26.05.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 107 / Tagesordnungspunkt 26

Wilfried OellersCDU/CSU - Bürokratiearme Regelung der Arbeitszeiterfassung

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will nach der gesamten Diskussion, die wir hier geführt haben, nach all den Vorwürfen, die wir uns als CDU/CSU-Fraktion zu Unrecht jetzt vorhalten lassen mussten, ganz deutlich klarstellen, dass für uns das Arbeitszeitrecht ein Arbeitsschutzrecht ist und dass der Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer selbstverständlich im Fokus steht.

(Natalie Pawlik [SPD]: Es steht aber nicht im Antrag!)

Wenn Sie uns das nicht glauben – danke für den Hinweis –, lassen Sie mich aus unserem Antrag zitieren. Da heißt es nämlich im letzten Satz unter Ziffer I, bevor die Ziffer II kommt – damit Sie es schneller finden –:

Unser Ziel ist, den rechtlichen Rahmen so zu entwickeln, dass mögliche Spielräume bei der Arbeitszeitgestaltung zum Vorteil aller Beteiligten genutzt werden können, ohne dass die Schutzfunktion des Arbeitszeitrechts beeinträchtigt wird.

(Stephan Stracke [CDU/CSU]: So schaut es aus! – Dr. Martin Rosemann [SPD]: Bla, bla, bla!)

Ich denke, dieser Satz ist aussagekräftig genug, um das Gesamtportfolio, wie wir es gestalten wollen, noch einmal deutlich zu machen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Herr Kollege Bsirske, wenn Sie vorhalten, dass der Gesundheitsschutz im Antrag keinen Raum hat, dann muss ich Ihnen schon sagen, dass man unter der Formulierung „Schutzfunktion des Arbeitszeitrechts“ den Gesundheitsschutz selbstverständlich mit erfassen kann. Wir können ihn gerne bei einem nächsten Antrag, den wir wahrscheinlich stellen müssen, auch als Begriff sprachlich unterbringen, damit es für Sie deutlich wird.

(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und wie soll das konkret aussehen?)

Trotzdem: Bei aller Schutzfunktion, die im Raum steht und die im Fokus stehen muss, ist es natürlich auch wichtig, dass das Arbeitszeitrecht flexibel ist und, wie Sie sagen, Frau Müller-Gemmeke, auch ins Leben passt.

(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau!)

Jetzt bringe ich mal folgendes Beispiel – der Kollege Cronenberg hat gerade darauf hingewiesen –: Man soll gerne morgens und dann wieder abends arbeiten können, und zwischendurch zählt die Familie. Herr Mansoori, ich muss Ihnen sagen, das passt mit den Ausnahmen, die Sie eben mit Verweis auf § 7 Arbeitszeitgesetz zitiert haben, eben gerade nicht zusammen.

(Kaweh Mansoori [SPD]: Ich bin gespannt!)

– Ja, können Sie auch sein. – Zurück zum Beispiel. Wenn Sie eine Arbeitnehmerin oder einen Arbeitnehmer haben, die sagen: „Ich will morgens von 8 bis 13 Uhr arbeiten, dann die Kinder vom Kindergarten oder von der Schule abholen, den Nachmittag mit den Kindern verbringen, mich um die Kinder kümmern und möchte dann noch mal von 20 bis 23 Uhr oder von 19 bis 22 Uhr arbeiten“, dann bleiben die im Rahmen der acht Stunden Arbeitszeit am Tag. Dann reden wir auch nicht von einer Entgrenzung der Arbeit über das bisherige Maß hinaus. Und dann kommen Sie mit den elf Stunden Ruhezeit nicht aus. Da hilft Ihnen auch nicht § 7 Absatz 1 Nummer 3 Arbeitszeitgesetz, in dem es heißt, die Ruhezeit kann um zwei Stunden reduziert werden.

Wenn Sie das Gesetz schon mit zum Rednerpult nehmen, dann würde ich Sie bitten, wirklich vollständig zu zitieren.

(Beifall bei der CDU/CSU)

In § 7 Absatz 1 Nummer 3 Arbeitszeitgesetz steht nämlich auch, dass „abweichend von § 5 Absatz 1 die Ruhezeit um bis zu zwei Stunden verkürzt werden kann, wenn die Art der Arbeit dies erfordert“ – das ist die erste Einschränkung – und wenn – das ist die zweite Einschränkung, also jetzt kumulativ und nicht alternativ; da kommen Sie bei Ihrem Beispiel aber nicht hin – „die Kürzung der Ruhezeit innerhalb eines festzulegenden Arbeitszeitraums ausgeglichen wird“. Das heißt, man muss die Ruhezeit nachholen. Wenn man dieses Modell, das ich gerade beschrieben habe, als Arbeitnehmer oder als Arbeitnehmerin grundsätzlich leben will, kann man das nicht, weil man die Ruhezeit nach diesem Plan eben nicht nachholt. Sie müssen schon vollständig zitieren, wenn Sie so etwas behaupten.

(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Martin Rosemann [SPD]: Gucken Sie mal in den Tarifvertrag der Metall- und Elektroindustrie! Da steht genau das drin!)

Allein dieses Beispiel und alle anderen Beispiele, die meine Kollegen schon genannt haben, zeigen: Bezogen auf die europäische Arbeitszeitrichtlinie mit ihren Flexibilisierungsmöglichkeiten, auch im Rahmen von Wochenarbeitszeit und nicht nur, wenn es um die Erhöhung von Arbeitszeit geht – um das noch mal deutlich zu sagen –,

(Beifall des Abg. Hermann Gröhe [CDU/CSU])

wäre es ganz hilfreich, die Erleichterungen oder Öffnungsmöglichkeiten doch zu übernehmen. Ich bin gespannt, wie die Ampel da weiter vorangeht. Es werden aktuell schon so viele Beratungen von Gesetzen abgesetzt. Selbst die EU-Entsenderichtlinie für den Güterkraftverkehr –

Kommen Sie bitte zum Schluss.

– ist für diese Woche von der Tagesordnung abgesetzt worden. Also, wenn Sie sich nicht mal da einigen können, weiß ich nicht, wie Sie sich bei der Arbeitszeit einigen wollen.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Als Nächstes erhält Mathias Papendieck für die SPD-Fraktion das Wort.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7554597
Wahlperiode 20
Sitzung 107
Tagesordnungspunkt Bürokratiearme Regelung der Arbeitszeiterfassung
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