Angelika GlöcknerSPD - Grenzüberschreitende Durchsetzung des Entsenderechts
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Wir alle erinnern uns noch an die Coronapandemie. Ich glaube, wir sind alle froh, dass sie vorüber ist. Wenn man dieser Pandemie überhaupt irgendetwas Positives abgewinnen kann, dann ist es die gesteigerte Erkenntnis, dass es Berufe gibt, die für unser tägliches Leben unabdingbar sind. Zu diesen systemrelevanten Berufen gehören viele Kraftfahrerinnen und Kraftfahrer. Sie versorgen uns täglich mit Lebensmitteln, mit weiteren wichtigen Gütern, ohne die wir unseren Alltag kaum bewältigen können.
Vielleicht ein paar Zahlen dazu: Es gab allein im Jahr 2020 mehr als 400 Millionen Lkw-Fahrten auf unseren Straßen. Jede zweite Fahrt wird von ortsfremden Kraftfahrerinnen und Kraftfahrern getätigt. Mehr als 3,5 Milliarden Tonnen werden jährlich von rund 560 000 Kraftfahrenden über unsere Straßen transportiert. Diese Zahlen zeigen: Die Kraftfahrerinnen und Kraftfahrer leisten unglaublich viel für unser tägliches Wohlergehen. Dafür gebührt ihnen Respekt und Anerkennung.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Ja, es ist tatsächlich so: Diesen Menschen wird für diesen Job viel abverlangt. Sie sind tage-, wochenlang weg von zu Hause, getrennt von ihren Familien und Freunden, arbeiten oft unter Zeitdruck, haben häufig Schlafmangel, und sie tragen dazu noch eine ganze Menge Verantwortung, wenn sie mit ihren 40-Tonnern stundenlang unterwegs sind.
Wir als Politik können etwas tun, um den Kraftfahrerinnen und Kraftfahrern wieder etwas zurückzugeben, indem wir ihre Arbeitsbedingungen verbessern. Das passiert heute mit diesem Beschluss. Weil die Kraftfahrerinnen und Kraftfahrer sich aber nicht nur innerhalb Deutschlands aufhalten, sondern die Grenzen unseres Landes verlassen, weil sie Güter über Grenzen hinweg bewegen müssen, manchmal über zwei, drei oder noch mehr Grenzen hinweg, ist es auch wichtig, dass eine Regelung von europäischer Ebene kommt und dass wir diese Regelung heute in nationales Recht umsetzen. Alle Mitgliedstaaten Europas müssen diese Richtlinie in ihr eigenes nationales Recht umsetzen. Danke noch mal an dieser Stelle dem Arbeitsministerium für den vorgelegten Entwurf.
Was verbessern wir? Kollege Rützel und andere Vorrednerinnen und Vorredner haben ausgeführt, was alles im Einzelnen verbessert wird. Ich möchte drei Punkte nennen: Wir schaffen mehr Sicherheit. Wann gilt das Entsenderecht für Kraftfahrerinnen und Kraftfahrer, und wann wird es eben nicht angewendet? Bei den Kabotage-Fahrten, das heißt bei Beförderungen im Inland ohne Grenzübertritt, und bei Transporten, beispielsweise ausgehend von Polen nach Deutschland und Tschechien oder umgekehrt – das sind sozusagen die trinationalen Beförderungen –, gilt deutsches Recht, auch für ausländische Kraftfahrende. Das heißt vor allem mit Blick auf den Mindestlohn: Sie bekommen den deutschen Mindestlohn. Ich will an der Stelle betonen: Für uns als SPD ist das enorm wichtig; denn es ist inakzeptabel, dass Menschen, die uns mit Gütern des täglichen Lebens versorgen, mit 3 oder 4 Euro Stundenlohn abgespeist werden.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Frank Bsirske [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Das ist natürlich auch ein wichtiger Schritt im Kampf gegen Lohn- und Sozialdumping im Transportgewerbe.
Zweitens. Neben Höchstarbeitszeiten und Mindestruhezeiten gelten nun auch die Ruhepausezeiten. Es ist erwiesen, dass Ruhepausezeiten wichtig sind zur Gesunderhaltung, und es ist auch wichtig, dass nicht übermüdete Fahrer mit 40-Tonnern über unsere Straßen donnern und andere Verkehrsteilnehmende gefährden.
(Beifall des Abg. Frank Bsirske [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Drittens. Es wurde mehrfach ausgeführt: Wir erleichtern Prüf- und Kontrollverfahren für den Zoll durch vereinheitlichte Meldeformulare bei Entsendungen. Es wird digitalisiert im Binneninformationssystem, und es werden, wie der Kollege Cronenberg von der FDP es ausgeführt hat, auch weitere digitalisierte Verfahren eingesetzt. Das alles klingt recht kompliziert; das ist es aber auch. Wir hätten uns gewünscht, von europäischer Ebene wären die Richtlinien weniger komplex, dafür transparenter, auch verständlicher gefasst worden. Das hätte auch den Kraftfahrerinnen und Kraftfahrern geholfen; denn sie müssen ihre Rechte durchschauen können, um sie eventuell einzufordern. Gräfenhausen wurde schon mehrfach genannt: Dort wird deutlich, dass das immer wieder absolut notwendig ist.
Kolleginnen und Kollegen, zum Abschluss: Unser Auftrag für uns als Politik muss sein, dafür einzutreten, dass sich die Zustände für die Menschen im Kraftfahrgewerbe verbessern. Übrigens: Dem Transportgewerbe fehlen hunderttausende Fachkräfte. Wir müssen auch da Anreize setzen, dass mehr Menschen gewillt sind, in diesen Beruf einzutreten. Im Ergebnis ist festzuhalten: Wir haben die Spielräume genutzt. Heute gehen wir einen richtigen und wichtigen Schritt für bessere Arbeitsbedingungen. Ich bitte Sie alle sehr um Ihre Zustimmung.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Henning Rehbaum hat das Wort für die CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7554997 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 109 |
Tagesordnungspunkt | Grenzüberschreitende Durchsetzung des Entsenderechts |