14.06.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 108 / Zusatzpunkt 1

Ulrich LechteFDP - Aktuelle Stunde - Zerstörung des Kachowka-Staudamms

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Leider habe ich immer wieder das Los, nach der AfD sprechen zu dürfen, zu müssen. Es ist mittlerweile bekannt – internationale Medien haben darüber berichtet, nicht nur verschwörungstheoretische, sondern auch unsere eigenen Nachrichtensender und Zeitungen wie das ZDF, die „Neue Zürcher Zeitung“, die „Washington Post“ und verschiedene andere Zeitungen –, dass Seismologen feststellen konnten, dass es zum Zeitpunkt des Staudammbruchs Explosionen gegeben hat, die der Erdbebenstärke 1 bis 2 entsprochen haben. Eine 620 Kilometer entfernte Messstation in Rumänien hat das aufgenommen, also auf EU-Territorium.

Wenn wir unseren eigenen Wissenschaftlern nicht mehr glauben wollen, dann können wir natürlich diesen komischen Verschwörungstheorien anhängen. Aber ich würde sagen, dass es für die Öffentlichkeit wichtig ist, zu wissen: Zum Zeitpunkt des Staudammbruchs gab es Explosionen am Staudamm. Wer diese ausgelöst hat, ist nicht bekannt; das ist in der Tat richtig.

(Stefan Keuter [AfD]: Aha!)

Das wird derzeit untersucht. Aber man kann sehr wohl davon ausgehen, dass die Ukrainer ihre Lebensgrundlage, die seit 1955, seit dem Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg, dort steht, vermutlich nicht selber zerstört und ihre gesamte Zivilisation vor Ort damit vor riesengroße Probleme gestellt haben. Es geht hier nämlich um Menschen.

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Es geht beim Kachowka-Staudamm um Menschenleben, die dort in Gefahr geraten sind. Es geht um einen Ökozid, wie wir gerade gehört haben. Es geht auch um die Lebensgrundlage der Menschen in den russisch besetzten Gebieten.

Ich darf zur Kenntnis geben, dass bereits 1941, als die Nazis, als unsere Truppen am Dnjepr standen, die Sowjetunion zu dem Mittel gegriffen hat, diesen Staudamm zu sprengen. 1941! 1955 ist er wiederaufgebaut worden. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Ukrainer auf einem von Russen besetzten Staudamm selber Sprengladungen angebracht und damit diesen Wahnsinn möglich gemacht haben. Das muss hier im Deutschen Bundestag genau so offen und deutlich formuliert werden, damit jeder draußen die Möglichkeit hat, jenseits von AfD TV die realistischen Fakten zur Kenntnis zu nehmen.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Die Ukraine hat ein zentrales Interesse daran, die Lebensgrundlagen für ihre Menschen zu erhalten. In den befreiten Gebieten laufen bereits die Aufbaumaßnahmen. Es ist mir völlig uneingängig, wie man zu der Schlussfolgerung kommen kann, dass die demokratisch gewählte Führung der Ukraine in irgendeiner Weise dazu beiträgt, ihrem eigenen Volk Leid zuzufügen. Das ist auch im Krieg keine Variante, die man wählen würde, wenn man halbwegs vernünftig denkt.

Und es bleibt Fakt, dass am 24. Februar 2022 nicht die Ukraine Russland angegriffen hat, sondern Russland mit 150 000 Soldaten in der Ukraine eingefallen ist und dass wir seitdem mit aller Macht versuchen, diese tapfere Armee, die für Frieden, Freiheit und Demokratie bei sich vor Ort kämpft, entsprechend zu unterstützen. Deswegen war und ist es sehr gut, dass das Auswärtige Amt dank der Außenministerin sehr rasch reagiert hat, humanitäre Hilfsmaßnahmen eingeleitet hat, das THW geschickt hat und wir alles dafür tun, dass es den Menschen am Dnjepr wieder gut geht.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich bin dankbar, dass in Saporischschja derzeit von sechs Reaktoren fünf runtergefahren, kaltgestellt sind. Ich habe die große Hoffnung, dass auch der letzte verbliebene Reaktor irgendwann kalt ist und es dann nicht mehr zwingend des Kühlwassers aus dem Dnjepr bedarf.

Wer hier im Deutschen Bundestag solche Dinge vorträgt, der hat den Schuss nicht gehört. Es tut mir wirklich leid, dass ich das hier so deutlich sagen muss. Cui bono? Es hat der Ukraine überhaupt nicht geholfen, auch nicht mit Blick auf ihre Offensive, die sie gegen die Russen, die auf der anderen, auf der rechten Seite des Djnepr stehen, plant. Dementsprechend muss man einfach zur Kenntnis nehmen, dass wir gerade erleben mussten, wie hier wieder Verschwörungstheorien verbreitet wurden.

Ich hoffe, dass der Krieg in der Ukraine bald beendet sein wird, dass Russland seine Aggression beendet und wir dann in der Lage sind, den tapferen Ukrainern beim Aufbau zu helfen. Es wird ein Megastück Arbeit, diesen Staudamm wiederaufzubauen und damit die Wasserversorgung auf der Krim und die Wasserversorgung der Felder zu sichern. Wir dürfen nie vergessen: Vor dem Krieg hat die Ukraine knapp 8 Prozent der weltweiten Weizenproduktion ausgemacht. Die Ukraine ist der Ernährer Nordafrikas, und da müssen wir sie wieder hinbringen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Dr. Jonas Geissler [CDU/CSU])

Vielen Dank, Herr Kollege Lechte. – Als nächster Redner erhält das Wort der Kollege Bernd Riexinger, Fraktion Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7554743
Wahlperiode 20
Sitzung 108
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde - Zerstörung des Kachowka-Staudamms
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