Marcus FaberFDP - Bundeswehreinsatz in Mali (MINUSMA)
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Wir beraten heute die letztmalige Verlängerung des UN-Mandats MINUSMA, um der Bundeswehr einen geordneten Abzug aus Mali zu ermöglichen. Wir beraten heute ein Abzugsmandat.
Vor über zehn Jahren nutzte die Terrororganisation al-Qaida einen Aufstand der Tuareg, um sich im Norden von Mali festzusetzen. Die internationale Gemeinschaft reagierte mit der Multidimensionalen Integrierten Stabilisierungsmission, kurz: MINUSMA. Die Entsendung von UN-Truppen diente dem Schutz der Zivilbevölkerung und sollte bei der Wiederherstellung staatlicher Autorität unterstützen. Später kamen die Sicherung des Waffenstillstands, die Umsetzung des Friedensabkommens mit den Tuareg und die Übergabe der Staatsgewalt von der Militärjunta an eine zivile Regierung hinzu.
Die Lage in Mali blieb über Jahre instabil, und es kam immer wieder zu Anschlägen von islamistischer Seite. Es ist derzeit der gefährlichste Einsatz der Bundeswehr. Auch deshalb gilt unser Dank von hier aus den Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr, die dort in den letzten Jahren im Einsatz waren und es auch heute noch sind, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
2020 und 2021 putschte das Militär gegen die damalige Regierung. Seitdem wird das Land wieder von einer Militärjunta geführt. Im September 2021 holte die Junta die russische Söldnertruppe Wagner ins Land. Seitdem hat sich die Anzahl ziviler Opfer dort vervielfacht. Die im letzten Jahr geplanten Wahlen werden nach Aussage der Regierung jetzt um bis zu fünf Jahre verschoben. Eine Rückkehr der Demokratie ist nicht sicher.
Meine Damen und Herren, die Zusammenarbeit mit der Militärjunta hat die Ampel von der GroKo geerbt. Sie gestaltet sich immer schwieriger. Im Januar 2022 verweigerten malische Behörden einem Transportflugzeug der Bundeswehr mit 75 Soldaten die Überflugrechte. Das Flugzeug musste nach Gran Canaria ausweichen. Im August 2022 wiederholte sich das, obwohl die malischen Behörden ein anderes Verhalten zugesagt hatten. Die Bundeswehr kann wegen fehlender Startgenehmigungen unsere Aufklärungsdrohne nicht mehr starten lassen. Sie kann damit einen Teil ihres Auftrags nicht erfüllen. Die Sicherung unserer Soldatinnen und Soldaten durch Aufklärung aus der Luft ist nicht mehr gewährleistet.
Meine Damen und Herren, es geht jetzt darum, einen geordneten Abzug unserer Truppen aus Mali sicherzustellen. Dabei geht es um Logistik, dabei geht es um Rückbau von sehr viel Material und Gerät zur Rückführung nach Deutschland. Es geht nicht um ein überstürztes Verlassen des Landes; es geht nicht um ein „Hals über Kopf“. Auch deswegen finde ich die Ablehnung des Abzugsmandats durch die Union heute beschämend. Das hätte ich nicht erwartet.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Meine Damen und Herren, das Mandat für den Einsatz in Mali wurde 2013 auch von Ihnen von der CDU und der CSU mitbeschlossen. Sie wissen genauso gut wie wir, dass ein geordneter Abzug acht bis zwölf Monate in Anspruch nimmt.
(Jürgen Hardt [CDU/CSU]: Deswegen haben wir unseren Antrag im Februar gestellt!)
Trotzdem entscheiden Sie sich heute für „Hals über Kopf“. Das müssen Sie sich dann auch vorwerfen lassen, Herr Hardt.
(Jürgen Hardt [CDU/CSU]: Der Antrag ist vom Februar dieses Jahres!)
Deutschland ist in der Frage der Außen- und Sicherheitspolitik gegenüber unseren Verbündeten stets ein verlässlicher Partner und sollte es auch bleiben.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und der Abg. Agnieszka Brugger [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Dies beruht auch auf dem Konsens der demokratischen Mitte hier in diesem Haus. Aus parteipolitischen Überlegungen verlassen Sie heute diesen Weg. Das ist beschämend,
(Marianne Schieder [SPD]: Das ist schlimm!)
und das hätte ich von Ihnen tatsächlich auch nicht erwartet.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Karamba Diaby [SPD]: Sehr, sehr schade!)
Meine Damen und Herren, gegenüber unseren Verbündeten wurde die letztmalige Verlängerung des Bundeswehrmandats kommuniziert. Dazu müssen wir dann auch stehen, ohne Wenn und Aber. Das Ende der deutschen Beteiligung an MINUSMA bedeutet aber nicht das Ende unseres Engagements in der Region Sahel. Denn wir wollen die Region nicht den Söldnertruppen des russischen Diktators Putin überlassen;
(Dr. Karamba Diaby [SPD]: Richtig!)
wir wollen sie auch nicht islamistischen Gruppen überlassen.
(Dr. Karamba Diaby [SPD]: Auch richtig!)
Deshalb engagieren wir uns weiterhin in der Sahel-Allianz. Deutschland engagiert sich mit der Bundeswehr zum Beispiel im benachbarten demokratischen Niger an der Mission EUMPM. Unter Führung der Europäischen Union werden wir hier die nigrischen Streitkräfte ausbilden. Wir werden ihnen Fähigkeiten vermitteln, damit sie die terroristischen Bedrohungen besser abwehren können, damit sie die Bevölkerung besser schützen können.
Der Sahelraum ist eine der ärmsten, trockensten und konfliktreichsten Regionen der Welt. Die Vereinten Nationen sagen: Er ist das Epizentrum des globalen Terrorismus. – Deswegen werden wir uns hier weiter für die Stabilisierung der Sicherheitslage engagieren. Aber wir machen das jetzt anders: Wir engagieren uns in den Ländern, in denen wir auch willkommen sind, in den Ländern, die demokratische Strukturen haben.
(Jürgen Hardt [CDU/CSU]: Mit unserer Unterstützung!)
Mit Ihrem heutigen Ja zu einem geordneten Abzug aus Mali ermöglichen Sie uns und der Bundeswehr ein strukturiertes Auslaufen dieses Mandats.
Vielen Dank.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Für Die Linke erhält jetzt das Wort Ali Al-Dailami.
(Beifall bei der LINKEN)
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Electoral Period | 20 |
Session | 107 |
Agenda Item | Bundeswehreinsatz in Mali (MINUSMA) |