Norbert AltenkampCDU/CSU - Finanzierung zur DDR- und der Kommunismus-Forschung
Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, wer um die 50 Jahre alt oder älter ist, kann sich ganz genau an den Tag des Mauerfalls erinnern. Ich war damals 17 Jahre alt und kam abends nach Hause, und zum ersten Mal in meinem Leben habe ich meinen Vater weinen sehen – vor Freude –, was danach nie wieder passiert ist und woran ich mich auch aus der Zeit vorher nicht erinnern kann. Diese Emotionalität hat ja viele Menschen in unserem Land gepackt. Ich kann mich auch noch lebhaft an das Versprechen blühender Landschaften durch Helmut Kohl erinnern. Damit war für mich und die meisten anderen Wessis im Grunde alles in Ordnung. Für uns hatte sich ja nicht viel geändert.
Selbstkritisch muss ich sagen: Für uns war die DDR schon damals einfach nur Vergangenheit. Wer von den Jüngeren beschäftigt sich heute überhaupt noch mit der DDR, mit ihrer Geschichte und mit dem Schicksal der Fluchtopfer und der Widerstandskämpfer gegen das brutale SED-Regime? Das gilt erst recht für die nach der Wende Geborenen und für die heutige Schülergeneration. Aber es gilt auch für die, die so wie ich Kinder des Westens sind, keine Ostverwandten haben und keine Fluchtgeschichte in der Familie kennen.
Aber für die Menschen im Osten stand mit der Wende von einem Tag auf den anderen das ganze Leben auf dem Kopf. Viele fühlten sich als Verlierer der Einheit und tun das teilweise heute noch.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Obwohl sich nach über 30 Jahren in den sogenannten neuen Ländern so viel Gutes entwickelt hat: Die belastenden Folgen der SED-Diktatur und die systematischen Erschütterungen durch die Wende wirken im Osten Deutschlands bis heute nach. Das können die meisten von uns im Westen im Grunde leider nicht wirklich verstehen.
Deshalb war es so wichtig, dass der Bundestag gleich nach der Wende zwei Enquete-Kommissionen eingesetzt hat. Von 1992 bis 1998 haben sie sich intensiv mit der Geschichte der SED-Diktatur, ihren Folgen und deren Überwindung beschäftigt. Als ein Ergebnis wurde 1998 die Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur gegründet, die großartige Arbeit leistet.
(Beifall der Abg. Maja Wallstein [SPD])
Deshalb war es aber auch so wichtig, dass wir 2018 die Förderung der DDR-Forschung in 14 Forschungsverbünden wieder verstärkt haben, um Wissenslücken zu schließen und Ostalgiemythen aufzuklären.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Es freut mich, aus den Reihen der Koalition zu hören, dass uns die Kommunikationsabteilung des Forschungsministeriums solche Auskünfte gegeben hat, wie sie gegeben wurden. Wir werden ja dann in den Ausschussberatungen und natürlich auch in den Haushaltsberatungen sehen, was man dort alles Gutes bewirken kann.
Denn viele Fragen sind auch heute noch offen, zum Beispiel: Was verstehen wir wirklich vom vielschichtigen Alltagsleben in der Diktatur und den psychischen Folgen der Unterdrückung? Was können wir aus der Resilienz und dem Erfindungsreichtum der Menschen im Osten lernen, und wie gehen wir mit ihrer Frustration um? Wie nutzen wir das Wissen der Zeitzeugen besser, die selbst oft erst heute verstehen, was das Leben in der Diktatur wirklich mit ihnen gemacht hat? Wie hat der reale Kommunismus die DDR tatsächlich beeinflusst?
Wir müssen gleichzeitig Brücken bauen und das neue Wissen über die DDR besser vermitteln und stärker in den Köpfen der Menschen verankern, vor allem über die Arbeit der Gedenkstätten, über die Lehrerausbildung in den Hochschulen, über die Lehrpläne der Schulen in West und Ost.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Dr. Stephan Seiter [FDP])
Kurzum: Geld für Forschung und Wissenstransfer fördert das Wir, und das hilft, die letzten Mauern einzureißen, die noch bestehen, nämlich die in vielen Köpfen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich grüße Sie erst einmal zu der Mittwochabenddebatte. Wir kommen schon zum letzten Redner dieser Debatte. Das ist Ruppert Stüwe von der SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7554772 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 108 |
Tagesordnungspunkt | Finanzierung zur DDR- und der Kommunismus-Forschung |