Gerold OttenAfD - Jahresabrüstungsbericht 2022
Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Der von der Bundesregierung nun vorgelegte Jahresabrüstungsbericht 2022 ist ein überaus trauriger Bericht. Auf nahezu 180 Seiten wird ein erschreckendes Bild über den Zustand von Rüstungskontrolle, Abrüstung und Nichtverbreitung gezeichnet. Da drängt sich die Frage geradezu auf: Wie konnte es zu dieser fatalen und auch hochgefährlichen Entwicklung kommen?
Der vorliegende Bericht erwähnt dazu dutzende Male die negative und destruktive Rolle Russlands und insbesondere den russischen Angriff auf die Ukraine im Februar 2022 als ursächlich für den Niedergang von Abrüstung und Rüstungskontrolle. Nicht nur ich sehe die Zusammenhänge differenzierter, sondern auch Henry Kissinger, der noch vor wenigen Tagen in einem Interview mit der „Zeit“ wörtlich äußerte: „Ich bin übrigens nicht der Meinung, dass alle Schuld bei Putin liegt.“
Meine Damen und Herren, Abrüstungspolitik ist zweifellos ein wichtiger Bestandteil der Sicherheitspolitik. Tragfähige Abkommen müssen aber den jeweiligen Sicherheitsinteressen der beteiligten Staaten entsprechen. Sie sollten universelle Geltung besitzen und zumindest jene Staaten einbinden, die über das relevante waffentechnische Potenzial verfügen.
Seit mehr als zwei Jahrzehnten wird Deutschland aber von Politikern geführt, die unfähig oder auch unwillig sind, die nationalen Sicherheitsinteressen umfassend und stringent zu definieren.
(Beifall bei der AfD)
Sie sind ebenso unfähig und auch unwillig, das Denken und Handeln anderer Staaten zu antizipieren. Daher sind die heutigen Vertragswerke häufig Stückwerk und nur so lange von Wert, bis die Realität Fakten schafft.
Wir sehen das beim Ziel der Bundesregierung, eine verbindliche EU-Rüstungsexportverordnung mit den europäischen Partnern zu erarbeiten. Zwar gibt es seit 2008 den sogenannten Gemeinsamen Standpunkt, aber es hält sich keiner daran – außer Deutschland natürlich, das wie immer bei solchen Gelegenheiten den Musterknaben gibt, so wie Deutschland und seine Bundeswehr ja auch die Musterschüler der Abrüstung sind mit der Folge, es bis zur Nichteinsatzfähigkeit der Bundeswehr zu bringen, wie wir heute leidvoll feststellen müssen.
Nationale Sicherheitsinteressen sind nun mal stärker als am grünen Tisch vereinbarte gemeinsame Standpunkte. Wenn Sie schon auf EU-Ebene keine gemeinsame Rüstungsexportpolitik hinbekommen, wie wollen Sie dann weltweite Vertragswerke zustande bringen? Wie sollen deren Befolgen überwacht und Zuwiderhandlungen geahndet werden? Diese Fragen werden nicht beantwortet.
Der Bericht hebt dennoch einige Erfolge hervor, wie die „Berliner Handlungslinien“ zur Biosicherheit beispielsweise. Diese wurden von 31 Staaten akzeptiert – 31 Staaten von 195, also wirklich beeindruckend. Man habe ferner auch Fortschritte bei der Ächtung erdgestützter destruktiver Anti-Satelliten-Tests erzielt. Aber im Ernst: Werden unsere Satelliten von Frankreich, Japan, Kanada, Neuseeland, den USA oder Großbritannien bedroht oder doch eher von anderen Akteuren?
Im November 2022 schließlich haben mehr als 80 Staaten erklärt, auf den Einsatz von Explosivwaffen in bewohnten Gebieten verzichten zu wollen – ein Herzensanliegen der Grünen übrigens, der Partei, die aber sonst kein Problem damit hat, massive Waffenlieferungen in Kriegsgebiete zu bringen.
(Beifall bei der AfD)
Israel hat nicht unterzeichnet; denn Israel wird seit Jahrzehnten aus bewohnten Gebieten beschossen und reagiert im Rahmen der Selbstverteidigung ebenso. Und so wie Israel zur Verteidigung seiner Bürger handelt, wird jeder andere Staat im Verteidigungsfall ebenfalls handeln – mit Sicherheit auch die Unterzeichner.
Diese internationalen Vertragswerke sind auf den ersten Blick alle schön anzusehen und beruhigen das Gewissen. Sie bezeugen das Wohlwollen der Unterzeichner, verschlingen eine Unmenge an Zeit, Material und vor allem auch Geld, und das alles, ohne uns einen Schritt sicherer zu machen. Die Wirkung verpufft, sobald die Realität des Faktischen naive Anschauungen Lügen straft.
Doch zum Schluss zurück zum Abrüstungsbericht. Dort wird die Wichtigkeit betont, dass Kommunikationskanäle nach Russland zur Verminderung von Risiken offengehalten werden müssen. Der Bundeskanzler hat kürzlich auf dem Evangelischen Kirchentag in Nürnberg angekündigt, demnächst wieder mit Putin reden zu wollen, und hat Verhandlungen für einen fairen Frieden nicht ausgeschlossen. Dafür hat er unsere volle Unterstützung.
(Beifall bei der AfD)
Vielen Dank, Herr Kollege Otten. – Als nächster Redner hat das Wort der Kollege Alexander Müller, FDP-Fraktion.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Max Lucks [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7554757 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 108 |
Tagesordnungspunkt | Jahresabrüstungsbericht 2022 |