14.06.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 108 / Tagesordnungspunkt 4

Holger MannSPD - Finanzierung zur DDR- und der Kommunismus-Forschung

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Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die DDR war kein Rechtsstaat – so weit geht der Konsens hier hoffentlich. Aber die Debatten der letzten Wochen, beispielsweise um das neue Buch „Diesseits der Mauer“ von Katja Hoyer, zeigen, wie der repressive Charakter der DDR in der Öffentlichkeit immer wieder aufgeweicht wird. Dabei wird zunehmend das Richtige im Falschen betont, wodurch das Gesamtbild eines autoritären, nahezu totalitären Staates verzerrt bis verniedlicht wird zu einem gutgemeinten, einfach nur gescheiterten Experiment.

(Zuruf des Abg. Dr. Götz Frömming [AfD])

Am kommenden Samstag – das kam hier schon mehrfach zur Sprache – jährt sich der Volksaufstand vom 17. Juni 1953 zum 70. Mal. Über 1 Million DDR-Bürger begehrten auf. Dazu wurde hier schon viel Richtiges – ich freue mich darüber – auch von der Linken gesagt. Mehr als 50 Menschen verloren dabei ihr Leben – auch in meiner Heimatstadt, Leipzig. Tausende wurden für ihre Teilnahme an den Demonstrationen verurteilt und teils für Jahre ins Gefängnis gesperrt. Es ist daher absolut notwendig, heute und in Zukunft an dieses Unrecht und den repressiven Charakter der DDR zu erinnern.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Dr. Stephan Seiter [FDP] und Nicole Gohlke [DIE LINKE])

Zugleich sollten wir aber auch den Mut der Menschen würdigen, die aufbegehrten, und die Erinnerung an sie für die Nachwelt lebendig halten. Die Erinnerung an widerständiges Verhalten in der DDR sollte aus unserer Sicht zur demokratischen Kultur der gesamten deutschen Bevölkerung gehören.

(Maja Wallstein [SPD]: Ja!)

Und für diese Aufarbeitung und Vermittlung braucht es eben auch in Zukunft umfangreiche und qualifizierte wissenschaftliche Begleitung.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Dr. Stephan Seiter [FDP] und Nicole Gohlke [DIE LINKE])

Die Förderung der DDR-Forschung begrüßen wir ausdrücklich. Deshalb hat sich die SPD-Fraktion in den Koalitionsverhandlungen und Haushaltsverhandlungen für eine Weiterführung der Förderung der Forschungsverbünde eingesetzt. Dass diese überhaupt erkämpft werden musste, liebe Kollegen der Unionsfraktion, fällt jedoch auf die ursprüngliche Richtlinie unter Wissenschaftsministerin Karliczek in der vergangenen Legislatur zurück. Das Prinzip der degressiven Förderung, das Sie hier kritisieren, wurde unter Ihrer CDU-Ministerin beschlossen; dies gehört hier ausgesprochen. Und wäre die damalige Richtlinie vorausschauender gewesen, hätten sich Nachverhandlungen im vergangenen Jahr wohl erübrigt. Diese ehrliche Selbstkritik, meine Damen und Herren, hätten wir uns auch im Antrag der CDU/CSU gewünscht.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Dr. Stephan Seiter [FDP])

Positiv möchte ich zudem hervorheben, dass sich das BMBF bemüht hat, den Projekten mit einer coronabedingten Verlängerung über vier Monate wenigstens ein wenig mehr Luft für den Abschluss der ersten Projektphase zu verschaffen.

Leider – das sei hier auch ehrlich ausgesprochen – ist ein fließender Übergang zwischen der ersten und zweiten Förderphase, auf den wir gedrängt haben, nicht gelungen. Diese zweite Förderphase wird wichtig; denn gerade in ihr sollte der Transfer der Forschungsergebnisse nicht zuletzt in Gedenkstätten passieren. Zahlreiche Mitarbeiter/-innen der DDR-Forschungsverbünde, übrigens in 13 Bundesländern, wussten bis zum Ablauf der ersten Phase eben noch nicht, ob es eine Weiterbeschäftigung und ob es eine Fortführung geben wird. Viele Akteure wissen dies bis heute noch nicht, und das ist kein gutes Zeichen an den sogenannten wissenschaftlichen Nachwuchs. Deshalb sagen wir, dass dieser Schwebezustand in unser aller Interesse schnellstmöglich durch einen zügigen Abschluss der Vergabeverfahren beendet werden soll.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Dr.-Ing. Zoe Mayer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Aus den Erfahrungen mit den DDR-Forschungsverbünden wissen wir, dass sich interdisziplinäre Forschung zwischen Universitäten, Gedenkstätten und außeruniversitären Forschungseinrichtungen bewährt hat. Ich werbe daher auch für die Fortführung dieser interdisziplinären Forschung. Und ich freue mich – das sei hier auch schon mal gesagt – daher, dass im Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen zum 17. Juni, der morgen eingebracht wird, klar gefordert wird, „die Förderung der wissenschaftlichen Auseinandersetzung in den Forschungseinrichtungen und Gedenkstätten mit der DDR und dem SED-Unrecht … zu stärken“.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Dr. Stephan Seiter [FDP])

Vielen Dank, Herr Kollege Mann. – Nächster Redner ist der Kollege Norbert Maria Altenkamp, CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7554771
Wahlperiode 20
Sitzung 108
Tagesordnungspunkt Finanzierung zur DDR- und der Kommunismus-Forschung
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