Dirk HeidenblutSPD - Aktuelle Stunde - Zunehmender Medikamentenmangel
Verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als Erstes will ich sehr deutlich sagen, damit kein falscher Eindruck entsteht: Die Ampelkoalition ist längst dran an einem Gesetz, das die Lieferengpässe wirksam bekämpfen wird. Wir reden heute zwar gerne noch einmal darüber, aber dadurch wird das Gesetz weder weiter nach vorne gebracht – dazu sage ich gleich was –, noch hindert es uns daran, ein vernünftiges Gesetz zu machen. Das machen wir, und wir wissen, dass wir es gut machen müssen; der Kollege Lindemann und die Kollegin Piechotta haben das gerade schon gesagt. Also, das kommt. Und ich kann Sie beruhigen: Wir bekämpfen die Lieferengpässe; das ist überhaupt keine Frage.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Zweitens. Ich habe schon gesagt, dass die heutige Diskussion uns nicht nach vorne bringen wird. Ich erlaube mir, in diesem Zusammenhang einen Begriff der Kollegin Piechotta zu übernehmen. Ich muss sagen: Ich hatte mich gefreut, als einer Ihrer Kollegen sagte, man habe den Termin heute extra angesetzt, weil man bei der Anhörung gut zugehört habe und jetzt sozusagen noch mal für einen Schub sorgen wolle. Da habe ich kurz gedacht: Dann wird ja was aus der Anhörung kommen, dann wird ja irgendwas an Schub kommen. – Was kam, war aber nur heiße Luft, also eigentlich nichts. Die Krönung war der Finanzierungsvorschlag, den wir jetzt zum Schluss bekommen haben. Mir ist nicht bewusst, dass die CDU bisher Dinge, die noch gar nicht verausgabt worden sind, als Finanzierungsvorschlag herangezogen hat für Dinge, die man gerne hätte haben wollen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Bisher haben wir über Gesundheitskioske hier noch gar nicht diskutiert. Das werden wir hoffentlich in Zukunft irgendwann tun. Wir wissen aktuell weder, was sie kosten werden, noch, welche Größenordnung wir ansetzen werden. Wir werden dann, wie wir das beim Lieferengpassgesetz auch tun, sehr genau darauf achten, dass die Kosten vernünftig gedeckt sind. Wir werden aber einen ungedeckten Scheck nicht durch den nächsten ungedeckten ablösen. Das macht nun wirklich überhaupt keinen Sinn.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
So viel zu Ihren Vorschlägen.
Ich will Folgendes sehr deutlich machen: Uns ist durchaus bewusst, dass wir nicht nur die Lieferengpässe bekämpfen müssen und wir dafür – der Kollege Lindemann hat das gesagt – eine tatsächlich lange Strecke zurücklegen müssen, zum einen, weil der Weg nicht früh genug beschritten wurde, und zum anderen, weil das Problem durch die Maßnahme, die uns die CDU auch jetzt wieder als einzigen Lösungsvorschlag auftischt, nämlich einen Pharmadialog, nicht gelöst werden konnte. Das muss in vernünftiger Form langfristig gelöst werden. Kein Unternehmen wird, egal was wir hier machen, morgen seine komplette Produktion fröhlich nach Deutschland oder in ein anderes europäisches Land verlagern.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Das wird schlicht nicht funktionieren. Wer behauptet, dass so was geht, streut den Leuten Sand in die Augen. Im Übrigen: Wenn das gehen würde, wäre es ja schön gewesen, wenn die CDU das irgendwann mal gemacht hätte. Das klappt auf keinen Fall!
Natürlich wissen wir – vor dem Hintergrund ist es wichtig, über die Apotheken zu reden, und vor dem Hintergrund ist es auch wichtig, dass die Apothekerinnen und Apotheker auf sich aufmerksam machen –, dass es besonders wichtig ist, dass auf der langen Strecke, die vor uns liegt, die Apotheken an unserer Seite sind; denn sie helfen – ich will den Großhandel gar nicht ausklammern –, die Lieferengpässe an der Basis für die Patientinnen und Patienten so gut wie möglich in den Griff zu kriegen. Deswegen brauchen sie Flexibilität. Genau da setzen wir im Gesetz an. Deswegen müssen wir sie von bürokratischen Hürden befreien. Retaxation ist natürlich eine Frage, aber dadurch werden wir die Lieferengpässe nicht beseitigen. Auch von dieser Vorstellung muss man sich mal lösen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Wir wollen das angehen – das ist überhaupt keine Frage –, damit wird aber kein einziger Lieferengpass gelöst, sondern den Apotheken wird dadurch nur die Möglichkeit gegeben, damit besser klarzukommen. Das ist richtig; das ist wichtig. An der Stelle müssen wir ansetzen. Das ist ein sehr vernünftiger Punkt.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Dr. Paula Piechotta [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Dr. Andrew Ullmann [FDP])
Ich will nicht, dass insbesondere der Kollege Pilsinger völlig enttäuscht nach Hause geht, weil ich nichts zu Cannabis gesagt habe. Er hat diesmal leider nichts dazu gesagt, sonst hätte ich darauf reagieren können. Daher muss ich jetzt noch mein Thema „Cannabis als Medizin“ ansprechen:
(Tino Sorge [CDU/CSU]: Jetzt kommt Ihre richtige Prioritätensetzung! Das ist Ampelpriorität!)
Cannabis als Medizin hilft mittlerweile vielen Menschen. Auch an der Stelle gibt es – das müssen wir bitte mit im Blick behalten – Lieferengpässe. Wir haben in diesem Bereich nicht nur eine gute Möglichkeit, die Produktion – nennen wir es besser „Anbau“ – nach Deutschland zu holen, sondern auch, sie hier zu halten und zu erweitern. Auch das sollten wir ins Auge fassen. Daher müssen wir vielleicht an der Stelle etwas weniger Vorgaben machen und etwas vernünftiger mit den Rahmenbedingungen umgehen. Ich hoffe, dass wir auch das noch hinkriegen werden. Da bin ich ganz zuversichtlich.
Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Tino Sorge [CDU/CSU]: Ist das der Lösungsvorschlag? Herzlichen Glückwunsch!)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7554932 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 109 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde - Zunehmender Medikamentenmangel |