15.06.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 109 / Tagesordnungspunkt 14

Susanne MittagSPD - Schwanger-/Mutterschaft und Unternehmertum

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Petition, auf die sich der Unionsantrag bezieht, stieß im Petitionsausschuss auf sehr große Zustimmung. Das ist schon mehrfach zitiert worden, und auch die Vorrednerinnen meiner Fraktion haben klargemacht, dass wir als SPD-Fraktion das natürlich vollends unterstützen.

Als Sprecherin der Arbeitsgruppe Ernährung und Landwirtschaft der SPD-Bundestagsfraktion fand ich es allerdings besonders billig, das Kapern dieses Themas durch die CDU/CSU für ihren Antrag zur eigenen PR zu nutzen, und dann noch auf diese Art und Weise.

(Dr. Johann David Wadephul [CDU/CSU]: Dass die Opposition überhaupt Anträge stellt, ist unanständig!)

Angesichts Ihrer bisherigen Frauenpolitik ist das unglaubwürdig und heuchlerisch, Herr Wadephul.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Johann David Wadephul [CDU/CSU]: Genau!)

– Herr Wadephul, das ist so.

Warum sage ich das jetzt? Jetzt noch mal ganz verschärft zuhören!

(Dorothee Bär [CDU/CSU]: Ja, ganz verschärft! – Dr. Johann David Wadephul [CDU/CSU]: Unerhört, dass wir hier Anträge stellen!)

Das möchte ich nämlich noch mal an einem Thema festmachen, das auch am Rande Ihres Antrags vorkommt: Frauen in der Landwirtschaft. Gerade hat das Thünen-Institut Frauen aus landwirtschaftlichen Betrieben in Deutschland nach ihrem Leben und ihrer Arbeit gefragt und die Ergebnisse in einer Studie zusammengefasst. Und es stellt sich heraus, dass gerade diese Frauen, die in Ihrem Antrag offensichtlich als Blaupause für andere Selbstständige herhalten sollen, in ihrem Status und ihrer Absicherung gegenüber Männern gravierend benachteiligt werden. Das Problem ist nicht nur eine Mehrfachbelastung – Schwangerschaft, Mutterschaft; da wird es besonders deutlich –, sondern die grundsätzliche Mehrbelastung der Frauen in der Landwirtschaft bei gleichzeitiger Benachteiligung an vielen Stellen. – Ist so!

(Dr. Johann David Wadephul [CDU/CSU]: Ja!)

Die Studie ergab, dass im Jahre 2020 noch immer 90 Prozent der landwirtschaftlichen Betriebe von Männern als Inhaber geleitet werden, und das ist seit 30 Jahren unverändert. – Das ist ja eine dolle Entwicklung.

Das zeigt: Bei uns wird sich wahrscheinlich nicht sehr viel ändern. Das zeigt der Blick auf die kommenden Hofnachfolgerinnen – 18 Prozent –, und das, obwohl viele Frauen in den Landwirtschaftsbetrieben erhebliche Verantwortung tragen: für strategische Entscheidungen, Finanzen, Buchhaltung, sogar gesamtschuldnerisch. Das spiegelt aber nicht ansatzweise ihre rechtliche Beteiligung in den Betrieben wider.

Existenzgründerinnen in der Landwirtschaft – man höre und staune, das gibt es auch – bekommen bis heute nur erschwerten Zugang zu Land und Kapital und sind im Falle einer Trennung oder bei Tod des Partners – so tragisch das ist – finanziell erheblich weniger abgesichert. Besonders problematisch ist das für Frauen mit Kindern. Da sagen sie selber: Sie müssen sich zwischen Kind oder Kuh entscheiden. Beides ist hochgradig problematisch, und das zeigt ja wohl den Änderungs- und Verbesserungsbedarf.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Da reichen die zitierten Angebote der Betriebs- und Haushaltshilfe im Zusammenhang mit der Mutterschaft, im Unionsantrag als Beispiel genannt, nicht aus. Besonders bei selbstständigen Landwirtinnen und besonders in der Tierhaltung ist das zeitlich überhaupt nicht ausreichend.

Eine Landwirtin ist nicht nur die Frau eines Landwirtes. Sie ist eine eigenständige, abzusichernde Persönlichkeit eines wirtschaftlichen Unternehmens, und das muss der Normalfall sein.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Diese rechtliche und sichernde Anerkennung hätte schon in den letzten 16 Jahren im Bereich der Frauen in der Landwirtschaft passieren können.

Frau Kollegin.

Ja. – Aber nein, auf die Idee sind Sie nicht gekommen.

(Dr. Johann David Wadephul [CDU/CSU]: Wer hat denn die Familienminister und die Sozialminister gestellt, Frau Kollegin? Die Rede war doch eine Selbstanklage!)

Da kapern Sie lieber eine Petition. Das ist ja viel einfacher.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7554988
Wahlperiode 20
Sitzung 109
Tagesordnungspunkt Schwanger-/Mutterschaft und Unternehmertum
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