7554596
Wahlperiode 20
Sitzung 107
Tagesordnungspunkt Bürokratiearme Regelung der Arbeitszeiterfassung
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