Simona KoßSPD - 70 Jahre Volksaufstand - SED-Unrecht
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir alle haben eben tief Luft geholt, weil es unerträglich ist, wie die AfD hier versucht, sich mit den Protestierenden des 17. Juni gemeinzumachen.
(Beifall bei der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)
Den Aufständischen in der DDR ging es um gerechten Lohn, es ging ihnen um Freiheit und um Demokratie.
(Dr. Götz Frömming [AfD]: Einheit für Deutschland! – Zuruf des Abg. Martin Reichardt [AfD])
Die AfD vertritt übrigens genau das Gegenteil.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und der LINKEN – Dr. Götz Frömming [AfD]: So ein Unsinn!)
Sie pflegt Freundschaft mit Autokraten. Sie hat Verständnis für die Unterdrückung der politischen Opposition und für die Einschränkung der Meinungsfreiheit in Russland und anderswo.
(Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann [FDP]: Genau!)
Die AfD hat kein Verständnis für Streiks. Den Mindestlohn hat sie übrigens abgelehnt.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Heidi Reichinnek [DIE LINKE]: Richtig! – Dr. Götz Frömming [AfD]: Was hat das mit dem Thema zu tun?)
Es gibt keinen Zweifel, auf welcher Seite die AfD heute stehen würde.
(Zuruf der Abg. Carolin Bachmann [AfD])
Wir Koalitionsfraktionen haben einen Antrag eingebracht, um das Gedenken und die Forschung zu stärken. Diesen Antrag diskutieren wir morgen.
Ich möchte an dieser Stelle allen danken, die die Erinnerung an den Volksaufstand wachhalten, allen voran den Zeitzeuginnen und Zeitzeugen. Vielen Dank auch an die Bundesbeauftragte für die Opfer der SED-Diktatur!
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und des Abg. Knut Abraham [CDU/CSU])
Schauen wir uns einmal an, was die AfD vorgelegt hat.
(Dr. Götz Frömming [AfD]: Bitte!)
Wir sehen, dass wir nichts sehen.
(Dr. Götz Frömming [AfD]: Ach!)
Diese Anträge sind nichts als heiße Luft, vollkommen überflüssig.
(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Anikó Glogowski-Merten [FDP] – Zuruf der Abg. Carolin Bachmann [AfD])
Denn: Es sollen Programme und Materialien zum 17. Juni erarbeitet werden. Die gibt es doch bereits! Der Bundestag soll in die Pressefreiheit eingreifen und die Übertragung einer Veranstaltung absichern. Und er soll an den Ländern vorbei sogar einzelnen Schulen Vorgaben machen. Das werden wir natürlich nicht tun!
(Beifall bei der SPD – Dr. Götz Frömming [AfD]: Sie fantasieren!)
Gerade erleben wir viele gute Beiträge zum 70. Jahrestag des Volksaufstandes in der DDR. Was hier gefordert wird, passiert schon längst, ganz ohne das Zutun der AfD. Auf Sie hat nun wirklich niemand gewartet.
(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Anikó Glogowski-Merten [FDP] und Heidi Reichinnek [DIE LINKE] – Zurufe von der AfD)
Das Antragsverfahren für Entschädigungsleistungen soll vereinfacht und verkürzt werden. Wir hingegen, meine Damen und Herren, werden die SED-Unrechtsbereinigungsgesetze insgesamt überarbeiten und ausbauen und insbesondere den Kreis der Berechtigten erweitern, so wie es uns die Bundesbeauftragte empfohlen hat. Das ist der richtige Weg.
(Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie der Abg. Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Anikó Glogowski-Merten [FDP])
Am 17. Juni 1953 gab es landesweit Proteste, auch in meinem Wahlkreis. Pendler, die am Vorabend aus Berlin nach Strausberg kamen, berichteten von dem geplanten Generalstreik. Die Bauarbeiter der Frühschicht am 17. Juni in Eggersdorf verweigerten die Arbeit. Sie riefen: Wir wollen Wohnungen, nicht Kasernen! – Im Kulturraum der Konsum-Baracke schrieben sie ihre Forderungen auf: freie Wahlen, Rücktritt der Regierung, Absenkung der Lebensmittelpreise, billigere Fahrkarten. Im Kalk- und Zementwerk Rüdersdorf forderten Bauarbeiter die Freilassung von politisch Gefangenen, die dort im Werk arbeiten mussten. Sechs Beteiligte wurden verhaftet und zu hohen Zuchthausstrafen verurteilt.
Für alle, die wie ich in der DDR gelebt haben, hat dieser Tag Jahrzehnte unseres Lebens geprägt. Die brutale Niederschlagung des Aufstands am 17. Juni hat demokratische Bestrebungen auf lange Zeit verhindert und den Weg in die Diktatur gefestigt, in der auch ich einen Großteil meines Lebens verbracht habe. Noch 1989 rührte die Angst der Demonstrierenden aus dem Jahr 1953 her.
Meine Damen und Herren, schützen wir unsere Freiheit und die Demokratie! Wehren wir uns gegen Missbrauch des Gedenkens!
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie der Abg. Heidi Reichinnek [DIE LINKE])
Der nächste Redner ist Axel Müller für die CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7554789 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 108 |
Tagesordnungspunkt | 70 Jahre Volksaufstand - SED-Unrecht |